Nahles will mehr Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge schaffen

Bild: stanjourdan/CC BY-SA 2.0

Die Arbeitsministerin will eine Aufstockung des Budgets um fast eine halbe Milliarde Euro für eine bessere Integration

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Die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Andrea Nahles (SPD), will mehr Geld für ihr Ressort. Das Budget soll im laufenden Haushaltsjahr um 450 Millionen Euro aufgestockt werden. Als Grund gibt sie die Integration von Flüchtlingen an, es gehe um die "Schaffung von 100.000 Arbeitsgelegenheiten". Das kostet ihren Schätzungen zufolge die nachgefragte Summe.

Ob das reicht, ist eine der offenen Fragen. Unstrittig sind die Kernprobleme, die sie zur Geltung bringt:

Bisher sitzen die Menschen manchmal zwölf Monate herum, ohne etwas tun zu können. Das löst auf allen Seiten Spannungen aus.

Die Spannungen präzisiert sie mit dem Hinweis auf einen Verdrängungswettbewerb, der entstehe, wenn man das Geld bei der Unterstützung der Langzeitarbeitslosen wegnehme (wobei die Ministerin bei Unterstützungszahlungen für Langzeitarbeitslose zuletzt unter starke Kritik geriet). Das würde Ängste schüren, statt sie abzubauen.

Dem will sie dadurch vorbeugen, dass sie so früh wie möglich ansetze, mit Unterstützung des Finanzministers. Der sorgt sich nach jüngsten Meldungen um zukunftsfeste Staatsfinanzen und pocht Schäuble-typisch auf Ausgabendisziplin.

Der "Tragfähigkeitsbericht", erzeugt jetzt schon wilde Schlagzeilen ("Schäuble legt griechisches Szenario für Deutschland vor"), obwohl es sich dabei lediglich um "Modellrechnungen handelt, die eine Entwicklung der Staatskassen unter der Annahme veranschaulichen, dass die bisherige Politik nicht verändert wird" (Wirtschaftswoche). Davon ist wahrscheinlich nicht auszugehen.

Nahles wird trotz des Widerstands Schäubles wahrscheinlich damit rechnen können, dass sie mehr Geld bekommt. Die schwierigere Frage wird sein, ob ihre Rechnung aufgeht, dass Flüchtlinge besser integriert werden. Nahles führt dazu ein neues Schlagwort ein: "Arbeitsgelegenheiten".

Aus den Medienberichten geht dazu nur eine Konkretisierung hervor, nämlich, dass es sich dabei um "zusätzliche Beschäftigungen für Arbeitslose etwa in Ein-Euro-Jobs" handelt. Bisher würde dies nur Hartz-IV-Empfängern angeboten.

Laut Focus gab es darauf schnelle Reaktionen von Wirtschaftsvertretern, "Gegenwind". Zitiert werden der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), der Chef der Arbeitsmarktabteilung des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) und ein Arbeitsmarktexperte vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Ihr Tenor lautet: Flüchtlinge würden mit dieser öffentlichen Förderung "vom regulären Arbeitsmarkt wegsubventioniert".

Sie (die öffentlich geförderte Arbeitsgelegenheiten, Einf. d. A.) mögen zwar kurzfristig bei der sozialen Integration hilfreich sein. Längerfristig stellen sie aber wohl kaum ein gutes Sprungbrett in den regulären Arbeitsmarkt dar.

Ronald Bachmann, Chef der Arbeitsmarktabteilung des RWI

Es gehe nicht um Beschäftigungstherapie, sondern um Qualifizierung, wird vorgebracht. Angesichts der Erfahrungsberichte von Personen, die von Deutschkursen für Flüchtlinge, also der Basisschlüsselqualifikation, erzählen, gibt es da große Lücken, die nur mit einem erheblich größeren finanziellen und personellen Aufwand zu schließen wären.

Inwieweit hier Betriebe bereit wären mit einzuspringen, ist generell noch nicht zu beurteilen, es gibt Bemühungen und erste Erfahrungsberichte ("Der Aufwand ist enorm"). Einstweilen unbeantwortet bleibt auch die Frage, welche Arbeitsperspektiven es für die schlechter qualifizierten Flüchtlinge gibt, ohne dass es zu einem Verdrängungswettbewerb im Niedriglohnbereich kommt.