Stühlerücken im Quantenreich

Physiker wollen Quantensysteme auf mechanische Weise miteinander verknüpfen - mit Klopfbotschaften gewissermaßen

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Den einen, für alle Aufgaben gleichermaßen geeigneten Quantencomputer wird es weder in naher noch in ferner Zukunft geben. Quantum Annealing Devices wie der D-Wave kümmern sich um Optimierungsprobleme. Als Codeknacker betätigen sich echte Quantencomputer, die dann vielleicht auf eine drei- oder vierstellige Zahl von Quantenbits zugreifen können, vielleicht aus Einzelatomen, aber womöglich auch aus Quantenpunkten oder Supraleitern zusammengesetzt. Systeme aus zahlreichen, aber nur locker verknüpften Bits sind dann für Quantensimulationen zuständig. Sichere Quantenkommunikation findet optisch über Lichtwellenleiter statt.

Doch wie sprechen all diese Systeme miteinander? Womöglich wie beim Stühlerücken auf mechanische Weise, also über Bewegungsenergie. Ein Wiener Forscherteam stellt in Nature erste Grundlagen dafür vor. Die Physiker setzen auf winzige, wenige Mikrometer große Siliziumstäbchen, die sie in Vibration versetzen.

So, wie ein Photon die kleinstmögliche Portion Lichtenergie darstellt, gibt es auch bei mechanischen Systemen kleinstmögliche Energieportionen, die hier Phononen genannt werden. Interessant ist an diesen Systemen, dass sie aufgrund ihrer Größe (Tausende von Atomen!) gegen Störungen vergleichsweise immun sind, sich besser manipulieren lassen als etwa einzelne Atome oder Photonen und sich auf ähnliche Weise herstellen lassen wie heutige Computerchips, also mit bekannter Technik.

Anschubsen und Licht geben

Damit man mit einzelnen Phononen arbeiten kann, muss man allerdings die mit Wärme verbundene Eigenbewegung minimieren, also die Mechanik ordentlich kühlen, und zwar auf 25 Tausendstel Kelvin, nahe an den absoluten Nullpunkt.

Unter diesen Bedingungen haben die von den Forschern eingesetzten Silizium-Kristalle die interessante Eigenschaft, dass sie sich nicht nur durch mechanisches "Anschubsen" in Bewegung setzen lassen (sodass ein Phonon entsteht), sondern auch durch Lichtimpulse (Photonen). In einem dreistufigen Prozess gelang es den Physikern nun, zunächst zu zeigen, dass ihr Mechanismus wirklich im Quantenregime arbeitet und dann ein Photon auf den Resonator zu übertragen und wieder auszulesen.

Dabei setzt das erste Photon den Resonator in Bewegung (erzeugt also das Phonon). Die Nachricht ("Photon existiert") wurde also vom optischen Bereich in den mechanischen Bereich ("Phonon existiert") übersetzt. Um dieses Phonon wieder auszulesen, aktivieren die Forscher den Kristall mit einem roten Laserimpuls. Falls ein Phonon (also Bewegungsenergie) vorhanden war, reagiert dieser durch eine messbare Streuung des Photons.

Was an dieser Stelle noch fehlt, ist der Nachweis einer Verschränkung. Die Forscher vermuten zwar, Verschränkungen von zwei Teilchen ebenfalls übertragen zu können, doch noch fehlt ihnen dafür die Beweistechnik. Zur Verbindung zweier Quantencomputer, aber auch für Anwendungen als Quantenspeicher wäre das eine noch zu verwirklichende Voraussetzung.