Niederländer könnten gegen EU-Abkommen mit Ukraine stimmen

Referendum findet am 6. April statt - Rutte und Juncker nervös

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Das Assoziierungsabkommen, dass die EU mit der Ukraine schloss, gilt als wichtige Ursache für den Umsturz im Februar 2014. Damit das von der EU-Kommission für provisorisch gültig erklärte Abkommen endgültig wirksam wird, müssen nicht nur Kiew und Brüssel, sondern auch alle 28 EU-Mitgliedsländer zustimmen. In der Niederlanden wird es dazu trotz der bereits geleisteten Unterschrift des Königs Willem-Alexander am 6. April 2016 eine Volksbefragung geben, die die Initiative GeenPeil (deren Namen man mit etwas Phantasie auch in Deutschland versteht) im letzten Herbst durchsetzte, indem sie innerhalb von sechs Wochen über 450.000 Unterschriften sammelte, von denen 428.000 als gültig gewertet wurden. Nötig gewesen wären lediglich 300.000.

In einer unter 27.000 Niederländern durchgeführten Fernsehumfrage meinten im Januar 53 Prozent der Befragten, dass sie an dem Referendum teilnehmen wollen. Weitere 17 Prozent wollten "wahrscheinlich" abstimmen und 30 Prozent am 6. April zuhause bleiben. Damit könnte die Mindestbeteiligung von 30 Prozent überschritten werden. Von den Teilnahmewilligen meinte die Hälfte, sie werde sicher gegen das Abkommen stimmen - ein weiteres Viertel tendierte zu einem "Nein".

Niederlande mit Überseegebieten. Karte: TUBS. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Danach meinte der niederländische Premierminister Mark Rutte (der vorher in Aussicht gestellt hatte, sich am Ausgang des Votums zu orientieren), er und seine wirtschaftsliberale Volkspartij voor Vrijheid en Democratie (VVD) würden erst nach dem 6. April entscheiden, was sie "mit den Ergebnissen des Referendums anfangen". Am 7. April soll es im Parlament in Den Haag eine Abstimmung geben, für die zwei Parteien - die postmaoistische Socialistische Partij und Geert Wilders Partij voor de Vrijheid (PVV) - bereits angekündigt haben, gegen den Vertrag zu stimmen.

Außerdem lockte Rutte, die Niederlande könnten durch das Abkommen "viel Geld verdienen" und es werde "keineswegs zum Beitritt der Ukraine zum einheitlichen Europa führen würde". EU-Kommissionspräsident Juncker vermied dagegen solche Versprechungen und warnte stattdessen, ein "Nein" der Niederländer könne Russland nutzen und "zu einer großen kontinentalen Krise führen".

Kurz nach dem Bekanntwerden der Umfrage erschien im Daily Telegraph ein Artikel, der sich auf Quellen aus US-Geheimdiensten berief und behauptete, Russland versuche, Einfluss auf das Referendum am 6. April zu nehmen. Die linksliberalen D66-Abgeordneten Kees Verhoeven und Sjoerd Sjoerdsma fragten daraufhin bei der niederländischen Regierung nach, ob Erkenntnisse dazu vorliegen - bislang ohne Ergebnis. In Sozialen Medien stieß die Telegraph-Behauptung eher auf Skepsis und man fragte sich, inwieweit sie nicht selbst der Versuch einer Einflußnahme von Seiten der US-Regierung ist.

Moskau würde sich wahrscheinlich tatsächlich freuen, wenn das EU-Abkommen mit der Ukraine abgelehnt wird - aber viele Niederländer haben durchaus eigene Interessen und Bedenken, die sie zu einem "Nein" bewegen: Sie glauben Rutte nicht, wenn er sagt, dass die Assoziation nicht der erste Schritt zu einer Aufnahme der Ukraine in die EU sein muss, weil sie in den letzten Jahrzehnten erlebt haben, wie sehr Brüssel um Erweiterungen bemüht ist. Sie glauben - ähnlich wie ihre britischen Nachbarn - dass die EU schon viel zu viele Kompetenzen an sich gezogen hat und sehen das Referendum als eine Ersatzabstimmung dazu an. Und sie haben Angst vor einer deutschen Hegemonie, die anderen EU-Mitgliedsländern die Folgen einer Politik aufzwängt, zu der sie ebenso wenig gefragt wurden.

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