Pegida und AfD: Ältere Männer, die gegen Ausländer und für Recht und Ordnung sind

Pegida am 25.1. 2015. Bild: Kalispera Dell/CC-BY-SA-3.0

Neue Studien geben Einblick in die Demografie der xenophoben und verunsicherten Männer, für die auch eine Frau als Kanzlerin ein Problem zu sein scheint

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Kürzlich wurde in einer Umfrage erneut deutlich, dass die rechten Anti-Einwanderungs-Bewegungen wie Pegida mitsamt der erfolgreichsten Partei an deren Spitze, der AfD, von zornigen Männern dominiert werden. 63 Prozent von denjenigen, die die AfD wählen wollen, sind Männer. Nach INSA soll das Durchschnittsalter aber mit 47 Jahren relativ jung für eine Partei sein (Männer mögen AfD).

Letztes Jahr fasste eine Studie der TU Dresden zusammen, welche Eigenschaften der durchschnittliche Pegida-Teilnehmer hat:

Der 'typische' PEGIDA-Demonstrant entstammt der Mittelschicht, ist gut ausgebildet, berufstätig, verfügt über ein für sächsische Verhältnisse leicht überdurchschnittliches Nettoeinkommen, ist 48 Jahre alt, männlich, gehört keiner Konfession an, weist keine Parteiverbundenheit auf und stammt aus Dresden oder Sachsen.

TU Dresden

Das war das Ergebnis einer Online-Umfrage, was einen Einfluss darauf haben dürfte, wer sich beteiligt hat. Im Mai 2015 kam die nächste Studie, nach der sich ein merklicher Rechtsruck ereignet habe. Man könne zwar von xenophoben Patrioten (50%) und rechtsradikalen Xenophoben (17%) sowie 30 % "bedingt Xenophilen" sprechen, aber Werner Patzelt, der Leiter der Studie, wollte in ihnen eher Patrioten mit Hang zur Ausländerablehnung als Rechtsradikale sehen. Die Charakterisierung zeigte aber bereits Unterschiede:

PEGIDA-Demonstranten sind im Durchschnitt berufstätige Leute mit traditioneller Biographie, guter (praktischer) Ausbildung und oft unterdurchschnittlichem Einkommen. Männlich, um die 49 Jahre und konfessionslos, kommen sie mehrheitlich aus Dresden und Umgebung. Kaum einer ist links, viele sind klar rechts, doch weit überwiegend nicht rechtsradikal. Sie verstehen sich als 'deutsche Patrioten'.

Pegida am 25.1. 2015. Bild: Kalispera Dell/CC-BY-SA-3.0

Die Dominanz der Männer blieb, aber der soziale Status mitsamt dem Einkommen scheint abgenommen zu haben, sollte die erste Studie zutreffen. Eine Nähe zur AfD wurde konstatiert. Eine Studie des Göttinger Instituts für Demokratieforschung vom Januar 2015 kam zu einem ähnlichen Schluss: "An der Göttinger Befragung nahmen 81,5 Prozent Männer und 18,5 Prozent Frauen teil. Am stärksten vertreten waren die 46- bis 55-Jährigen, mit 31,8 Prozent, gefolgt von den 36- bis 45-Jährigen mit 22,8 Prozent." Wieder war es eine Online-Befragung von 500 Pegida-Teilnehmern, die dazu führte, diese mitsamt des relativ jungen Durchschnittalters der Mittelschicht zuzuordnen:

35 Prozent sind im Besitz eines Universitäts- und Fachhochschulzertifikates; als Absolventen von Haupt- oder Volksschulen gaben sich unter den Teilnehmern der Umfrage lediglich 0,6 Prozent aus. Auch der Arbeiteranteil lag bei der Expertise nur bei 7,1 Prozent, gegenüber Angestellten mit 37,3 Prozent und Freiberuflichen/Selbstständigen mit 16,2 Prozent. 77 Prozent sind voll erwerbstätig.

Um den Bias einer Online-Befragung zu umgehen, verteilten die Wissenschaftler des Göttinger Instituts für Demokratieforschung Ende November bei einer Pegida-Demo, an der 3.5000 bis 5.000 Menschen teilnahmen, 1.800 Fragebögen. 610 wurden ausgefüllt und zurückgeschickt. Das sei "nicht im strengen Sinne repräsentativ", räumen die Wissenschaftler ein, aber schon aussagekräftig.

60 Prozent von den Auskunftswilligen, so die Auswertung nehmen bereits seit einem Jahr oder mehr an den "Spaziergängen" teil. 72 Prozent sind Männer. Aber durch die andere Umfragemethode seien die Pegida-Anhänger älter als in der ersten Umfrage (20 Prozent geben an, sie würden Pegida-Aktivitäten nicht online verfolgen). Weiterhin sind mit 26 Prozent die meisten zwischen 46 und 55 Jahre alt, aber "während der junge Teil der 16-25- und 26-35-Jährigen von vormals rund einem Drittel auf knapp 10 Prozent zusammengesunken ist, bilden die 56-65-Jährigen bzw. die ab-65-Jährigen zusammengenommen rund die Hälfte der Teilnehmer."

75 Prozent sind 46 Jahre und älter. Es ist eine Protestgeneration der älteren Männer. 34 Prozent sind Rentner bzw. nicht mehr erwerbstätig. 58 Prozent geben an, verheiratet zu sein.

Es könnte natürlich auch sein, dass es mehr ältere Teilnehmer geworden sind. Auf jeden Fall sei die Pegida-Anhängerschaft älter als die anderer Protestbewegungen wie die gegen TTIP oder Stuttgart 21. Auch Ausbildung und Einkommen haben sich entsprechend veränderr. Allerdings hat immer noch ein Viertel einen Universitäts- oder Fachhochschulabschluss, im Januar war es noch ein Drittel: "Von den sozial ausgegrenzten, 'prekarisierten' Schichten findet sich nach wie vor zwar kaum eine Spur", sagen die Wissenschaftler. 0,8 Prozent gaben an, Studenten zu sein.

Verlorenes Vertrauen ins politische System

Mit der Demokratie in Deutschland sind 88 Prozent unzufrieden, 60 Prozent sogar sehr. Allerdings sind sogar allgemein mit der Idee der Demokratie 20 Prozent unzufrieden. Kulturelle Vielfalt und Minderheitenschutz sind kein Thema, auch Gleichstellung oder Solidarität interessiert praktisch niemanden.

An Umverteilung ist der Pegida-Anhänger auch nicht interessiert. Er hat Angst. Recht und Ordnung sind ihm am wichtigsten, gefolgt von politischer Selbstbestimmung und der deutschen Leitkultur, die demnach Solidarität, Vielfalt und Gleichstellung ausschließt. Das sind also diejenigen, die seit Köln den Schutz der Frauen für sich entdeckt haben.

Allgemein scheint ein Vertrauensverlust zu herrschen, vor allem ins politische System. Am besten schneiden noch Polizei, Wissenschaft, mittelständische Unternehmen und alternative Medien ab. Praktisch kein Vertrauen wird, wenig überraschend, der Bundeskanzlerin, aber auch dem Bundespräsidenten, der Bundesregierung, der EU, den Parteien, der Nato, den öffentlich-rechtlichen Medien und den Großkonzernen entgegengebracht. Ein bisschen besser schneiden private Medien, Lokalpolitiker, Kirchen, das Justizsystem und Banken ab.

Armin Eckers: Am Besten gar nicht lange fackeln. Wer vorgibt, Syrer zu sein, wird nach Syrien verschubt. Das geht ganz schnell und einfach mit einer Transall, da kann man die ausrangierten Fallschirme noch ein letztes Mal einsetzen. Heckklappe auf und gut is.

Kommentar auf der Pegida-Facebook-Seite

Fast 80 Prozent würden AfD wählen, 20 Prozent würden nicht zur Wahl gehen. Das ist ziemlich eindeutig. Es gibt nur eine Alternative. Bei der letzten Bundestagswahl hätten erst 32 Prozent der Befragten die AfD gewählt, 26 Prozent die Union, jeweils um die 8 Prozent links und die NPD.

82 Prozent der Pegida-Anhänger wollen Recht und Ordnung auch an der deutschen Grenze durch "Befestigung und Verteidigung". Natürlich sind muslimische Flüchtlinge unbeliebt, aber 41 Prozent wollen grundsätzlich allen Menschen kein Recht auf deutsches Asyl zugestehen.

Mutti muss zurück in die Familie

Mit dem Überhang der älteren Männer könnte man auf die Vermutung kommen, dass nicht nur die Abwehr der Fremden einen entscheidenden Hintergrund der Proteste darstellt, sondern sie auch noch weiter durch die Angst der Männer vor den Frauen bzw. der Ablehnung der Gleichstellung angeschürt wird. Die AfD propagiert das traditionelle, paternalistische Familienmodell und lehnt Schule und Gendermainstreaming ab. Dadurch würde sich zwischen den Kämpfern gegen die Islamisierung des Abendlands auch eine Nähe zur muslimischen Kultur herstellen.

Und so ticken die Medien der älteren Männer

Deutschland wird seit Jahren regiert von einer Frau, die schon einmal als männermordende, der Macht verfallene Amazone dargestellt wird. Ähnlich wie in den USA, wo der erste schwarze Präsident eine besondere Ablehnung in konservativen und rechten Kreisen ausgelöst hat, scheint Angela Merkel als erste deutsche Bundeskanzlerin nun vor allem die Wut der etwas älteren Männer zu befeuern, die möglicherweise die Kränkung nicht verarbeiten konnten.

Die Flüchtlingskrise könnte nun in diesen Kreisen dazu führen, endlich mit dieser Frau an der Spitze der deutschen Regierung Schluss machen zu wollen, um endlich wieder eine Gesellschaft zu haben, die faktisch und sichtbar von Männern dominiert wird: #‎MerkelMussWeg‬.