Eiszeit und Klimawandel

Kohlekraftwerk Niederaußem. Bild: Vogonne/CC-BY-3.0

Die Energie- und Klimawochenschau: Einschränkungen für die Windenergie, Vorschlag zum Kohleausstieg, Zukunft der Ausschreibungen,

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Der Thinktank Agora Energiewende hat die Bundesregierung aufgefordert, einen Runden Tisch zum Kohleausstieg einzuberufen. Auf einer Veranstaltung am 13. Januar in Berlin stellte Agora-Direktor Patrick Graichen elf Eckpunkte für den konsensualen Ausstieg vor. Das rege Interesse an der Veranstaltung, die auch per Livestream verfolgt werden konnte, zeigt, dass Agora Energiewende den Nerv der Zeit trifft. Schließlich könne Deutschland nicht Energiewendeland sein und Kohleland bleiben, wie es Graichen formulierte.

Wenig ambitioniert wirkt aber das Ziel, schrittweise bis 2040 aus Braunkohle und Steinkohleverstromung auszusteigen. Wenn man den Agora-Vorschlag nun als Vorlage nimmt, dann wird ein "Konsens" mit der Industrie das Ziel vermutlich nach hinten schieben und es möglicherweise mit dem wirtschaftlichen Ende der Braunkohle zusammen fallen.

Der Pressesprecher von RWE, Lothar Lambertz äußerte beispielsweise gegenüber dem Kölner Stadtanzeiger, dass die letzten Tagebaue bis Mitte des Jahrhunderts ausgekohlt sein würden.

Im Einzelnen will Agora Energiewende mit einem festen Ausstiegsdatum Rechtssicherheit schaffen, Restlaufzeiten definieren und pro Jahr etwa 3 Gigawatt vom Netz nehmen. Über die Übertragung von Restlaufzeiten innerhalb von einem Revier könnte dabei nachgedacht werden. Neue Braun- oder Steinkohlekraftwerke dürften nicht mehr genehmigt werden, ebenso wenig Neuaufschlüsse von Braunkohletagebauen. Die Abschaltung der Kraftwerke sollte nur über die Restlaufzeiten geregelt werden, d.h. die Betreiber sollten weder durch zusätzliche Klimaschutzabgaben belastet noch durch Stilllegungsprämien bezuschusst werden. Für die Rekultivierung der Tagebaue sollten die Betreiber in einen Fonds einzahlen, außerdem solle es einen staatlichen Strukturwandelfonds für die Braunkohleregionen geben. Damit die Klimabelastung durch die Kohleverstromung nicht einfach auf andere europäische Länder umverteilt werde, müssten entsprechend CO2-Zertifikate vom Markt genommen werden.

Der Vorsitzende der Bergbaugewerkschaft IGBCE, Michael Vassiliadis, wies den Vorschlag der Agora Energiewende wie zu erwarten zurück. "Deutschland als Standort einer Hochleistungsindustrie braucht andere Prioritäten in der Energiepolitik", erklärte Vassiliadis. "Unser Weg in der Energiewende muss Innovationen fördern - mit der klaren Priorität, die ungelöste Frage zu beantworten, wie künftig Strom aus erneuerbaren Energien gespeichert werden kann." Strukturhilfen für die Kohlereviere lehnte der Gewerkschaftschef nicht ab, allerdings ohne sie an einen Ausstieg zu knüpfen.

Umweltministerin Barbara Hendricks begrüßte hingegen den Vorschlag zum Kohleausstieg. Es dürfte aber an Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel sein, zu einem derartigen Runden Tisch einzuladen und sein Ministerium hat den Vorschlag bislang lediglich "zur Kenntnis genommen".

Eine gute Nachricht zur Kohlepolitik gibt es nebenbei bemerkt aus den USA: Die Obama-Administration will keine weiteren Flächen für Kohletagebaue verpachten.

BMWi hält Ausschreibungen für einen Erfolg

Das Bundeswirtschaftsministerium beschäftigt sich derweil lieber damit, den Ausbau der Erneuerbaren Energien - vor allem von unten - weiter zu beschränken. Wirtschaftsminister Gabriel erklärte die Pilotausschreibungen für Photovoltaik-Freiflächenanlagen zu einem vollen Erfolg, nachdem das Bundeskabinett einen entsprechenden Erfahrungsbericht aus seinem Haus verabschiedet hatte. "Wir wollen daher in einem zweiten Schritt mit dem EEG 2016 auch die Förderung für die anderen erneuerbaren Energien grundsätzlich auf Ausschreibungen umstellen", erklärte der Minister. Als Erfolg wertete das BMWi, dass das Preisniveau in den drei Runden schrittweise gesunken sei, dass Akteure verschiedener Rechtsformen geboten hätten und dass in der dritten Runde auch kleinere Akteure Zuschläge erhalten hätten.

Einige Energieexperten stehen dem Ausschreibungsmodell weiterhin kritisch gegenüber, wie der Fachinformationsdienst IWR berichtet. "Es liegen keine ausreichende Erfahrungswerte vor, um das Ausschreibungsmodell grundsätzlich für effizient und das Instrument erster Wahl einzustufen. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass Ausschreibungen die Akteursvielfalt mindern, höhere Kosten verursachen und den Ausbau erneuerbarer Energien eher behindern", meint Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Bis jetzt seien die Gebote der ersten Ausschreibungsrunden auch noch nicht umgesetzt worden, so dass Deutschland weiter hinter seinen PV-Ausbauzielen zurückbleibe.

Auch die energiepolitische Sprecherin von Bündnis90/Grünen, Julia Verlinden kritisiert die geplante Ausweitung des Ausschreibungsmodells. Nicht einmal fünf Projekte könnten eindeutig Bürgerenergie-Akteuren zugeordnet werden, außerdem könnten die PV-Pilotausschreibungen noch nicht abschließend bewertet werden. "Die Bundesregierung will somit weitere Technologien in Ausschreibungsverfahren zwingen, ohne dafür eigene Pilotverfahren zu entwickeln und die jeweiligen Ergebnisse abzuwarten. Damit bricht die Große Koalition ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag und bedroht den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien", so Verlinden.

Interessant beim künftigen Ausschreibungsdesign für Onshore-Windparks wird die De-Minimis-Regel werden, d.h. die Kapazität unterhalb derer keine Ausschreibung stattfinden muss. EU-Wettbewerbskommissarin Margarete Vesthager hat vergangene Woche auf eine diesbezügliche Anfrage des Bundesverbands Windenergie (BWE) geantwortet. Vesthager sieht die Obergrenze bei 18 MW - in den EU-Leitlinien ist sie mit 6 MW oder 6 Erzeugungseinheiten festgelegt.

Vesthager geht nun von einer durchschnittlichen Kapazität von 2,5 bis 3 MW pro Windenergieanlage aus und kommt so auf den Grenzwert von 18 MW. Die Bundesregierung will die Bagatellgrenze aber deutlich niedriger ansetzen, bislang waren bei der Windkraft an Land 1MW wie auch bei der Photovoltaik im Gespräch.

Die Offshore-Windbranche meldete für das Jahr 2015 einen Rekord beim Zubau: 2.282,4 MW wurden neu ans Netz angeschlossen. Die hohe Zahl sei aber auf Nachholeffekte bei der Netzanbindung zurückzuführen, schreibt die Branchenorganisation VDMA Power Systems. Insgesamt waren Ende 2015 792 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 3.294,9 MW am Netz. Für 2016 wird ein Zubau von 700 MW erwartet.

Die Offshore-Windbranche kritisiert auch die vom BMWi benannten Ausbauziele, die sich auf jährlich 700 MW bei der Offshore-Windenergie belaufen würden. "Jedoch erst ein kontinuierliches jährliches Ausbauvolumen von mindestens 900 Megawatt ab 2021 würde die Grundlage dafür bilden, die Kosten der Offshore-Windenergie zu senken, Wertschöpfung und Industrieproduktion in Deutschland zu sichern und langfristig einen wirkungsvollen Beitrag zur Versorgungssicherheit zu leisten", so die Branchenvertreter.