Korea: Droht ein neuer Krieg?

Kim Jong-Un droht immer einmal wieder mit Atomwaffen. Bild: KCNA

Führender chinesischer Sicherheitsexperte veröffentlicht alarmierenden Kommentar in KP-Zeitung

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Chinas Führung ist angesichts der Großwetterlage in der Region offensichtlich nervös, so sehr, dass eventuell seine nuklearen Interkontinentalraketen in Alarmbereitschaft versetzt werden könnten. Südkorea und die USA reagieren auf den jüngsten Raketenstart Nordkoreas) mit militärischen mit Drohgebärden und das Parteiblatt Global Times fragt schon besorgt, ob der Krieg an Chinas Türschwelle noch gestoppt werden könne.

Interessant an dem Zeitungskommentar ist unter anderem die Position, die gegenüber dem engen Verbündeten eingenommen wird, der Nordkorea für China offiziell immer noch ist. Eine begleitende Karikatur sieht zwar vor allem die USA am Werke, die den Ostasiaten ein scharfes Süppchen anrührt, aber der Kommentator macht unmissverständlich klar, dass im Falle eines Krieges "China nicht länger ein unbelehrbares Regime auf Kosten seiner eigenen nationalen Interessen retten" würde.

Das ist eindeutig, aber durchaus riskant. Falken auf der anderen Seite könnten den Eindruck bekommen, ein etwaiger Krieg sei lokal begrenzbar. Geschrieben wurde der Beitrag von Wang Haiyun, einem führenden Mitarbeiter des dem Außenministeriums zugeordneten China Institute for International Strategic Studies.

Kim Jong-Un droht immer einmal wieder mit Atomwaffen. Bild: KCNA

Pjöngjang, so Wang weiter, müsse verständlich gemacht werden, dass alle Atombomben- und Raketentests eingestellt werden müssen, es sich internationaler Überwachung zu unterwerfen und an den Verhandlungstisch der Sechs-Parteien-Gespräche zurückzukehren habe. Für kleine und mittlere Länder könne jeder Versuch der Entwicklung von Atomwaffen zum Schutze der nationalen Sicherheit nur zu Ärger und nichts anderem führen. Es sieht fast so aus, als verlöre Beijing (Peking) langsam die Geduld mit Pjöngjang.

Auf der anderen Seite des Gelben Meeres macht man sich nicht nur wegen einer möglichen militärischen Konfrontation Sorgen, sondern fühlt sich auch angesichts des Aufmarsches an seinen Grenzen und Küsten äußerst unbehaglich. Nicht zuletzt sieht sich China von den durch die Provokation Pjöngjangs offensichtlich beschleunigten Verhandlungen zwischen Washington und Seoul bedroht, die schon bald zur Installation eines Raketenabwehrschirms in Südkorea führen könnten (Konflikt zwischen USA und China könnte sich weiter zuspitzen). Dieser würde nämlich die Fähigkeit der Volksrepublik reduzieren, einen etwaigen nuklearen Angriff der USA mit einem Gegenschlag zu beantworten.

Bei aller Kritik am Verbündeten in Pjöngjang macht der Kommentar allerdings klar, dass Beijing einen erheblichen Teil der Verantwortung für die Spannungen bei den USA liegen sieht. Es sei schwierig, die USA und Japan von ihrer militärischen Einmischung abzubringen, aber der Konflikt könne nur durch Dialog und den Abschluss eines Friedensvertrages aufgelöst werden. Formal befindet sich Nordkorea, das einen solchen Vertrag seit langem fordert, nämlich mit dem Süden und den USA noch immer im Krieg. Der Koreakrieg, der fast vier Millionen Menschen das Leben gekostet hatte, war 1953 mit einem Waffenstillstand beendet worden.

Seit langem schon pflegt China enge Wirtschaftsbeziehungen zum Antagonisten Pjöngjangs im Süden, und eigentlich spräche aus Sicht Beijings manches dafür, diese Beziehungen zu vertiefen und eine Annäherung zwischen Nord und Süd zu vermitteln. Doch die Verhältnisse sind kompliziert. In Südkoreas Hauptstadt Seoul regieren Kräfte, die wie der Norden in der Mentalität des Kalten Krieges verhaftet sind. Und 30.000 in Südkorea stationierte US-Soldaten tragen nicht gerade zur Beruhigung Chinas bei. Zumal im benachbarten Japan auch nach den geplanten oder bereits vollzogenen Verlagerungen nach Guam, Australien und Hawaii noch weitere rund 40.000 US-Truppen stationiert sein werden. Viele davon auf Okinawa, also vor der chinesischen Küste.

Seoul müsse deutliche gemacht werden, heißt es in der chinesischen KP-Zeitung, dass der Süden die volle Last eines Krieges tragen würde. Die Einbeziehung auswärtigen Militärs - gemeint ist die jüngste Verlagerung von US-Bombern nach Südkorea und Ähnliches - könne nur destruktiv wirken und Bedrohung des Nordens mit der Hilfe ausländischer Truppen würde sicherlich nicht zu einem wiedervereinigten Korea führen.

Auf jeden Fall, so der Kommentar weiter, müsse China sich auf einen Krieg auf der koreanischen Halbinsel vorbereiten. Truppen müssten an der Grenze im Norden umgruppiert, das Land auf die Aufnahme einer großen Zahl von Flüchtlingen und auf atomare Kontaminierung vorbereitet werden. Außerdem müsse mehr Gewicht auf die Überwachung der US-amerikanischen und japanischen Kriegsschiffe vor den chinesischen Küsten gelegt werden.