Paris: Rätsel über einen getöteten mutmaßlichen Attentäter

Der Mann lief am Gedenktag der Anschläge auf Charlie Hebdo mit Allahu- Akbar-Rufen mit einem gezückten Hackmesser auf ein Polizeikommissariat zu

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Nach Angaben der Pariser Staatsanwaltschaft hatte gestern ein Mann, bewaffnet mit einem Hackmesser, dazu, wie sich später herausstellte, mit einer Bombenattrappe, um 11 Uhr 30 vor einem Polizeikommissariat "Allahu akbar" gerufen und das Messer gezeigt. Er wurde von Polizisten vor der Dienststelle, die sich in der Innenstadt (18. Arrondissement) befindet, erschossen.

Sowohl die genauen Beweggründe wie auch die Identität des Mannes geben Rätsel auf. Der Mann trug ein Bekennerschreiben in Arabisch mit sich, auf dem nach Angaben der Staatsanwaltschaft die IS-Fahne abgebildet war.

Nach Informationen von Le Monde soll das Schreiben zunächst mit einer Identitätsangabe beginnen, die nach traditioneller arabischer Abstammungsherleitung - Kunya -, erklärt: "Ich bin der Vater von…". Wobei hier im Artikel kein Name erwähnt wird, vielleicht ist er noch nicht entziffert.

In der nächsten Zeile soll ein Name genannt sein, der mit "Tarek B." beginnt. Angeblich aus Tunis. Danach folgt ein Treuebekenntnis zu Abu Bakr al-Bagdadi, dem IS-Chef, dazu die Erklärung, dass die Attacke eine Antwort auf die französischen Luftangriffe in Syrien sei.

Fingerabdrücke verweisen auf einen anderen Namen

Der Abgleich seiner Fingerabdrücke mit Datenbanken soll allerdings eine Identität ergeben haben, die nicht mit dem Namen Tarek übereinstimmt, sondern auf Sallah Ali lautet, ein gebürtiger Marokkaner, der im Jahr 2013 wegen eines Diebstahls in Südfrankreich festgenommen wurde und die Verpflichtung hatte, das Land zu verlassen.

Staatspräsident Hollande beim gestrigen Gedenktag zum Anschlag auf Charlie Hebdo und dem jüdischen Supermarkt Hyper Cacher

Die Staatsanwaltschaft soll nach Informationen der Zeitung nachdrücklich darauf verweisen, dass die Identität, die der Mann damals als die seine ausgab, nie bestätigt wurde, weil er keine Papiere besaß und keinen festen Wohnsitz hatte.

Zudem trug der Mann ein Mobiltelefon bei sich mit einer deutschen SIM-Karte und SMS-Nachrichten, die von Deutschland aus verschickt wurden, sowie arabische Apps. Das Handy werde noch überprüft, heißt es.

Der Fall wurde dem Chefermittler für Angelegenheiten übergeben, die im Zusammenhang mit einem versuchten Terroranschlag auf Amtspersonen stehen, auch andere Behörden und Polizeiabteilungen, die für Terrorismus zuständig sind, wurden damit betraut.

Somit läuft der Fall ermittlungstechnisch als versuchter Terroranschlag. Anhaltspunkt dafür ist das Bekennerschreiben und vermutlich auch die Tatsache, dass der Mann den Angriff genau an dem Tag versuchte, an dem sich der Anschlag auf Charlie Hebdo jährte.

Laut Justizministerin Taubira lege das "Profil des Mannes" allerdings keine Verbindungen zur gewaltsamen Radikalisierung offen. Sie deutete stattdessen allgemein, nicht direkt auf den Mann bezogen, an, es bestehe auch die Möglichkeit, dass Personen mit einer fragilen Psyche im gegenwärtigen sehr belasteten Klima auf eine solche Weise handeln könnten.