Österreich: Überparteilicher Antrag zur Bargeldrettung

Nur Grüne dagegen - Aufnahme in Verfassung scheitert an Sozialdemokraten

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Fast alle Parteien im österreichischen Nationalrat - die SPÖ, die ÖVP, die FPÖ, die Neos und das Team Stronach - haben sich auf einen Entschließungsantrag zum Erhalt des Bargeldes geeinigt. Lediglich die Grünen wollten dem Antrag nicht zustimmen.

Die ÖVP hatte eigentlich eine Aufnahme des Bargelderhalts in die österreichische Verfassung gefordert, war damit aber nicht nur bei den Grünen und den Neos, sondern auch beim Koalitionspartner SPÖ auf Ablehnung gestoßen. Deren Fraktionsvorsitzender Andreas Schieder hatte gemeint, solch eine Aufnahme könne eine österreichische Regierung nicht binden, weil EU-Recht über der österreichischen Verfassung stünde.

Nun wird die Regierung stattdessen in einem Entschließungsantrag aufgefordert, sich "als Ausdruck der verfassungsgesetzlich garantierten Privatautonomie […] auf allen Ebenen der europäischen Union und der internationalen Staatengemeinschaft dafür einzusetzen, dass weiterhin der uneingeschränkte Zahlungsverkehr mit Euro-Banknoten und -Münzen durch keine Maßnahmen eingeschränkt und das Bargeld als Zahlungsmittel beibehalten wird".

Der ÖVP-Fraktionschef Reinhold Lopatka glaubt nicht, dass den Österreichern durch diesen relativ unverbindlichen Antrag ihre Ängste vor einer Bargeldabschaffung genommen wurden. Die SPÖ hat seiner Ansicht nach eine Gelegenheit verpasst, dieses Thema aus der Welt zu schaffen.

Bild: Deutsche Bundesbank

Dass dieses Thema in Österreich ein Thema ist, liegt unter anderem am Vorhaben des EZB-Chefs Mario Draghi, den von ihm als "Instrument für illegale Machenschaften" gebrandmarkten 500-Euro-Schein abzuschaffen. Der ÖVP-Staatssekretär Harald Mahrer hält genau das Gegenteil für richtig: Seiner Ansicht nach sollte man sogar einen 1000-Euro-Schein einführen, wenn der Euro eine "echte Weltwährung" sein soll. Schließlich gebe es auch 1000-Franken-Scheine, die "große Transaktionen in anderen Ländern" erleichtern.

Hinzu kommt, dass österreichische Bauunternehmer und Bauhandwerker seit dem 1. Januar Löhne und Beträge über 500 Euro nicht mehr bar auszahlen, sondern nur noch überweisen dürfen. Andernfalls sind Rechnungen nicht mehr von der Steuer absetzbar. Weil "die Masse der Rechnungen am Bau diese Schwelle übersteigt", spricht Christoph Wiesinger von der österreichischen Wirtschaftskammer von einem "faktischen Barzahlungsverbot" in einem Bereich, der mit 19 Milliarden Euro ungefähr sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet.

Inzwischen hat sich die Krone-Zeitung des Themas angenommen und eine Liste mit "fünf guten Gründen" zum Bargelderhalt veröffentlicht. An erster Stelle steht dort die "bürgerliche Freiheit", die dazu führt, dass sich die Österreicher bei 89 Prozent aller Zahlungen für diese Zahlungsmethode entscheiden. Sie sollen weiterhin die Möglichkeit haben, selbst zu wählen, wie sie etwas bezahlen möchten - und wie nicht.

An zweiter Stelle folgt die "soziale Funktion" von Bargeld: Kinder lernen den Umgang mit Geld nach Ansicht der Kronen-Zeitung nur dann, wenn sie sehen und fühlen, wie ihr greifbares Taschengeld beim Ausgeben weniger wird - und nicht, wenn mit einer "Plastikkarte" sehr viel später das böse Ende kommt.

Der dritte Punkt deutet darauf hin, dass man auch in der Redaktion der Krone die Texte der österreichischen Telepolis-Bloggerin Bettina Hammer liest: Sie war mit die erste, die darauf hinwies, dass ein Bargeldverbot auch Auswirkungen auf Trinkgelder, Spenden, das "Einlegen" beim Kirchgang und andere "kleine Aufmerksamkeiten" hätte (vgl. Tut uns leid, aber wo Ihr Geld gerade ist, ist unbekannt und Kontenabfragemöglichkeiten, Bargeldabschaffung und Registrierkassenzwang). In deutschen Medien wird dieses Problem dagegen weiter ignoriert.

An vierter Stelle warnt die wichtigste österreichische Boulevardzeitung davor, dass mit einem Bargeldverbot neue Risiken auf die Bürger zukommen: Bei jedem Zahlungsvorgang geht man nämlich auch das Risiko eines Datenverlusts oder eines Betrogenwerdens ein. Der potenzielle Schaden dabei ist - anders als beim Bargeld - nicht auf den aktuellen Börseninhalt begrenzt.

Zuletzt zitiert die Krone noch den Linzer Wirtschaftsprofessor Friedrich Schneider, der meint, wer glaubt, dass das Ende von Barzahlungen das Ende von "Korruption, Schwarzhandel und Terrorismus" bedeuten werde, der täusche sich "gewaltig". Dieser Ansicht sind auch viele andere Fachleute, die vor allem die aktuell herangezogene Terrorismusbegründung für vorgeschoben halten, um einen lange gehegten Schubladenplan zu verwirklichen.

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