Geheimes Italien

Licio Gellis Ausweis von 1941. Bild: Public Domain

Einflussfaktor Freimaurerei

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Am 15. Dezember ist in Arezzo im Alter von 96 Jahren Licio Gelli gestorben - tonangebendes Mitglied der Loggia P2, einer subversiven Freimaurerloge, die in den 70er Jahren ein konspiratives Netzwerk aus italienischen Führungspersonen geschaffen hatte - einen regelrechten Staat im Staate. Direkt oder indirekt kann die Geheimloge mit allen großen Skandalen der letzten 30 Jahre in Verbindung gesetzt werden - wobei Italien und die Freimaurerei seit jeher einander definieren.

Als freimaurerisches Gegenstück zur Kurienkongregation "Propaganda Fide" wurde die Loggia P2 (oder Propaganda 2) im Jahr 1887 in Rom gegründet. 1981 fanden die Mailänder Unterschungsrichter Giuliano Turone und Gherardo Colombo bei den Ermittlungen zum Kollaps der Banken des kriminelle P2-Mitglieds Michele Sindona, in Licio Gellis Firma eine Liste prominenter Logenbrüder, die die gesamte politische Welt Italiens zum Zittern brachte. Veröffentlicht wurden 1000 Namen hochrangiger Führungspersonen aus Wirtschaft, Politik, Geheimdienst, Medienwelt, Militär, Justiz und Finanzwelt.

Das wohl berühmteste Mitglied war Silvio Berlusconi. Es wurde später gerichtlich bestätigt, dass sogar ein Staatsstreich geplant war und die Loge nicht nur mit den Terroranschlägen der 70er Jahre in Zusammenhang stand, sondern auch mit der Mafia und der damit verbundenen Geldwäsche. Die Loggia P2 wurde 1982 aufgelöst und verboten.

Silvio Berlusconi (2010). Bild: Public Domain

Es seien "innere Säuberungen" im Gang, wird seitdem immer wieder versichert, um die abtrünnigen schwarzen Schafe aus der Freimaurerei Italiens zu streichen.

Die gröβte Loge in Italien ist heute mit 22.000 Mitgliedern der Grande Oriente d’Italia - auch kurz G.O.I. genannt. Interessant ist hier die regionale Aufteilung, bzw. der Prozentanteil der Freimaurer in den einzelnen Städten. Das umbrische Perugia ist Rangerster, gefolgt von Florenz, Rom, Mailand, Palermo, Genua et cetera. Verfechter von Verschwörungstheorien wollen in der Freimaurerei immer noch die Quelle allen Übels in Italien sehen. Es handle sich nach wie vor um eine elitäre Gruppe, deren Ziel die Kontrolle aller wichtigen Schaltpulte von Politik und Wirtschaft sei.

Freimaurer und die Staatsgründung

Allerdings würde Italien ohne die Freimaurer gar nicht existieren. Neben dem Geheimbund der Carbonari haben zweifellos die Freimaurer die Hauptrolle in der politischen und sozialen Bewegung des Risorgimento ("Wiedererstehung") gespielt, die im Jahr 1861 den unabhängigen italienischen Nationalstaat durchsetzte.

Giuseppe Garibaldi. Bild: Public Domain

Die in den Logen erzogenen Protagonisten waren: Giuseppe Garibaldi - der Guerillakämpfer, Giuseppe Mazzini - der Intellektuelle, Nino Bixio - der Stratege, Camillo Benso von Cavour - der Staatsmann. Bruder Goffredo Mameli komponierte noch die flotte (immer noch gültige) Nationalhymne dazu.

Zu Recht können sie also behaupten:

Wir haben Italien erschaffen.

Norditalien unterlag Österreich und das gesamte Latium war dem damit verbündeten Kirchenstaat einverleibt, was den entschiedenen Kampf gegen die katholische Kirche zur Vollendung der italienischen Einheit unabdingbar machte. "Freie Kirche in einem freien Staat" war die Devise. Papst Pius IX. (unter dessen Pontifikat die Unfehlbarkeit des Papstes zum Dogma erhoben wurde) entgegnete ihr mit der Verteufelung der gesamten Freimaurerei als "Synagoge Satans". Heute noch wird jeder Logenbruder offiziell exkommuniziert, dennoch scheinen Kreuz und Kelle nicht ganz so unvereinbar - zumindest den angeblichen vatikaninternen Geheimlogen und den freimaurernahen Machenschaften der Vatikanbank nach zu urteilen. Es scheint auβerdem allgemein bekannt, dass Papst Franziskus Kontakte zur argentinischen Freimaurerei pflegte. Bis zum 1. Weltkrieg wurde das politische Schicksal Italiens weiterhin von Freimaurern mitbestimmt, wobei in den zwanziger Jahren viele bedeutende Mitglieder der faschistischen Partei der Freimaurerei beitraten; darunter auch der Schriftsteller Gabriele D'Annunzio. Mussolini lieβ sie 1925 verbieten, nachdem er angeblich selbst um Aufnahme in den Logen gebeten haben soll, die allerdings wegen Inkompatibilität abgelehnt worden sei.

Wer sind heute die wirklichen Machthaber in Italien?

Wer sind heute die wirklichen Machthaber in Italien? Wer entscheidet tatsächlich über die einzuschlagenden politischen Richtlinien? Laut Gioele Magaldi, Groβmeister der Loge Oriente Democratico, sind es die Ur-Logen. In seinem erst kürzlich erschienen Buch Massoni - Società a responsabilità illimitata: La scoperta delle Ur-Lodges ("Freimaurer - Gesellschaften mit unbeschränkter Haftung: Die Entdeckung der Ur-Logen") beschreibt er diese ominösen Elitelogen, in denen der Ministerpräsident Matteo Renzi angeblich gerne aufgenommen werden möchte. Damit wäre er in erlesenster Begleitung, denn auch der Präsident der Europäischen Zentralbank Mario Draghi sowie der ehemalige Präsident der italienische Republik Giorgio Napolitano seien Logenbrüder der Ur-Loge Three Eyes.

"Renzusconi"

Magaldi zählt weitere konservative Superlogen auf, die angeblich die Politik und Gesellschaft Europas in Richtung oligarchisch-reaktionär zu trimmen wünschen. Diese wären: Pan-Europa, Edmund Burke, Compass Star-Rose und Der Ring. Der neue italienische Präsident Sergio Mattarella soll Renzi von Mario Draghi, dem Befürworter der europäischen Austeritätspolitik, aufgezwungen worden sein - und alles sei nur ein Teil eines viel gröβeren übernationalen Plans.

Matteo Renzi. Bild: Gobierno de Chile. Lizenz: CC-BY-SA-2.0

Der ehemalige Bürgermeister von Florenz soll bereits mit einem Fuβ im Tempel stehen, munkelt man. Dieser Renzusconi, der all das ist, was bislang Berlusconi war (ist er doch mit ihm den famosen Nazareno-Pakt eingegangen) soll anscheinend nun selbst ein Bruder werden. Eben dieser Renzi, den der Rocksänger Piero Pelù vor kurzem während eines Konzertes in Rom "Licio Gellis Boy Scout" genannt hat, und der zeitlebens von seinem Vater, dem vermeintlichen Verteiler aller öffentlichen Aufträge der Region, dem Christdemokraten und Groβherren der toskanischen Freimaurerei, kräftig gepusht wurde.

Am 20. Januar 2015 wandelt die Regierung Renzi in weniger als zwei Stunden per Dekret alle Volksbanken mit einem Überschuss von mindestens 8 Milliarden Euro in Aktiengesellschaften um. Könnte es nicht sein, daβ es sich hier um eine gezielte Maβnahme handelt im Kampf zwischen der freimaurerischen/angelsächsischen und der so genannten "weiβen katholischen Finanzwelt", die mit den Volksbanken eine ihre letzte Bastionen verliert.

Zum Aufkauf von nationalen Luxusmarken aus der Lebensmittelbranche, der Industrie und der Energie von Seiten ausländischer Investoren, würde damit der Ausverkauf der ehemaligen Volksbanken hinzukommen, die durch ihren niedrigen Börsenkurs momentan sehr billig erworben werden können.

Das Ergebnis wäre die Desertifikation der italienischen Finanzbranche und deren vollkommene Unterwerfung unter die Finanzzentren in London und New York.

Der Palazzo Giustiniani in Rom - Sitz der Grande Oriente d’Italia von 1901 bis 1985. Bild: Lalupa. Lizenz: CC-BY-SA-3.0

Vier dieser Volksbanken (Banca Etruria, Banca Marche, CariChieti, Cassa Ferrara) sind letztlich wegen Fehlmanagement pleite gegangen und haben somit 130.000 Kleinsparer, denen die Regierung (trotz aller dubiosen Bankrettungen) im Moment nicht helfen will, um ihre Lebensersparnisse gebracht. Der Rentner Luigino D. aus Rom hat sich deshalb das Leben genommen.

Im Vorstand der Banca Etruria finden wir Pierluigi Boschi, Vater der Ministerin der Reformen Maria Elena Boschi aus den Reihen des Partito Democratico, kurz PD.

Sobald die Tochter Ministerin wird, steigt der feimaurernahe Vater sofort zum Vizepräsidenten auf, wobei die eklatanten Interessenkonflikte anscheinend niemanden gestört haben.

Der Logenbruder Giacomo Casanova fasst es in seiner Geschichte [s]eines Lebens wie folgt gekonnt zusammen:

Wer sich nur unter die Freimaurer aufnehmen lässt, um das Geheimnis der Loge zu ergründen, der hat sehr zu befürchten, dass er unter der Kelle alt werden wird, ohne jemals in das Geheimnis dieser Bruderschaft einzudringen. Das Geheimnis der Freimaurerei ist durch seine eigene Natur unverletzlich. Wer das Geheimnis der Freimaurerei errät - denn man erfährt es nur, wenn man es selbst errät ....schweigt und das Geheimnis bleibt stets Geheimnis.

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