Klöckner sagt Fernsehdebatte ab

AfD könnte in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt SPD überholen

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Am 13. März werden in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt neue Landtage gewählt. Knapp acht Wochen vor dieser Wahl wurde bekannt, dass die beiden öffentlich-rechtlichen Fernsehsender in diesen drei Bundesländern - der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) und der Südwestrundfunk (SWR) - die Alternative für Deutschland (AfD) nicht zu den Hauptdebatten einladen. Der SWR-Intendant Peter Boudgoust begründete das damit, dass sich die Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz geweigert hätten, an einem Debattentisch mit der AfD Platz zu nehmen. Diese betonten in Stellungnahmen dazu, das Nichteinladen sei eine Entscheidung des SWR gewesen, bestritten aber nicht, dass sie mit ihrem Fernbleiben gedroht hatten (vgl. Wahl-Fernsehduelle: AfD darf nicht teilnehmen).

Gestern gab Julia Klöckner, die Spitzenkandidatin der CDU in Rheinland-Pfalz,bekannt, sie werde der Debatte ebenfalls fernbleiben. Patrick Schnieder, der Generalsekretär ihres Landesverbandes, begründete das wie folgt: "Mit unserer Teilnahme würden wir die skandalöse Einflussnahme der SPD und die so erzwungene, falsche Reaktion des SWR nur noch belohnen".

Dabei nahm er allerdings nicht nur auf die umstrittene AfD (die seiner Meinung nach von der Haltung der SPD und des SWR profitieren wird), sondern auch die FDP Bezug. Die will der Sender ebenfalls nicht einladen, weil sie (ebenso wie die Alternative) aktuell nicht im Mainzer Landtag vertreten ist. Selbiges gilt für die Linke und Martin Sonneborns Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative (PARTEI), die ihren Boykott bereits am Mittwoch bekannt gab, was jedoch vorwiegend nur auf Twitter zu bestürzten Reaktionen führte.

Julia Klöckner. Foto: CDU Rheinland-Pfalz. Lizenz: CC BY-SA 3.0/de

Aktuellen Umfragen nach ist es sehr wahrscheinlich, dass die AfD am 13. März in alle drei Landtage einzieht. In Baden-Württemberg könnte sie sogar die SPD überholen, wenn sich der aktuelle Trend fortsetzt: In einer von der CDU in Auftrag gegebenen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA liegen die Sozialdemokraten mit 13 Prozent nur noch eineinhalb Punkte vor der neuen Partei, die bei 11,5 Prozent gemessen wird. Die für das ZDF tätige Forschungsgruppe Wahlen (FGW) misst die AfD aktuell bei 11 und die SPD bei 15 Prozent. Am 20. November hatte die im Sommer gespaltene Gruppierung in einer FGW-Umfrage zur Landtagswahl in Baden-Württemberg noch bei sechs Prozent gelegen.

Weil die Grünen auf 28 (FGW) beziehungsweise 29 Prozent (INSA) kommen, hätte die grün-rote Landesregierung in Stuttgart keine Mehrheit mehr. Sie könnte von einer schwarz-roten Koalition abgelöst werden, weil die CDU mit 35 (INSA) beziehungsweise 34 Prozent (FGW) etwas stärker wäre als die Grünen. Die 48 oder 49 Prozent, die diese Koalition zusammen hätte, würden für eine absolute Mehrheit reichen, weil der Stimmenanteil für die Parteien, die nicht im Landtag vertreten sein werden, wahrscheinlich bei fünf oder sechs Prozent liegt. Reicht er nicht, könnte die FDP aushelfen, die derzeit bei sechs (FGW) und sechseinhalb Prozent (INSA) gemessen wird.

In Sachsen-Anhalt käme die AfD INSA zufolge auf 13,5 Prozent, die FGW misst sie sogar bei 15. Der Abstand zur SPD, die bei INSA auf 15,5 und bei der FGW auf 19 Prozent kommt,liegt hier bei zwei beziehungsweise vier Prozent. Auf 19 Prozent kommt bei der FGW auch die Linkspartei, die INSA bei 23 Prozent sieht. Auch in Sachsen-Anhalt ist eine große Koalition die wahrscheinlichste Option, weil die CDU mit 35 (INSA) beziehungsweise 33 Prozent (FGW) stärkste Partei wird. Die Grünen müssen mit fünf und sechs Prozent um den Einzug in den Magdeburger Landtag bangen, die FDP (die in dem Bundesland 2002 noch bei 13,3 Prozent lag) hat mit drei Prozent ähnlich wenig Chancen auf ein Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde wie die Linkspartei in Baden-Württemberg.

In Rheinland-Pfalz liegen einer Infratest-Umfrage des SWR nach sowohl Linke als auch FDP bei fünf Prozent. Die AfD ist hier mit acht Prozent noch 23 Punkte von der 31 Prozent starken SPD entfernt, könnte aber die Grünen überholen, die bei neun Prozent liegen. Für eine Neuauflage der rot-grünen Koalition müssen SPD und Grüne deutlich zulegen oder darauf hoffen, dass sowohl Linke als auch Liberale und AfD ganz haarscharf an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern und dann zu knapp 20 Prozent "Sonstigen" gerechnet werden, deren Wähler der Landtag nicht abbildet. Auch deshalb dürfte die SPD-Ministerpräsidentin Maria Luise Dreyer ein Interesse daran haben, dass diese Parteien möglichst wenig Medienpräsenz bekommen.

Schaffen eine oder mehrere dieser Parteien den Einzug in den Mainzer Landtag, dann könnte Julia Klöckner, deren CDU bei 37 Prozent liegt, eine große Koalition anführen und neue Ministerpräsidentin werden. Dass sich die CDU um die FDP sorgt (die in diesem Bundesland früher mit den Sozialdemokraten koalierte) bedeutet deshalb nicht unbedingt, dass sie auf die Liberalen als Regierungspartner setzt.

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