Schweden will bis zu 80.000 Flüchtlinge abschieben

Der sozialdemokratische Innenminister kündigte an, Flugzeuge zu chartern, um mindestens 60.000 der 160.000 letztes Jahr eingereisten Flüchtlinge in die Heimatländer oder in andere EU-Länder zurückzuführen

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Schweden, das bis vor kurzem wohl offenste Land gegenüber Flüchtlingen, setzt nach Verschärfungen des Asylrechts und der Einführung von Grenzkontrollen weiter auf Abschreckungspolitik (Schweden: Die "Großmacht der Humanität" dankt ab). Getrieben von den rechten Schwedendemokraten soll nun eine weitere Maßnahme beschlossen werden.

Der sozialdemokratische Innenminister Anders Ygeman kündigte gegen der Zeitung Dagens Industri an, Flugzeuge chartern zu wollen, um bis zu 80.000 Asylbewerber auszufliegen, deren Anträge nicht anerkannt werden. Man stehe vor einer "sehr großen Herausforderung", meinte er. Von den 163.000 Asylbewerbern, die letztes Jahr nach Schweden gekommen sind, sollen mindestens 60.000 in ihre Heimatländer oder in die EU-Länder abgeschoben werden, aus denen sie nach Schweden eingereist waren. Offenbar geht der Innenminister davon aus, dass die Hälfte der Asylbewerber nicht anerkannt werden - oder nicht anerkannt werden sollen. Gegenwärtig würden 55 Prozent anerkannt werden.

Zunächst will die rotgrüne Regierung auf Freiwilligkeit setzen und dafür "die besten Bedingungen" anbieten: "Aber wenn dies nicht funktioniert, wird es notwendig sein, die Rückkehr auch mit Gewalt durchzusetzen." Ygeman rechnet mit mehr Charterflugzeugen unter der Schirmherrschaft der EU. Das klingt danach, als solle nun europaweit nach der gescheiterten Verteilungsquote eine groß angelegte Abschiebemaßnahme geeplant werden.

Die schwedische Regierung hoffe, mit anderen EU-Ländern, allen voran mit Deutschland, Vereinbarungen zu treffen, um die Flüge für abgewiesene Asylbewerber zu koordinieren. Entsprechende Abkommen sollen auch mit Ländern wie Afghanistan und Marokko geschlossen werden. Da die "große Gefahr" bestehe, dass viele abgewiesene Asylbewerber auch ohne Papiere versuchen werden, weiter in Schweden zu bleiben, sollen zusätzliche tausend Grenzpolizisten eingestellt werden. Zudem will man hart gegen Firmen vorgehen, die abgewiesene Asylbewerber beschäftigen: "Es muss ernste Folgen für die Firmen geben, die illegale Arbeit anbieten. Wenn es einen funktionierenden Schwarzmarkt gibt, wird dies den Anreiz vergrößern, in Schweden zu bleiben."

Der Chef der Grenzpolizei, Patrik Engström, erklärte der Zeitung, man werde jetzt sehr viel mehr darauf achten, die abgewiesenen Asylbewerber abzuschieben. Das Problem scheint darin zu bestehen, dass viele unterauchen, wenn sie von der Migrationsbehörde der Grenzpolizei übergeben werden sollen: "Wenn sie die Entscheidung über ihren Antrag hören, muss die Polizei bereits vor Ort sein."