Köln: CSU sieht Erklärungsbedarf beim ZDF

Bild und Spiegel Online veröffentlichen Polizeiprotokoll

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer verlangt in der Bild-Zeitung im Namen seiner Partei, dass das ZDF das "Versagen der Heute-Redaktion" hinsichtlich einer zeitnahen Berichterstattung über die massiven sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht "im nächsten Fernsehrat erklärt". "Ein mit den Gebühren von uns allen finanzierter Sender", so Scheuer", dürfe "so abscheuliche Gewalttaten nicht totschweigen".

In einem Interview mit dem Deutschlandfunk kritisiert Scheuer außerdem, dass das ZDF Twitter-User fragte, "wie in Köln berichtet werden soll". Zeugenaussagen und "Wortmeldungen auch aus den verantwortlichen Gremien der Polizei" deuten seinen Worten nach auf einen "Personenkreis mit Migrationshintergrund" als Täter hin. Sollten sich diese Hinweise erhärten, müssten diese Täter "schnellstens abgeschoben werden". Weil seinen Informationen nach aktuell 50 bis 60 Prozent der Asylbewerber ohne gültigen Papiere einreisen, müsse außerdem die "eigentlich gültige Rechtslage", wiederhergestellt werden, nach der solche Personen verpflichtet sind, sich vor dem Einlass Ersatzdokumente in Österreich zu besorgen.

Andreas Scheuer. Foto: Foto-AG Gymnasium Melle. Lizenz: CC BY-SA 4.0

Auch Scheuers Parteifreund Hans-Peter Friedrich hält es für einen "Skandal", dass das ZDF erst Tage nach den Ereignissen in Köln, Hamburg, Stuttgart, Frankfurt und Bielefeld berichtete. Er meinte in diesem Zusammenhang, mit "Nachrichtensperren" und einem "Schweigekartell" könne man die Probleme einer "unkontrollierten Zuwanderung" nicht lösen.

Das ZDF rechtfertigt sich bislang damit, dass man am Montagabend noch auf mehr Informationen gewartet habe, was sich im Nachhinein als Fehler herausstellte. Am Donnerstag früh sorgte der Sender allerdings erneut für Verwunderung in Sozialen Medien, als er im Morgenmagazin die #Aufschrei-Initiatorin Anne Wizorek unwidersprochen die von der umstrittenen ARD-Social-Media-Beauftragten Anna-Mareike Krause angeregte und vom Blogger Don Alphonso widerlegte Behauptung aufstellen ließ, beim Münchner Oktoberfest käme es zu mehr sexuellen Übergriffen als Silvester in Köln.

Für Fragen dazu, wie Scheuers und Friedrichs Forderungen zur neuen CSU-Position passen, dass Soziale Medien ihre Beiträge vorab filtern sollen, waren die beiden Politiker bislang noch nicht erreichbar. Gäbe es solch eine Filterung schon, dann wären die Ereignisse - die die ersten vier Tage lang vorwiegend in Sozialen Medien und Blogs diskutiert wurden - einer größeren Öffentlichkeit möglicherweise noch gar nicht bekannt.

Dass Scheuer und Friedrich nicht erreichbar sind, dürfte auch daran liegen, dass die CSU-Landesgruppe derzeit in Kreuth am Tegernsee tagt. Parteichef Horst Seehofer warb im Vorfeld dieser Klausurtagung für eine jährliche Obergrenze von 200.000 Zuwanderern, widersprach Angela Merkel aber nicht, als diese der Forderung gestern eine Absage erteilte. Seehofer soll jedoch verlautbart haben, wenn die Union in der Zuwanderungsfrage keine Kehrtwende schaffe, dann habe sie ihre besten Tage hinter sich. Hubert Aiwanger, der Vorsitzende der Freien Wähler, kritisierte Seehofers Äußerungen beim Dreikönigstreffen seiner Partei als "heiße Luft" und forderte ihn auf, aus der Koalition auszusteigen und Merkel nicht länger zu unterstützen.

Vorwürfe von Polizisten und an die Polizei

Inwieweit es sich bei den von Zeugen durchwegs als "nordafrikanisch" und "arabisch" (beziehungsweise Arabisch sprechend) geschilderten Tätern in der Silvesternacht um Personen handelt, die durch Merkels Grenzöffnung ins Land kamen, steht immer noch nicht sicher fest. Ein Protokoll der Kölner Polizei, das die Bild-Zeitung und Spiegel Online heute veröffentlichten, schildert aber, wie ein Verdächtiger einen "Aufenthaltstitel" grinsend zerrissen und den Polizisten gesagt haben soll: "Ihr könnt mir nix, hole mir morgen einen neuen". Ein anderer soll behauptet haben: "Ich bin Syrer, ihr müsst mich freundlich behandeln! Frau Merkel hat mich eingeladen."

Der Kölner Express schreibt unter Berufung auf einen Polizeibeamten von 14 angeblichen Syrern und einem angeblichen Afghanen unter 15 vorläufigen Festnahmen durch seine Gruppe. Dabei könnte es sich allerdings auch um Nordafrikaner handeln, die vorgeben, Syrer zu sein. Alle Festgenommenen sollen "Aufenthaltsbescheinigungen zur Durchführung des Asylverfahrens" bei sich gehabt haben.

Die Angabe von 15 Festnahmen durch eine Gruppe widerspricht den offiziellen Angaben der Kölner Polizei, die gestern lediglich vier "Identifizierte" meldete, zu denen man aus ermittlungstaktischen Gründen keine Auskünfte erteilen könne. Auch die vom Express-Whistleblower erwähnten geheimen "Sammellisten" mit Personalien von Verdächtigen und die "verzweifelten Bitten um weitere Kräfte" kommentiert man nicht. Von deutlich zu wenig Personal spricht auch das von Bild und Spiegel Online veröffentlichte Protokoll, in dem eingestanden wird, dass man deshalb nicht jedem Opfer helfen habe können. Eine Betroffene schildert das im Express wie folgt: "Da haben in unmittelbarer Nähe Polizeibeamte gestanden. Wir schrien, machten sie auf uns aufmerksam. Doch sie kamen uns nicht zu Hilfe."

Ein anderer Grund, dass Hilfe ausblieb, scheint gewesen zu sein, dass die Tätergruppen die Beamten nicht zu den Tatorten durchließen. Doch auch nachdem sie ihre Opfer teilweise entkleidet "ausspuckten", konnten Beamte Strafanzeigen nicht sofort aufnehmen, weil sie überfordert waren. Ein kroatischer Türsteher, der die Tätergruppen "wie eine Armee" wahrnahm, beobachtete außerdem, dass ein Festgenommener wieder freigelassen wurde, weil "sämtliche Gefängnistransporter total überfüllt" waren. Auch das scheint der Angabe widersprechen, dass es nur wenige Festnahmen gab.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.