Syrien-Gespräche: Staaten der Unterstützergruppe uneins über Teilnehmer

Türkei gegen Kurden - Saudis beharren auf Dschihadisten

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Im Dezember stimmte die UN einschließlich Russlands für die von den USA eingebrachte Syrien-Resolution 2254. Ein zusammen mit ihr verabschiedeter "Fahrplan" für ein Ende des Krieges in Syrien sieht vor, dass der syrischen Staatspräsident Baschar al-Assad ab dem 25. Januar 2016 zusammen mit Vertretern der Opposition eine neue Verfassung ausarbeitet und dass bis zum Juni 2017 vorgezogene Wahlen stattfinden (vgl. UN-Sicherheitsrat verabschiedet einstimmig Syrien-Resolution). Dieser Zeitplan wird wahrscheinlich nicht zu halten sein, wie UN-Sprecher Farhan Haq gestern andeutete.

Das liegt vor allem daran, dass sich die Staaten der "Unterstützergruppe" nicht darüber einig werden, welche oppositionellen Gruppen als Gesprächsteilnehmer und welche als Terroristen gelten sollen. So wertet beispielsweise die Türkei die syrisch-kurdische PYD (deren militärischer Arm die geschlechtergetrennten YPG/YPJ-Milizen sind) wegen ihrer engen Verbindungen zur PKK als nicht gesprächsfähige Terroristen.

Von den USA wird die gleiche Gruppe mit Waffen und Munition beliefert und als wichtiger Verbündeter im Kampf gegen die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) betrachtet. Tatsächlich ist die Gruppe zwar klar weniger gefährlich als der IS, aber auch nicht ganz unproblematisch - immerhin wirft ihr Amnesty International unter Berufung auf zahlreiche Zeugenaussagen Vertreibungen vor Arabern vor (vgl. Amnesty International wirft Kurden Vertreibung von Arabern vor).

Mindestens ebenso große Uneinigkeit gibt es über sunnitisch-arabischen Gruppen. Saudi-Arabien besteht darauf, dass auch Dschihadistenmilizen wie Ahrar asch-Scham als Vertreter der Opposition teilnehmen (vgl. Syrien: Konferenzen mit ausgewählten Oppositionellen). Ahrar asch-Scham ist mit der al-Nusra-Front verbündet (der syrischen al-Qaida-Filiale) und vertritt ebenso wie Dschaisch al-Islam, Liwa al-Haqq, Liwa al-Umma oder al-Dschabha al-Islamiya al-Kurdiya eine ähnliche Ideologie wie der IS. Deshalb wollen weder die syrische Regierung noch Russland solche Gruppen als Gesprächspartner akzeptieren.

Die Schwierigkeiten bei der Auswahl werden noch dadurch erhöht, dass es in Syrien Hunderte von Gruppen gibt, "die wechselnd miteinander koalieren, sich dulden oder sich bekämpfen" (vgl. Hunderttausend Kämpfer in Syrien teilen die IS-Ideologie). Einem Bericht des von Tony Blair gegründeten und finanzierten Centre on Religion and Geopolitics sind die sunnitischen Extremisten dabei so klar in der Überzahl, dass sie auch nach einem Rücktritt des syrischen Staatspräsidenten Baschar al-Assad gewaltsam mit der Errichtung eines Gottesstaates weitermachen würden. Dass man das außer Acht lässt, hält der Think Tank für die "größte Gefahr" - aber auch eine Trennung zwischen extremistischen und gemäßigten Rebellen lässt sich seiner Analyse nach nicht bewerkstelligen. Den Schutz aller ethnischen und religiösen Gruppen streben nur zehn Prozent der Rebellen an.

Hungersnot in Deir ez-Zor und anderen Ortschaften

Eine schnelle Einigung ist also unwahrscheinlich, wäre aber für viele Syrer von Vorteil: UN-Sprecher Haq zufolge warten nämlich im Westteil der vom IS umstellten und etwa zur Hälfte kontrollierten Wüstenstadt Deir ez-Zor 200.000 Menschen dringend auf Nahrungsmittel und Medikamente. Einige Einwohner sind seinen Angaben nach bereits verhungert. Derzeit gelangen wegen der Kämpfe in der Umgebung auch Hilfslieferungen nicht in die Stadt, die von russischen Transportflugzeugen aus der Luft versorgt wird.

Fua und Kafraja, zwei belagerte schiitischen Ortschaften in der weitgehend von der al-Nusra-Front und ihren Verbündeten beherrschten Provinz Idlib, konnten das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) und der syrische Rote Halbmond dagegen mit Hilfslieferungen versorgen. Hier sollen noch mehrere Zehntausend Menschen leben. Auch in die von der Ahrar asch-Scham kontrollierten Städte Madaja und Sabadani wurden solche Hilfstransporte gelassen.

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