USA: Anteil der Nichterwerbstätigen stark gestiegen

Bild: BLS

Der Grund liegt nicht nur in der demografischen Veränderung

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35 Prozent der Bevölkerung der USA - 87,4 Millionen - im Alter über 16 Jahren gehörte 2014 nicht zur erwerbstätigen Bevölkerung. Deren Anteil nimmt zu. 2004 waren es erst 31,3 Prozent oder 70 Millionen. Bei Bloomberg News fragt man sich, warum mehr Menschen schon Anfang 20 in die Rente gehen, warum Frauen nicht arbeiten, wenn dies nicht wegen der Kinder, Krankheit oder Ausbildung geschieht, oder warum Männer im mittleren Alter einfach Zuhause bleiben?

Anlass ist ein Bericht der US-Behörde für Arbeitsstatistik (BLS), der zu erklären sucht, warum der Anteil der nicht erwerbstätigen Bevölkerung in den letzten 10 Jahren deutlich angestiegen ist. Die Nichterwerbstätigen unterschieden sich von den Arbeitslosen, die Arbeit suchen, während erste keine Arbeit haben, aber eben auch keine suchen. Die Arbeitslosenrate liegt derzeit in den USA bei 5 Prozent.

Bild: BLS.gov

Auf der Hand liegt, dass sich die verändernde Altersstruktur, also die vergreisende Gesellschaft, auf die Erwerbstätigkeit niederschlägt, auch wenn mehr und mehr eigentlich aus dem Arbeitsleben ausgeschiedene Menschen arbeiten werden müssen, weil die Renten nicht reichen und die Versorgung, wie einst üblich, durch die Kinder nicht geleistet wird. So ist die große "Baby-Boom-Generation, die zwischen 1946 und 1964 geboren wurde und deren Anteil an der Gesamtbevölkerung bei 34 Prozent liegt, 55 Jahre und älter geworden. Nach der Statistikbehörde ist ein großer Teil der Altersgruppe nicht mehr erwerbstätig. Der Anteil der 16-19-Jährigen ist von 7,3 auf 6,7 Prozent gesunken, die 20-24-Jährigen haben ihren Anteil fast gehalten, gesunken ist auch der Anteil der 24-54-Jährigen von 55,3 auf 50,2 Prozent, während derjenige der Älteren entsprechend angestiegen ist.

Allein aufgrund des höheren Anteils der Älteren stieg somit der Anteil derjenigen, die als Grund die Verrentung angaben, von 13,9 auf 15,4 Prozent. Bei 38,5 Millionen der 87,4 Millionen Nichterwerbstätigen ist die Verrentung der Hauptgrund. Die zweitstärkste Gruppe sind die Kranken oder an einer Behinderung Leidenden, deren Anteil von 5,5 auf 6,5 Prozent (16 Millionen) angestiegen ist. 13,5 Millionen geben an, die würden wegen häuslicher Verpflichtungen nicht arbeiten, die Gruppe ist nicht größer geworden. Ob die angegebenen Gründe zutreffen, ist allerdings für den gesamten Bericht eine offene Frage.

Angestiegen von 5 auf 6,4 Prozent (von 11 auf 16 Millionen) ist auch der Teil derjenigen, die noch in Ausbildung sind. Das betrifft vor allem die Altersgruppe der 16-24-Jährigen, wobei es unter den 20-24-Jährigen bei den Verrenteten einen überraschenden Anstieg von 48.000 auf 132.000 gibt.

Deutlicher angestiegen ist in der Altersgruppe der 25-54-jährigen Männer der Anteil der in Ausbildung Befindlichen, der sich auf eine Million verdoppelt hat, was auch mit der Finanzkrise zu tun haben dürfte, aber auch der der Kranken und derjenigen, die andere Gründe nennen. 27,3 Prozent der Altersgruppe sind nicht erwerbstätig, 6 Prozent mehr als 2004. Die Zahl der Rentner ist von 456.000 auf 763.000 angestiegen und diejenigen, die irgendwelche häuslichen Verpflichtungen nennen, von 577.000 auf 967.000. Bei den Frauen ist der Anstieg der Erwerbstätigen ähnlich hoch, hier sind Krankheit, Verrentung und Ausbildung, aber auch die "anderen Gründe" die Hauptursachen. Letztere haben sich auf 703.000 verdoppelt, was sich dahinter verbirgt ist nicht klar.

Bei den 55-64-Jährigen ist der Anteil der Nichterwerbstätigen an der gleichaltrigen Gesamtbevölkerung zwar von 32,7 auf 31,7, aber in absoluten Zahlen von 9,6 auf 12,7 Millionen angestiegen. Grund ist vor allem die von 3,1 Millionen auf 5,1 Millionen gestiegene Zahl der Kranken und die der Verrenteten, die aber weniger kräftig von 4,6 auf 5,5 Millionen anstieg. Die Zahl derjenigen, die noch in Ausbildung sind, hat sich von 43.000 auf 79.000 verdoppelt. Ähnlich sieht es bei den Über-65-Jährigen aus, hier überwiegt aber der Anstieg der Verrentung den der Kranken. Der Anteil der Nichterwerbstätigen in dieser Altersgruppe ist aber auch von 81,5 auf 77 Prozent gesunken, was eben bedeutet, dass mehr ältere Menschen weiter arbeiten müssen oder wollen.

Aus den Zahlen geht wenig überraschend auch hervor, dass geringere Ausbildung negative Auswirkungen auf die Beschäftigung hat. 21 Prozent derjenigen Männer, die weniger als einen Highschool-Abschluss haben, sind nicht erwerbstätig (2004: 16,9), bei denjenigen mit einem Hochschulabschluss sind es nur 10,7 Prozent (2004: 7,8). Bei den Frauen sind 50 Prozent derjenigen ohne Highschool-Abschluss und 21 Prozent bei denjenigen mit Hochschulabschluss nicht erwerbstätig.

Bloomberg zitiert den Ökonomen Alan Blinder von der Princeton University, der früher bei der Fed Vizevorsitzender war. Der malt gleich wieder einen Arbeitskräftemangel an die Wand, wenn auch weiterhin die Zahl derjenigen, die nicht erwerbstätig sein können oder wollen, zurückgehen sollte. Dann würden die Löhne ansteigen und damit die Inflation. Genauso gut könnte aber auch die Zahl der Jobs schwinden, beispielsweise durch die nächste Welle der Computerisierung, die nach Prognosen von Ökonomen viele Arbeitsplätze kosten wird und auch die Akademiker nicht verschont. Und es könnte auch sein, dass wegen der steigenden Zahl der Geringverdienerjobs mehr Menschen aus dem offiziellen Arbeitsmarkt ausscheren und ihren Lebensunterhalt durch Schwarzarbeit oder andere Erwerbsmöglichkeiten sichern.