ZDF bestreitet bezahlte Aussagen von "Igor"

Rossija 1 präsentiert einen Arbeitslosen, der sich für die deutsche Dokumentation "Machtmensch Putin" gegen Geld als Ukrainekämpfer ausgegeben haben soll

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Am 15. Dezember, kurz vor der Verlängerung der EU-Sanktionen gegen Russland, strahlte das ZDF zur besten Sendezeit um 20 Uhr 15 die Dokumentation "Machtmensch Putin" aus. In diesem zweiten Teil eines mit Gebührengeldern finanzierten Films wurde unter anderem ein Königsberger namens "Igor" präsentiert, der behauptete, er habe als russischer Staatsbürger für 25.000 Rubel monatlich (umgerechnet etwa 325 Euro) in Donezk auf Seiten der Separatisten gekämpft. Dort seien seinem Eindruck nach etwa 30.000 russische Soldaten im Einsatz.

"Igor" stellte sich allerdings nicht nur für das ZDF vor die Kamera, sondern auch für den russischen Sender Rossija 1. Dort sagte er, er heiße eigentlich nicht Igor, sondern Juri Labiskin - und die anderen Sachen, die er dem ZDF für die Dokumentation sagte, würden ebenso wenig stimmen wie der Name. Seine angebliche Ehefrau habe eine Schauspielerin gemimt, auch das Kind, das er im Arm hielt, sei nicht seines gewesen. Er habe vor der Kamera Unsinn erzählt, weil ihm dafür 50.000 Rubel versprochen worden seien. Die Aussagen habe man ihm nicht nur aufgeschrieben, man habe auch geprobt, wie er sie aufsagt.

Juri Labiskin bei Rossija 1

Das ZDF twitterte nach der Ausstrahlung des Rossija-1-Berichts, die Vorwürfe entbehrten "jeglicher Grundlage" und das Interview mit "Igor" sei "weder geprobt noch in seinem Verlauf abgesprochen" oder "inszeniert worden". Dem Berliner Tagesspiegel sagte ein ZDF-Mitarbeiter allerdings, nur die Interviews seien im Moskauer ZDF-Studio aufgenommen worden, sonst habe man "mit der Produktion nichts zu tun gehabt".

Die vorgebrachten Vorwürfe untermauerte Rossija 1 mit Rohmaterial der ZDF-Aufnahmen, von denen Igor nach eigenen Angaben eine Kopie erhalten hatte. Robert Bachem, der Leiter des Programmbereichs ZDF Info, sagte Süddeutschen Zeitung, es sei "nicht üblich", dass Kopien des Rohmaterials an die Beiträger weitergegeben werden, weil das "de jure dem ZDF" gehöre. Allerdings gibt es auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen regelmäßig Dokumentationen, in denen die Off-Stimme davon spricht, wie sehr sich Ureinwohner und andere Menschen aus fernen Ländern über die Aufnahmen, die man ihnen zur Verfügung stellte, gefreut hätten.

Der SZ zufolge soll der ZDF-Journalist Dietmar Schumann das Interview mit "Igor" im Moskauer ZDF-Studio geführt und die anderen Aufnahmen von einem freien Produzenten gekauft haben: Walerie Bobkow alias "Bob", von dem Schumann schon im Tschetschenienkrieg beliefert wurde. Nun will der Gebührensender den Filmemacher kontaktieren, um sich erklären zu lassen, was es mit einer von Rossija 1 ausgestrahlten Rohmaterialszene, in der Bobkow "Igor" angeblich mit einem Sturmgewehr anleitet, auf sich hat.

Dem russische Portal Sputniknews fiel noch eine andere Ungereimtheit in der ZDF-Dokumentation auf: In den Kampfszenen, mit denen die Behauptungen über die Teilnahme regulärer russischer Truppen an den Kämpfen in der Ostukraine illustriert werden, tragen die Soldaten Abzeichen mit gelb-blauen ukrainischen Flaggen an ihren Uniformen, weshalb es sich wahrscheinlich um ukrainische Kämpfer handelt.

Russland bestreitet ein reguläres militärisches Eingreifen in der Ostukraine, nicht jedoch, dass Russen dort als Freischärler kämpfen. Außerdem erfüllten "einzelne Personen bestimmte Aufgaben im militärischen Bereich" - so Staatspräsident Wladimir Putin auf seiner Jahrespressekonferenz 2015.

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