Explosives Endlager

Luftaufnahme des Yucca Mountain. Bild: United States Department of Energy/gemeinfrei

Die Energie- und Klimawochenschau: Trittin gegen Verstaatlichung, BUND-Chef gegen Vorteilsnahme und Schoschonen gegen von Vulkanen umrahmtes Atommüllendlager

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Der Umgang mit dem Atommüll ist auch diese Woche eines der energiepolitischen Topthemen. Inzwischen wird deutlich, wohin die Atomkommission den Zug fahren lassen will: Den Betreibern (E.on, RWE, EnBW, Vattenfall und einigen anderen) soll ein nicht unwesentlicher Teil ihrer Lasten abgenommen werden. Der Steuerzahler würde eventuell für einen Teil der Folgekosten des Atomzeitalters einspringen müssen.

Wir erinnern uns: Die Bundesregierung hatte im Oktober eine Kommission gebildet, bestehend hauptsächlich aus ehemals hochrangigen Politikern der Koalitionsparteien, die einen Vorschlag für die Finanzierung des AKW-Abrisses sowie der Zwischen- und Endlagerung des hochradioaktiven Mülls erarbeiten sollen. Deren Bericht wird nächsten Monat veröffentlicht, aber einzelne Details haben es bereits in diverse Redaktionsstuben geschafft. (vgl. Rückstellungen für Atommüllentsorgung reichen nicht)

So berichtet die Plattform finanzen.net von einem Interview des Kommissionsvorsitzenden und ehemaligen Bundesumweltministers Jürgen Trittin (Bündnis90/Die Grünen), in dem er deutlich macht, dass es keine Stiftung geben werde, da es mit diesem Modell nicht die Möglichkeit zu Nachforderungen bei Kostensteigerung gäbe.

Gedacht ist offensichtlich eher an einen Fonds, in den die Betreiber Geld und nicht etwa Aktien ihrer Unternehmen einzahlen müssten. Der Börsenwert einiger Unternehmen entspreche der Höhe der Rückstellungen, so Trittin. Eine Aktienlösung würde somit auf Verstaatlichung hinauslaufen, die nicht gewollt sein könne.

Die Rückstellungen belaufen sich inzwischen auf rund 38 Milliarden Euro. Wie bereits mehrfach erwähnt (Alt-AKW: Rückstellungen nicht insolvenzfest) sind sie in den Unternehmen nicht insolvenzfest angelegt. Mit anderen Worten: Ginge ein AKW-Betreiber zwischenzeitlich pleite, so wäre kein Kapital mehr vorhanden, um seine Verpflichtungen für Entsorgung und Endlagerung abzudecken. Der Staat könnte höchstens noch versuchen, etwas aus der Konkursmasse zu sichern (siehe auch Erläuterungen zum bilanztechnischen Charakter von Rückstellungen hier und hier).

RP-Online will nun aus den Kreisen der Kommission erfahren haben, dass die Kommission eine Summe von 18 Milliarden Euro oder etwas mehr von den Konzernen haben will. Diese sollen in einen Fonds eingezahlt werden. Der Rest des Geldes soll bei den Konzernen verbleiben. Mit der Summe sollten diese, wie bereits letzte Woche berichtet, Abriss und Entsorgung der alten AKW direkt selbst finanzieren, während der Fonds sich um ein Endlager kümmern würde.

Vorteil für Betreiber durch Rückstellungen

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisiert die bekanntgewordenen Details und fordert, dass das Verursacherprinzip durchgesetzt wird.

Die Haftung der Atomkraftwerksbetreiber für die von ihnen verursachten radioaktiven Altlasten ist nicht verhandelbar. Die Kommission darf eine unbefristete Haftung der Betreiber für den Rückbau der Atomkraftwerke und für die Atommüll-Lagerung nicht in Frage stellen oder einschränken.

Hubert Weiger, BUND-Vorsitzender

Die Vorschläge der Kommission zeigten, so Weiger, dass AKW-Betreiber am Ende nicht in der Lage seien, sämtliche Folgekosten der Atomenergienutzung zu tragen. Für Weiger ist das eine Warnung an all jene Staaten, die immer noch überlegen, neue Atomkraftwerke zu bauen.

Schockierend ist, dass für den Betrieb von Atomkraftwerken in Deutschland das Verursacherprinzip zu großen Teilen ausgehebelt werden soll. Nicht einmal den erforderlichen Risikoaufschlag sollen die Energiekonzerne in den Haftungsfonds einzahlen. Enorme finanzielle Risiken, auch was die künftige Kosten- oder Zinsentwicklung angeht, wird wohl schlussendlich der Staat tragen müssen. Auf keinen Fall dürfen die Kommissionsvorschläge so von Bundesregierung und Bundestag umgesetzt werden.

Hubert Weiger

In einer Studie zum Thema Rückstellungen kommt der BUND zu dem Ergebnis, dass es durchaus nicht gesichert sei, dass die 38 Milliarden Euro auch reichen werden. Außerdem vertritt er die Ansicht, dass die Betreiber einen erheblichen finanziellen Vorteil davon hatten, dass die Rückstellungen bisher nicht in einen externen Fonds eingezahlt werden mussten.

Von 1970 bis zum Jahre 2014 hätten sie dadurch - zu Preisen von 2014 - einen wirtschaftlichen Vorteil von 79 Milliarden Euro gehabt. Zustande kommt dieser unter anderem dadurch, dass die Bilanzierung der Rückstellung den Gewinn und damit die Steuerlast mindert, während das für spätere Ausgaben zurückgestellte Kapital im Konzern verwendet werden kann und dadurch den Kreditbedarf mindert.