Oppositionspolitiker Nawalnij zieht gegen Putin vor Gericht

Putins Schwiegersohn soll 1,75 Milliarden US-Dollar von einer staatlichen Stiftung erhalten haben

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Diese Nachricht explodierte im russischen Internet: Der oppositionelle Politiker und Blogger Alexei Nawalnij geht nun in die Offensive. Sein Vorwurf: Putins Schwiegersohn soll 1,75 Milliarden US-Dollar bekommen haben.

Die Rede ist von Kirill Schamalow, einem der Aktionäre des größten russischen Petrochemie-Konzerns "Sibur". Kirill ist Sohn von Nikolaj Schamalow, dem "Rossija Bank" - Inhaber und engem Freund von Wladimir Putin.

Gegen Putin erhebt nun Alexej Nawalnij eine Anklage (Anklageschrift), das Gericht lehnte die Klage allerdings ab, Nawalnij wird sie wohl aufrechterhalten. Als Grund wird der "Verstoß gegen das Korruptionsbekämpfungsgesetz" angegeben. Laut Nawalnij soll Putin im Oktober 2015 verordnet haben, fast 1,75 Milliarden US-Dollar aus der "Stiftung des nationalen Wohlstands" (ФНБ) dem Konzern von Kirill Schamalow zu überweisen. Schamalow ist Ehemann von Putins Tochter Katerina Tichonowa.

Bild: navalny.com

Nawalnij besteht darauf, dass es zu einem "Interessenkonflikt" komme, wenn der Präsident eines Landes seinen Schwiegersohn "sponsert" und dabei Staatsmittel "verschenkt". In seinem ans Gericht gestellten Antrag fordert Nawalnij, dass Putin sich gegen den Bau des "Westsibirischen petrochemischen Kombinates" aussprechen müsste, der zurzeit von Schamalows "Sibur" konstruiert wird.

Putins Töchter verwickelt in Korruption?

Der russische Präsident Wladimir Putin hat zwei Töchter - Maria und Katerina. Deren Leben wird geheim gehalten und auf ein paar Fotos, die es Anfang der 2000 Jahre in den Zeitungen zu sehen gab, wurden sie ausschließlich von hinten fotografiert. Seitdem leben die beiden Töchter unter falschen Namen.

Öffentliche Medien in Russland dürfen über die Familie des Präsidenten nicht berichten. Die "New Times" wagte sich jedoch an eine aufwendige Recherche und bekam eine Anzeige. Als Grund nannte der Roskomdanzor eine andere Publikation, die am gleichen Tag wie die über Putins Tochter Maria, veröffentlicht wurde. Dort ging es um den Rechten Sektor - eine in Russland verbotene Gruppierung - ohne Eingabe dieses Verbots im Bericht. Laut neuen russischen Gesetzen darf Roskomdanzor schon nach zwei Warnungen die Lizenz für jede Publikation entziehen, die das neue Gesetz verletzt. Die Chefredakteurin der "The New Times" sagte, dass es die erste Verwarnung in der Geschichte des Magazins gewesen sei.

Über Katerina Tichonowa ist wenig bekannt. Ihr Mann Krill Schamalow (33 Jahre) besitzt Aktien in Höhe von 2,85 Milliarden US-Dollar. Katerina Tichonowa ist Leiterin des Unternehmens "Innopraktika", die verschiedene Projekte zur Modernisierung der Moskauer Lomonosow - Universität koordiniert (Gesamtwert der Inventionen beträgt 110 Milliarden Rubel).

Angeblich Putins Tocher Maria (2011). Bild: New Times

Laut der "The New Times" hat Putins älteste Tochter Maria ihren Namen schon mehrmals geändert (Putina-Woronzowa-Faassen). Maria Woronzowa schloss ihr medizinisches Studium an der Moskauer Lomonosow-Universität ab. Später widmete sie sich der Endokrinologie und arbeitete am "Wissenschaftlichen Endokrinologie - Zentrum" (ЭНЦ). Vorsitzender dieses Zentrums ist Akademiker Iwan Dedow, bei dem Maria promovierte. Unter anderem ist Dedow Chefredakteur des wissenschaftlichen Magazins "Probleme der Endokrinologie", wo Maria mehrere Publikationen veröffentlichte. Frau Woronzowa wurde als angebliche Sponsorin des "Wissenschaftlichen Endokrinologie - Zentrums" genannt.

Nach Angaben der "The New Times" wurde Iwan Dedow zum Präsident der Russischen Medizinakademie als einziger Kandidat vorgeschlagen und gewählt. Sein Sohn ist nun Richter von Russland am "Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte" (EGMR). Wie die Zeitschrift berichtet, sollte das "Wissenschaftliche Endokrinologie - Zentrum" ca. 6,6 Milliarden Rubel für den "Bau eines Institutes für Kinderendokrinologie" erhalten haben. Seit 2013 kooperiert das Zentrum mit dem französischen Pharmakonzern "Sanofi Aventis". Interessanterweise wurde dieses Kooperationsmemorandum während einem Staatsbesuchs in Russland durch den französischen Präsidenten unterzeichnet.

Seit 2006 ist Maria mit niederländischem Geschäftsmann Jorrit Joost Fassen zusammen. Vor 10 Jahren fing Fassen an, für Gazprom zu arbeiten. Wann die beiden heirateten, ist bis dato nicht publik. Was das Magazin "The New Times" dennoch herausfinden konnte, ist, dass Maria Woronzowa nun den Namen "Maria Fassen" trägt und eine Tochter auf die Welt gebracht hatte. Die Zeitschrift berichtet, Maria sei eine vielseitige Person und ein großer Reisefan. Allein die Ausleihgebühr der Yacht "San Lorenzo 100", die sie gerne während ihres Studiums benutzte, kostete zwischen 35.000 und 45.000 Euro pro Woche.

Dmitrij Peskow, Pressesprecher des russischen Präsidenten, beantwortet keine Fragen bezüglich der Putin-Töchter. "Das Leben der Präsidentenfamilie wird wie üblich und bei uns traditionell nicht kommentiert", sagte Peskow. Ob Wladimir Putin etwas über die Klage von Nawalnij wüsste? "Nein", sagte Peskow lakonisch und damit war die FAQ-Liste schon durch.