Festnahmen wegen möglicher Anschlagplanungen in Berlin

Bei einer Großrazzia werden drei Personen festgenommen. Die Verdächtigen sollen zu einer Gruppe "mutmaßlich gewaltbereiter Islamisten" mit Kontakten zum IS gehören

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Es gehe um mögliche Anschlagsplanungen für Deutschland, "konkret in Berlin", erklärt der Pressesprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Martin Steltner. Der Springer-Boulevard mutmaßt, das ganz konkrete Ziel könnte der Berliner Alexanderplatz sein, weil "zwei der Tatverdächtigen zuletzt dort gearbeitet haben. Und das offenbar nur, um Informationen über das Anschlagsziel sammeln zu können".

Konkret verlässlich ist bislang nur die Nachricht, dass heute Morgen hunderte von Polizisten - davon allein 450 Einsatzkräfte in Berlin (SEK) -, vier Wohnungen und zwei Betriebe in Berlin sowie zwei Flüchtlingsunterkünfte, in NRW und in Niedersachsen, in einer Großrazzia durchsucht haben. Das hat zu drei Festnahmen geführt.

Bei der Beschreibung der Festgenommenen greifen die Medienberichte zum üblichen Vorbehalt. So berichtet die Tagesschau im Anriss ihrer Nachricht, dass die Polizei bei den landesweiten Razzien "drei mutmaßlich gewaltbereite Islamisten" festgenommen habe. Im Bericht selbst ist die Rede "von zwei mutmaßlich gewaltbereiten Islamisten und einer Frau".

Mit dem Zusatz, dass gegen die drei bereits Haftbefehle vorlagen. Allerdings ging ein Haftbefehl auf den Vorwurf der Urkundenfälschung (Pässe) zurück und die Frau war "international gesucht". Laut Informationen von ntv ist sie die Ehefrau des Hauptverdächtigen, gegen den ein Haftbefehl aus Algerien vorlag. Beiden werden Verbindungen zum IS nachgesagt.

Mit falschen Pässen in Flüchtlingsunterkünften

Über den Hauptverdächtigen, der dem Verfassungsschutz aufgefallen war, kam man auf die Spur einer Gruppe, vier Personen aus Algerien, die laut Berliner Polizei der dschihadistischen Szene zuzurechnen seien und im Verdacht stehen, eine "schwere staatsgefährdende Gewalttat vorzubereiten".

Alle vier Verdächtigen sind bei den heutigen Razzien angetroffen worden, teilte die Polizei mit. Einige von ihnen sollen zeitweise mit falschen Pässen in Flüchtlingsunterkünften gewohnt haben.

Konspiratives Verhalten, verräterische Fotos, Kontakte zum IS

Ermittelt und observiert wurde schon seit Wochen. Laut rbb hätten sich die Erkenntnisse um den Jahreswechsel herum verdichtet: "Demnach wollte die Gruppe in Berlin zusammenkommen, um Attentate vorzubereiten. Wie weit die Pläne bereits fortgeschritten waren, war zunächst offen."

Die Gruppe fiel durch ein besonders vorsichtiges Kommunikationsverhalten auf, das Indizien für eine konspirative Tätigkeit lieferte. Nach Angaben von Sicherheitskreisen hätten die Verdächtigen unter großer Geheimhaltung verdeckt operiert und verschlüsselt kommuniziert.

Die Gruppe habe mehrfach die Handys gewechselt und sich auch über sogenannte "Instant Messenger" verständigt, erläutert rbb Indizien zum konspirativen Verhalten.

Der Hauptverdächtige, ein 35-jähriger Mann aus Algerien, wurde in einem Erstaufnahmelager für Flüchtlinge im nordrhein-westfälischen Attendorn festgenommen. Gegen ihn lag ein Haftbefehl der algerischen Behörden vor, wegen Mitgliedschaft in einer militanten, terroristischen Gruppe. Er soll angeblich in Syrien "militärisch ausgebildet worden sein".

Über die Balkanroute eingereist

Im Herbst 2015 ist er nach Medienberichten als Flüchtling über die Balkanroute nach Deutschland eingereist, registriert wurde er in Bayern. Laut Behörden soll er auf Fotos "mit Waffen posieren".

Ein zweiter Verdächtiger wurde in der eingangs genannten Razzia in Berlin in einer Wohnung festgenommen. Nach Informationen der Welt mit Berufung auf "Sicherheitskreise" habe man bei dem Mann "mehrere Fotos gefunden", die ihn mit den Paris-Attentätern beim gemeinsamen Essen zeigen.

"Ermittlungen abwarten"

Ein dritter Verdächtiger, ebenfalls ein Algerier, der in einer Flüchtlingsunterkunft in Isernhagen bei Hannover untergebracht ist, soll regelmäßig nach Brüssel gereist sein und sich auch im berüchtigten Stadtteil Molenbeek aufgehalten haben. Laut Spiegel sei der 26-Jährige mindestens einmal dorthin gereist.

Er wurde wie ein vierter Verdächtiger nicht festgenommen, weil kein dringender Tatverdacht bestehe. Die Polizei wird in den nächsten Tagen Verhöre durchführen, heißt es. Über den vierten Verdächtigen ist nichts weiter bekannt. In Berichten ist von einem Flüchtigen die Rede.

Die Polizei habe Beweismaterial wie Kommunikationsgeräte und Unterlagen gesichert. Das werde nun erstmal geprüft, um mehr herauszufinden. "Bevor wir weitere Schlüsse ziehen können, müssen wir die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und die Auswertung der sichergestellten Objekte abwarten", teilte Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) mit.