Saudi-Arabien: Todesurteile an 47 Personen vollstreckt

Offiziell werden die Hinrichtungen mit dem "Kampf gegen den al-Qaida-Terror" begründet, doch findet sich auch Nimr al-Nimr, ein schiitischer Geistlicher, unter den Getöteten

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Saudi-Arabiens Führung setzt wie gewohnt auf Härte gegenüber Kritikern im Inneren (Saudi-Arabien: Todesstrafe für Jugendlichen wegen Teilnahme an einer Demonstration) und nach Außen will sie zeigen, dass sie entgegen vieler anderslautender Berichte al-Qaida als feindlich begreift. Das ist die Botschaft der Hinrichtung von 47 Personen am heutigen Tag. Dazu gehört auch, dass das Königshaus mit der Ausführung der Todesurteile dem wahhabitischen Klerus weitere Bündnistreue dokumentiert.

Trotz internationaler Proteste - auch von der UN: Im hoch umstrittenen Fall des schiitischen Oppositionellen Nimr al-Nimr (Saudi-Arabien: Todesurteil gegen schiitischen Oppositionellen bestätigt) blieb eine Begnadigung des Königs aus. Am heftigsten hatte Irans Regierung das Urteil kritisiert, Vizeaußenminister Hossein Amir-Abdollahian hatte im Oktober damit gedroht, dass Saudi-Arabien ein "hoher Preis für die Ausführung der Todesstrafe" bevorstehe.

Jetzt, nach Vollstreckung des Urteils, wiederholte der Sprecher des iranischen Außenministeriums die Drohung. Laut der iranischen Nachrichtenagentur Irna bekräftigte er, dass Saudi-Arabien dafür zahlen werde. Hossein Jaber Ansari warf der saudischen Führung vor, dass sie mit Extremisten und Takfiri-Terroristen, welche die regionale Sicherheit bedrohen, paktiere und sie gewähren lasse, aber einen Prediger, der lediglich mit Worten als Werkzeug operiere, zum Tode verurteile..

Dass Hinrichtungen auch in Iran vorkommen - und zwar nicht gerade selten -, dass auch dort nicht ausgeschlossen ist, dass politische Motive mit hineinspielen und dass man auch in Iran darum weiß, dass Worte keine harmlose Tools sind, ließ der Außenministeriumssprecher Ansari unerwähnt.

Auf der Webseite von Irna ist auch der Protest aus Pakistan gegen die saudischen Todesurteile zu lesen. Iranische Geistliche äußerten ebenfalls deutliche Kritik. Wie auch die Hisbullah.

Dass sich durch die Hinrichtungen Spannungen ergeben würden, vor denen heute allerorten gewarnt wird (vgl. Washington Post, Spiegel, Le Monde), dürfte auch der politischen und religiösen Elite in Saudi-Arabien klar gewesen sein.

Augenscheinlich war es dem relevanten Personenkreis trotzdem wichtiger, Härte zu zeigen - was auch beim gegenwärtigen Machtgerangel im saudischen Prinzenpalast kein Nachteil sein wird - und die Hinrichtungen durchzuführen. Gleichwohl fanden sie nicht, wie viele andere, öffentlich statt, sondern innerhalb der Gefängnisse - in acht Regionen durch Enthauptung und in vier Regionen durch Erschießungskommandos, informiert der saudische Korrespondent für das Wall Street Journal, Ahmed al-Omran.

Auch wenn der Große Mufti im Staatsfernsehen erklärte, dass alles gerecht zugehe, zeigt das Vorgehen doch eine gewisse Anspannung an, die man mit einem öffentlichen Exempel nicht zu sehr strapazieren wollte. Ein Bericht in den Arab News veranschaulicht, dass sehr darauf geachtet wird, die Hinrichtungen in den Kontext "Kampf gegen den Terror" zu stellen.

Die 47 Hingerichteten werden allesamt namentlich genannt, schon im ersten Satz erfahren die Leser, dass es sich in der Mehrheit um al-Qaida-Mitglieder handelt - der brenzlige Fall des schiitischen Predigers Nimr al-Nimr verschwindet quasi in der Mitte des Artikels ("…was among those executed, the ministry said"). Die meisten der zum Tode Verurteilt waren Sunniten, auch das wird dann in der Berichterstattung erwähnt, die ganz im Sinne der saudischen Regierung die Außensignale herausstellt, wonach es es sich um die größte mit Terrorismus verbundene Todesurteil-Serie im Königreich seit 1980 handelt.

Allerdings war der schiitische Geistliche Nimr al-Nimr nach all den Informationen, die es über ihn gibt, zwar ein scharfer Kritiker der Politik des Herrscherhauses gegenüber der schiitischen Minderheit im Nordosten des Landes, aber er war kein Terrorist, er hatte sich immer wieder gegen Gewalt ausgesprochen.

Das Todesurteil gegen ihn ist politisch motiviert. Riad fürchtet weitere Aufstände in der Region Qatif, die sich in Nachbarländer fortsetzen könnten, etwa nach Bahrein.