Ruanda soll burundische Rebellen ausbilden

UNO-Expertenbericht stützt Vorwürfe des Hutu-Präsidenten Nkurunziza

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Dem UNO-Sicherheitsrat wurde gestern ein Expertenbericht vorgelegt, in dem 18 burundische Staatsangehörige angeben, im Mai und Juni 2015 zusammen mit 400 anderen Männern und Jugendlichen im ruandischen Flüchtlingslager Mahama rekrutiert und anschließend zwei Monate lang im Umgang mit Sturmgewehren und Guerillataktik ausgebildet worden zu sein. Einige erlernten zudem den Umgang mit schwereren Waffen. Unter den Ausbildern waren den Berichten nach auch ruandische Soldaten. Ziel der Ausbildung sei es, dass die Guerilla den amtierenden burundischen Präsidenten Pierre Nkurunziza - einen Hutu - stürzt. Die ruandische Außenministerin wies die Vorwürfe inzwischen als "haltlos" zurück.

Die beiden Länder Ruanda und Brundi sind sich sehr ähnlich: In beiden wird faktisch die gleiche Sprache gesprochen - die zu Amtssprachen erhobenen Dialekte Kirundi und Kinyarwanda unterscheiden sich kaum. Außerdem leben sowohl in Ruanda als auch in Burundi jeweils ungefähr 85 Prozent Hutu. 14 Prozent Tutsi und 1 Prozent Twa. Die Hutu waren traditionell Bodenbauer, die Tutsi Viehzüchter und die Twa-Pygmäen Sammler, Jäger und Töpfer. Beherrscht wurden die Gebiete bis zur Ankunft der (später von den Belgiern abgelösten) deutschen Kolonialherren von der Tutsi-Elite.

Aufgrund dieser Herrschaftskonstellation und aufgrund der physiognomischen und kulturellen Unterschiede glaubten Missionare und Verwalter während der Kolonialzeit, dass die Vorfahren der Tutsi in vorgeschichtlicher Zeit aus dem Norden einwanderten und die Hutu unterwarfen. Als man später feststellte, dass Unterschiede im Körperbau stark von der Ernährung abhängen, verwarf man diese Hamitentheorie und führte die Unähnlichkeiten vor allem auf den hohen Milchkonsum der viehzüchtenden Tutsi zurück.

Erst in den 2000er und 2010er Jahren fanden Humangenetiker heraus, dass die Tutsi deutlich mehr mit ostafrikanischen Hirtenvölkern verwandt sind als die Hutu und die Twa. Die Haplogruppe E1b1b, die sich bei 22,2 Prozent der Tutsi findet, kommt zum Beispiel bei den Hutu überhaupt nicht vor. Diese Daten passen zu neuen Erkenntnissen, nach denen es vor 3.000 bis 3.500 Jahren einen relativ umfassenden "eurasischen Rückfluss" nach Afrika gab, der auch eine Rolle bei der Verbreitung der Viehzucht gespielt haben könnte (vgl. Out of Afrika und zurück).

Burundi. Karte: Urutseg. Lizenz: CC0 1.0

Der Gegensatz zwischen Tutsi und Hutu bestimmte in Ruanda und Burundi die Politik seit der Unabhängigkeit. In Ruanda herrscht seit einem französischen Eingreifen nach einem Völkermord von Hutu an Tutsi seit 16 Jahren der Tutsi Paul Kagame. Ihm wurde vorgeworfen, 1994 einen Raketenangriff auf den damaligen burundischen Hutu-Präsidenten Juvénal Habyarimana befohlen zu haben und die auf dessen Tod hin folgenden "Volkszorn-Massaker" an Tutsi in Ruanda genutzt zu haben, um dort mit seiner Tutsi-Exilmiliz "Ruandische Patriotische Front" (RPF) die Macht zu übernehmen. Ein Untersuchungsbericht konnte diese Vorwürfe 2012 jedoch nicht bestätigen. Die Wahlen, mit denen er sich regelmäßig im Amt bestätigen lässt, werten Beobachter allerdings als "Farce".

Auch der burundische Präsident Pierre Nkurunziza herrscht bereits in der dritten Amtszeit - mit ähnlich bizarren Mehrheiten wie Kagame. Seit ein Putschversuch durch General Godefroid Niyombare im letzten Frühjahr scheiterte, kommt es in Burundi jedoch vermehrt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, bei denen bis jetzt über 430 Menschen ums Leben gekommen und 230.000 geflohen sein sollen. Amnesty International spricht außerdem von fünf Massengräbern, die die Organisation auf Satellitenbildern in der Nähe der Hauptstadt Bujumbura entdeckt haben will.

Zu den Gewaltakteuren in Burundi gehören derzeit unter anderem der Warlord Aloys Nzabampena (dessen Guerilla vom gescheiterten Staat Kongo aus operiert), Agathon Rwasa (ein ehemaliger Gefolgsmann Nkurunzizas) und der Putschist Niyombare, der jetzt die Rebellengruppe "Republikanische Kräfte Burundis" (Forebu) anführt. In ihr sollen zahlreiche Veteranen kämpfen, die vorher für das burundische Kontingent der Afrikanischen Union (AU) in Somalia waren - darunter ein bekannter Oberst, Jules Ndihokubwayo.

Diese Afrikanische Union wollte 5.000 Soldaten nach Burundi entsenden, was Nkurunziza strikt als"Invasion" und "Besatzung" ablehnte. Nun soll ihn eine eine Delegation davon überzeugen, dass er doch eine AU-Blauhelmtruppe akzeptiert. Burundis Außenminister Alain Aime Nyamitwe hält das für eine "Zeitverschwendung".

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