Rechtsradikale und Hooligans machen in Schweden mobil gegen jugendliche Flüchtlinge

Die Rechten wollen nach Köln und der Ermordung einer libanesisch-stämmigen Sozialarbeiterin durch einen 15-jährigen Somalier angeblich die Frauen schützen, die aber teils auf Distanz gehen

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Vergangenen Freitag nutzten um die hundert schwarz maskierte Rechtsradikale die Gunst der über Flüchtlinge erregten öffentlichen Meinung und marschierten durch die Innenstadt. Der Mob, nach Polizeiangaben Fußball-Hooligans und Rechtsradikale, machten nach einem Bericht der Zeitung Aftonbladet Jagd auf ausländisch aussehende Jugendliche, was allerdings die Polizei (noch) nicht bestätigen wollte. Die Neonazi-Gruppe mit dem Namen Schwedische Widerstandsbewegung behauptete jedoch, man habe Nordafrikaner aufgemischt, die um den Hauptbahnhofherum leben.

Sie verteilten Flugblätter, in denen den "nordafrikanischen Straßenkindern, die herumstreunen … die Bestrafung, die sie verdienen", angedroht wurde: "Es reicht jetzt." Wie üblich in den rechten, ausländerfeindlichen und regierungskritischen Kreisen wird argumentiert, dass der Staat versagt habe. Das träfe womöglich hier zu, nur drei Mitglieder des Mobs wurden festgenommen, u.a. wegen Gewalt gegen Polizisten.

Zuvor waren nach dem Bekanntwerden der Gewalt in Köln Aufrufe von rechtsextremen Gruppen zur Bildung von Bürgerwehren zur Jagd auf die "Straßenkinder" lanciert worden. Die Idee kam wohl auch von der finnischen Nazi-Gruppe Soldiers of Odin. Dazu aufgerufen hatte auch die Hooligan-Gruppe Djurgårdens Fina Grabbar (DFG), der sich AIK - Firman Boys (FB) angeschlossen haben, um am Freitag den Plan in die Tat umzusetzen.

Am Samstagmorgen folgte dann eine von den rechten Schwedendemokraten organisierte Demonstration, an der auch wieder Hooligans teilnahmen. Ein starkes Polizeiaufgebot soll verhindert haben, dass aus der Demonstration Teilnehmer einer antirassistischen Protestkundgebung angegriffen wurden.

Ein womöglich traumatisierter somalischer 15-Jährige hatte am Montag zuvor aus noch ungeklärten Gründen die 22-jährige Sozialarbeiterin Alexandra Mezher mit libanesischem Migrationshintergrund in einem Heim in Mölndal bei Göteborg angegriffen und mit einem Messer tödlich verletzt. Der Täter wurde von den anderen Jugendlichen überwältigt und steht jetzt unter einer Mordanklage.

Letztes Jahr sind mehr als 160.000 Flüchtlinge nach Schweden gekommen. Die schwedische Regierung hatte gerade angekündigt, bis zu 80.000 möglichst schnell abschieben zu wollen und dazu auch die Polizei zu verstärken. In den Flüchtlingsunterkünften mehrt sich die Gewalt nach Polizeiangaben, aber es wurden auch die Angriffe auf diese mehr, mindestens zwei Dutzend wurden durch Brandanschläge 2015 zerstört, die durchaus den Verlust von Menschenleben in Kauf nehmen. Ein besonderes Problem stellen die vielen Minderjährigen, die ohne Begleitung Erwachsener nach Schweden kamen. Alleine 2015 kamen um die 35.000 jugendliche Flüchtlinge.

Schwedische Frauen begannen allerdings nach dem Bürgerwehrauftritt der Hooligans und der rechten Demo mit einer Twitterkampagne, mit der sie sich von den die Frauen angeblichen beschützenden Rechtsextremisten distanzierten: "I don't want racists to "protect" me cause they have never done it and they think they own me #inteerkvinna".

Auch die Polizei reagiert auf den Aufruf zur Gewalt seitens der Rechtsextremen. So wurde in Stockholm eine temporäre Spezialeinheit eingerichtet, die die von Bürgerwehren ausgehende Gewalt unterbinden soll, indem sie in den Straßen patrouilliert. Der Polizei schient noch unklar zu sein, ob der Mob nur ein einzelnes Ereignis war oder ob man mit einem Trend zur Radikalisierung der rechten Szene rechnen muss. Zudem versucht die Polizei die Vorfälle aufzuklären, bei denen junge Flüchtlinge angegriffen wurden. Es kehrt sich das Bild von Köln um, nur dass von den Flüchtlingen sich niemand gemeldet hat. So wertet die Polizei von Kopenhagen Videos von Überwachungskameras aus.

Die schwedische Regierung will mit Marokko verhandeln. Gegen Geld sollen Jugendliche, die keine Chance auf Asyl haben, in das Land abgeschoben werden können. In Stockholm und Göteborg würden sich 800 Jugendliche aus Marokko und anderen nordafrikanischen Ländern aufhalten, die nicht von Erwachsenen begleitet sind. Innenminister Anders Ygeman erklärte, Schweden sei auf jugendliche Flüchtlinge, die alleine kommen, nicht vorbereitet. Man müsse Unterkünfte schaffen und sich um sie kümmern.