Standby-Geräte: Brüssel will mehr Effizienz

… für die Kontrolle fehlt aber das Geld

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Mit der EU-Ökodesign-Richtlinie soll die Energieeffizienz elektrischer und elektronischer Geräte erhöht werden, zumindest auf dem Papier. Ob die Grenzwerte in der Praxis auch eingehalten werden, ist eine andere Sache. Die Überprüfung ist Sache der Mitgliedsstaaten und in Deutschland Aufgabe der Bundesländer.

Doch den Bundesländern und den von diesen jeweils ausgewählten Behörden fehlt für eine konsequente Marktüberwachung schlicht das Geld. Welcher Hersteller oder Importeur im Einzelnen überprüft wird, bestimmt der Königsteiner Schlüssel, der dieser Tage ja auch für die Verteilung der Asylsuchenden strapaziert wird. Der Königsteiner Schlüssel orientiert sich an dem einfachen Motto, wo viel ist, muss viel hin: Je höher Bevölkerungsdichte und Steueraufkommen, desto stärker und umfassender wird die Marktüberwachung tätig. Nun bieten weder die Bevölkerungsdichte, noch das Steueraufkommen eine brauchbare Hilfestellung, um herauszufinden, wo die relevanten Anbieter sitzen, deren Produkte man untersuchen sollte.

Große Anbieter schlüpfen durch die Maschen und nur kleine Fische bleiben hängen

In den Blick der Marktüberwachung geraten zumeist kleine Hersteller, die in der Praxis dann schon einmal dazu aufgefordert werden können, ein Exemplar ihrer Herstellung extra für die Marktüberwachung anzufertigen, damit man es dort hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften überprüfen kann. Welchen Sinn eine solche exklusive Kontrolle macht, war bislang nicht zu klären. Der Vorteil der Überprüfung kleinerer Anbieter besteht jedoch darin, dass diese üblicherweise keine eigene Rechtsabteilung besitzen und für die Marktüberwachung kein Risiko darstellen, in der Folge einer Überprüfung einer längeren Diskussion mit Rechtsanwälten ausgesetzt zu sein.

Und große Anbieter, die den deutschen Markt über Auslieferungslager in den östlichen Nachbarländern bedienen, können von der deutschen Marktüberwachung grundsätzlich nicht erreicht werden. Eine systematische Belieferung jeweils über Ländergrenzen sorgt dafür, dass keine der an sich vorgesehenen Marktüberwachungen eine Chance zur Überprüfung der Produkte hat.

Die Einhaltung der Verordnungen kann man nicht überprüfen, dafür verschärft man die Grenzwerte

Für eine Marktüberwachung im EU-Binnenmarkt, welche über die Grenzen der Mitgliedsstaaten hinaus tätig werden könnte, fehlen die gesetzlichen Bestimmungen. Jeder Mitgliedsstaat ist peinlich darauf bedacht, dass er alleine und exklusiv für die Marktüberwachung auf seinem Territorium zuständig ist. Die international agierenden Anbieter nutzen die vorhandenen Rahmenbedingungen optimal aus und können sich damit jeglicher einschlägigen Kontrolle erfolgreich entziehen.

Eine konsequente Durchsetzung aller vorliegenden EU-Verordnungen ist so nicht wirklich möglich. Die härtesten im Zusammenhang mit Verstößen gegen Verordnungen der Ökodesign-Richtlinie bislang bekannt gewordenen Strafen, bestanden in einem ernsthaften Gespräch mit den jeweiligen Hersteller und der Bitte, die betroffenen Produkte doch bitte außerhalb des Geltungsbereichs der jeweiligen Verordnung zu vermarkten.

Und so wundert es wenig, dass die Marktüberwachung in der Praxis ihre größten Erfolge erzielt, wenn sie die Glühlampen aus den Baumärkten verbannt. Für mehr fehlt den betroffenen Behörden in den Ländern schlicht das passende Budget und solange die nicht verfügbar ist und Verstöße nicht bestraft werden, handelt es sich bei den meisten Verordnungen in diesem Umfeld um reine Papiertiger. Und die will man jetzt noch verschärfen.

Im Rahmen der Ökodesign-Richtlinie ist grundsätzlich vorgesehen, die jeweiligen Grenzwerte etwa alle vier Jahre zu überprüfen, die inzwischen erfolgte technische Entwicklung zu ermitteln und die Grenzwerte nach Möglichkeit weiter abzusenken. Ob jetzt eine weitere Reduzierung des Standby-Verbrauchs unterhalb des derzeitigen Wertes von 0,5 Watt für ein nicht vernetztes Gerät wirklich Sinn macht, ist eine bislang noch nicht beantwortete Frage.

Gerade für kleinere europäische Hersteller im Bereich professionelles Audio und Produkte für High End-Musikliebhaber sind die technischen Möglichkeiten zur weiteren Absenkung des Standby-Verbrauchs inzwischen weitgehend ausgereizt. Jede weitere Reduzierung würde dazu führen, dass einen Produktion in Europa nicht mehr möglich wäre. Für die nur in vergleichsweise kleinen Stückzahlen benötigten Bauteile fehlen in Europa inzwischen die Anbieter.

Dennoch will man künftig nicht nur die üblichen in privaten Haushalten genutzten elektrischen Geräte hinsichtlich ihres Standby-Verbrauchs regulieren, sondern auch sogenannte professionelle Geräte, wie sie beispielsweise in Musikaufnahmestudios oder auf Bühnen zum Einsatz kommen. Und bei den künftig beabsichtigten Verbrauchsgrenzwerten im Standby strebt man eine Reduzierung auf nur noch 0,1 Watt für Geräte an, die im Betriebszustand einen Nennleistung von nicht mehr als 49 Watt haben.

Dass die Einhaltung der geplanten Grenzwerte nicht überprüft wird und viele der vorhandenen Testlabors gar nicht über die für die Tests benötigten hochpräzisen Messgeräte und klimatisierten Labors verfügen, verblüfft nicht wirklich. Zudem gibt es nicht nur im Automobilsektor inzwischen intelligente Geräte, die erkennen, dass sie gerade im Labor getestet werden.

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