Frankreich: Hollandes Kampf gegen die Arbeitslosigkeit

Ein Reformprogramm sieht Erleichterungen in Höhe von zwei Milliarden Euro vor, um Unternehmer dazu zu bringen, dass sie 500.000 Auszubildende einstellen

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Die Erwerbslosenquote in Frankreich (ohne Überseedepartements) liegt gegenwärtig bei 10,2 Prozent, in absoluten Zahlen sind es 3,57 Millionen Arbeitslose. Besonders hart trifft es die Unter-25-Jährigen, im November 2015 lag deren Erwerbslosenquote bei 25,7 Prozent, wie dies die Arbeitsmarktstatistik im europäischen Vergleich ausweist.

In den dort aufgeführten Grafiken wird das Problem, das Präsident Hollande mit einer letzten Anstrengung angehen will, deutlich sichtbar. Wie auch in den aktuellen Zahlen der französischen Statistiken: Hollande steht vor dem Problem, dass die Erwerbsloigkeit unter seiner Präsidentschaft immer weiter angestiegen ist, trotz seiner Reformpläne und trotz des Paktes der Verantwortung, den er mit den Unternehmen schloss.

Eine Million neuer Arbeitsplätze, stellte er Anfang 2014 in Aussicht (vgl. Link auf 40769). Zwei Jahre später versucht er es mit einem neuen Anlauf. Sein letzter Versuch, schreiben die Zeitungen. An dessen Erfolg hängt nämlich seine weitere politische Karriere, denn Hollande hatte verkündet, dass er seine Amtszeit daran messen lassen will, ob es ihm gelingt, die Arbeitslosigkeit zu reduzieren. Die nächsten Wahlen stehen im Frühjahr 2017 an, er hat also nur ein gutes Jahr, um zu zeigen, dass er sein wirtschaftspolitisches Versprechen erfüllen kann.

Die Ökonomen aus den wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten und aus den Instituten verheißen ihm keine guten Aussichten. Sie halten ihm vor, dass Frankreich ein Problem habe, das Deutschland in dieser Form aus demografischen Gründen nicht kenne: zu viele Junge, die jährlich auf den Arbeitsmarkt kommen, nämlich 30 Prozent, eine Zahl, die Deutschland nicht erreiche. Dazu würden die Franzosen das Rentenalter immer weiter hinausschieben.

Auch sei der Mindestlohn zu hoch, mit 9,6 Euro pro Stunde. Großbritannien bezahle 7,2 Euro, Deutschland 8,9 Euro. Die Wettbewerbsfähigkeit leide darunter. Auch der neueste Vorschlag Hollandes erntet Skepsis bei den Ökonomen, die Le Monde befragt hat.

Der sozialdemokratische Präsident setzt auf Ausbildungsplätze, er will 500.000 Ausbildungsplätze für Arbeitssuchende schaffen, "deren Qualifikationen in Gefahr laufen, veraltet zu sein" - bzw. die gar keine zureichenden Qualifikationen haben. Dies gab er heute bei einem Treffen des Conseil économique, social et environnemental (CESE), einer Vereinigung der Sozialpartner (Arbeitgeber, Gewerkschaften, Vereinigungen) bekannt. Man sei noch nicht am Ende mit den Reformen, sagte Hollande.

Eine Milliarden Euro staatliche Hilfe ist für dieses Programm vorgesehen, dessen Ziel es ist, dass im nächsten Jahr 500.000 daran teilnehmen. Im nächsten Jahr soll dann eine weitere Milliarde investiert werden. Begleitet wird das Programm von Anreizen für Unternehmen, damit diese auch mitmachen und Neueinstellungen vornehmen.

Es werden gestaffelt nach Unternehmensgrößen, damit auch kleinere Unternehmen mitmachen, Erleichterungen bei den Sozialabgaben in Aussicht gestellt, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt werden, die an die Dauer des Arbeitsvertrages geknüpft sind und an die Bezahlung des Mindestlohns. Gesprochen wird von Einsparungen des Unternehmens von bis zu 2.000 Euro an Sozialabgaben pro Neueinstellung, die der Staat kompensiert, also übernimmt.

Auch soll - bis zu gewissen Grenzen, die die Regulierungen der 35-Stunden-Wochen erlauben - , mehr Flexibiliät bei den Arbeitszeiten gewährt werden, die Zeitung Libération sieht darin gleichwohl einen versteckten Vorstoß gegen die 35-Stunden-Woche. Ebenfalls mehr Flexibilität soll es auch bei den begrenzten Arbeitsverträgen geben.

Die Opposition bezeichnete die Maßnahmen als statistische Schönfärberei, da Erwerbslose mit einem Ausbildungsplatz zwar nicht mehr in der Erwerbslosenstatistik auftauchen, ihnen aber nach der Ausbildung im Grunde genau das blühe. Woher die französischen Republikaner diese Gewissheit in ihrem Blick auf die Zukunft nehmen, ist nicht bekannt.

Bekannt ist dagegen, dass auch deren Parteichef Sarkozy bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit keine erfolgreiche Bilanz vorlegen konnte. Nach seiner Amtszeit gab es mehr Arbeitslose als zuvor.