Deutsch-polnische Freundschaft am rechten Rand

Polens Rechtsextreme sind geteilter Meinung, über den Antiislamismus mit deutschen Rechten zu kooperieren, während die PiS von weiter rechts unter Druck gerät

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Sich schämen für Deutschland, das hat Tradition bei Auftritten deutscher Politiker in Warschau. Tatjana Festerling machte da am Samstag keine Ausnahme, doch schämte sich die Frontfrau der islamfeindlichen Bewegung "Pegida" nicht für die Untaten des Dritten Reichs, sondern für die aktuelle Politik der Regierung in Berlin. "Die Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Kontrolle über das Land und sich selbst verloren", erklärte Festerling via Mikrofon vor den 2000 zumeist männlichen und kurzhaarigen Zuschauer mit weißroten Fahnen.

Organisiert wurde die Veranstaltung von der rechtsextremen Partei "Nationale Bewegung" (Ruch Narodowy), die erstmals einer deutschen Stimme das Mikrofon überließ. "Wir haben einen gemeinsamen Gegner", erklärte Parteichef Robert Winnicki entschuldigend.

Tatjana Festerling hatte die Ehre bei der rechtsextremen Partei "Nationale Bewegung" aufzutreten. Bild: Ruch Narodowy

Polens Rechtsextreme sind geteilter Meinung - eine Kooperation gegen das Feindbild Islam soll auch mit deutschen Rechten eingegangen werden, auf einschlägigen Facebook-Seiten wird dies gerade heftig diskutiert. Verwiesen wird auf eine Erklärung des "Eigentümerbundes Ost", der ebenfalls Pegida unterstützt. Der Verein will "die juristische Verwirklichung der Eigentumsansprüche der Heimatvertriebenen und deren Nachfahren" umsetzen und bewegt sich somit in der Tradition der Vertriebenenverbände in der Zeit vor 1990.

Auf vielen polnischen rechten Seiten wird die einwanderungskritische Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) lobend erwähnt und kommentiert. Ein wenig unwohl schien sich die ehemalige Bürgermeisterkandidatin von Dresden, Tatjana Festerling, schon zu fühlen, als sie von einem polnischen Interviewer suggestiv erzählt bekam, dass es in Lübeck Straßen gebe, wo keine Deutschen mehr zu sehen seien, sondern nur Männer mit "schwarzem Gesicht".

Eine zweite Antiislam-Demonstration in der ehemalig deutschen Stadt Breslau (polnisch Wroclaw) für Samstag musste allerdings abgesagt werden. Dort wollte "Pegida Polska" im Rahmen der von Pegida Dresden europaweit geplanten Protestveranstaltungen erstmals auf die Straße. Doch die polnischen Islamgegner wurden von polnischen Fußballhooligans angegangen, sie würden Breslau "germanisieren" wollen und bedrohten den anonym auftretenden Verein, der bislang nur auf Facebook sichtbar ist. Die Zugehörigkeit der Stadt war in der Nachkriegszeit ideologisch zwischen Polen und der Bundesrepublik schwer umkämpft.

Robert Winnicki gibt sich weltmännischer. Er und neun weitere Rechte sind über die rechtspopulistische Partei "Kukiz15" seit Mitte November im Sejm vertreten. "Kukiz15" sowie die heute allein regierende Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) machten im vergangenen Herbst Wahlkampf gegen Flüchtlinge und die Gefahr einer Islamisierung. Ministerpräsidentin Beata Szydlo hat sich dennoch bereit erklärt, die von der Vorgängerregierung mit der EU vereinbarten 7.000 Asylsuchenden aufzunehmen. Kukiz15 strebt hingegen ein Referendum an, das durchsetzen soll, eine Aufnahme von Flüchtlingen gänzlich zu verbieten, um möglichen islamischen Anschlägen vorzubeugen (Pegida po polsku).

Aber auch die NPD hat in den Gebieten nahe Oder und Neiße ihre Strategie geändert. Plakate mit Slogans wie "Polen-Invasionen stoppen", mit denen 2009 dort die Straßen dekoriert wurden, sind Vergangenheit - das Feindbild "Flüchtling" scheint der deutschen rechtsradikalen Partei brennender.

Im Dezember haben sich Rechtsradikale und Fußballfans aus Mecklenburg-Vorpommern und ihre polnischen Konterparts in Stettin (polnisch Szczecin) getroffen, um gemeinsam für ein "freies Pommern" zu demonstrieren - der größte Teil der ehemals preußischen Provinz gehört heute zu Polen. Auch soll mittlerweile in der Region eine "deutsch-polnische Brüderschaft" gegründet worden sein,berichtet die Zeitung "Gazeta Wyborcza".

Angeheizt wird derzeit die Stimmung derzeit durch Berichte im Staatsfernsehen TVP und der Presse über Flüchtlinge, die angeblich aus Deutschland kommend in polnischen Grenzgebieten Frauen belästigt haben sollen. Polens nationalkonservative Regierung bekommt so zunehmend Druck von weiter rechts.