Befürchteter Terroranschlag in München: Phantome der Geheimdienste?

Der Münchener Polizeipräsident ist sich nicht sicher, ob es die Personen wirklich gibt, die laut Warnungen von Geheimdiensten Terroranschläge an Bahnhöfen beabsichtigt hatten

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Zwei Tage nach der Silvester-Aufregung über eine Terrorwarnung in München arbeitet die Polizei Hinweise aus der Bevölkerung. Die Polizeipräsenz an "neuralgischen Punkten mit großen Menschenansammlungen" wurde erhöht: "Erweiterter Raumschutz" nennt sich das Konzept, das der Bevölkerung ein Sicherheitsgefühl geben soll.

Außerordentliche Nervösität, Ängstlichkeit oder gar Paranoia wurde allerdings bislang unter den Münchnern sowieso nicht ausgemacht. Die Polizei hatte am Silvesterabend rasch Sicherheitsmaßnahmen eingeleitet und die beiden angeblich bedrohten Bahnhöfe gesperrt, ohne dass dies die Feiern und die Feierlaune in der Stadt groß beeinträchtigte. Was bleibt ist nun die Frage, wie ernst die Bedrohung war und ob es der Sicherheitsapparat mit einer Falschmeldung zu tun hatte (Bislang keine Hinweise, die die Terrorwarnung in München bestätigen).

Vonseiten der Innenminister, die ihrem Selbstverständnis nach überall Gefahren sehen, besteht zwar keine "konkrete Anschlagsgefahr" mehr, so der bayrische Innenminister Joachim Herrmann (CSU), aber die Lage bleibe auch im neuen Jahr "sehr ernst", betonte Bundesinnenminister de Maizière.

Der Alarmzustand bleibt also generell gesehen. Die angeblichen Anschlagpläne in München dienen in der Kommunikation der Innenminister als weitere Bestätigung dafür, dass nicht grundlos von Gefahr gesprochen wird. Stark kontrastiert wird dies aber durch die konkreten Mitteilungen zum Ermittlungsstand in München. Dort sagte Polizeipräsident Hubert Andrä gestern, dass er gar nicht wisse, ob es die Personen wirklich gibt, die die Anschläge laut Warnungen der Geheimdienste beabsichtigten.

Gesucht wurden oder werden "fünf bis sieben irakische und syrische Attentäter, deren Namen teilweise bekannt waren" (SZ). Sie sollten sich in einem Hotel in der Münchner Innenstadt aufhalten und im Auftrag des IS Selbstmordanschläge auf den Münchener Hauptbahnhof und den Bahnhof der Pasinger Vorstadt geplant haben.

Die Hinweise, teilweise mit Namen und Daten, aber ohne Fotos, kamen aus mehreren Geheimdiensten, wird berichtet. Bereits vor Weihnachten soll der US-Geheimdienst Informationen über einen möglichen Anschlag weitergegeben haben, in der Silvesternacht sollen dann vom französischen Geheimdienst zum Teil deckungsgleiche Angaben gekommen sein. Zudem habe ein Mann im Irak dem BND gegenüber Angaben gemacht, die zur Terrorwarnung passten.

Gut möglich, dass die US-Geheimdienste und der französische Nachrichtendienst "aus einer identischen Quelle gespeist wurden", auch wenn sie dies in Abrede stellen, wie der BR berichtet. Die bayerischen Behörden würden dieser Annahme jedoch folgen. Was die irakischen Ermittlungen des BND betrifft, wie unabhängig dessen Quelle von den anderen Informationen ist, dazu gibt es noch keine klärenden Aussagen.

Am Silvesterabend hätten sich die Hinweise "verdichtet", heißt es im Jargon - die Sicherheitsbehörden mussten agieren. Doch jetzt gibt es anscheinend keine heiße Spur mehr.

Man führt Hausdurchsuchungen im islamistischen Milieu durch, berichtet die Welt. Was sich dadurch ergibt, bleibt im Dunkeln. Es heißt, man habe lediglich Propagandamaterial gefunden, aber keine Verbindungen zu einem geplanten Anschlag. Die Informationspolitik der Polizei dazu ist sehr zurückhaltend.

Indessen wird angeblich unter Polizeiexperten spekuliert, dass Terroristen mit "gezielt gestreuten Fehlinformationen" versuchen würden, die Reaktionen der Sicherheitsbehörden zu testen, um dies dann bei einem Anschlag auszunutzen.

Keine Entwarnung also in der Logik des Sicherheitsapparates: Auch eine Falschmeldung ist kein Anlass zur Beruhigung, sondern ein nächster Hinweis auf die ernste Lage.