Mit den Abwehrzäunen gegen die Fremden kommt das Völkische wieder

Bild: F.R.

Intellektuelle reden nicht wie Pegida oder die AfD von Lügenpresse, sondern vom Denken, befreit vom "toten Winkel der Tagesschauen", "wandernden Leibern" oder einem "Lebensverbund"

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Mit dem zunehmenden Absperren der Grenzen und der Errichtung von Zäunen sollen die Flüchtlinge abgewehrt und abgeschreckt werden. Mit dem Bau der realen und politischen Festungen, die die europäischen Staaten auch gegeneinander aufbauen, werden die Ängste der Bevölkerung vor den "wandernden Leibern", wie etwa Frank Böckelmann in der letzten Ausgabe der sächsisch-pegidahaft gewandelten Zeitschrift "Tumult" entpersonalisierend schrieb, allerdings nicht gedämpft, wie manche Politiker wahrscheinlich hoffen, die sonst eine Abwanderung zu den Rechtsnationalen fürchten, sondern vielmehr die rechtsnationalen Vorstellungen bis hin zu deren Glauben gestärkt.

Böckelmann sieht keinen "belastbaren Lebensverbund", in den die "Hergekommenen", Flüchtlinge dürfen es nicht sein, aufgenommen werden könnten. Früher nannte man das Volksgemeinschaft. Aber man denkt ja befreit vom "toten Winkel der Tagesschauen", wie man den primitiven Ausdruck der Lügenpresse poetisierend überhöht.

Wie das funktioniert, lässt sich am Wachstum der rechtsnationalen Bewegungen und Parteien, in Deutschland an der AfD, sehen, auch dort, wo wie in Bayern versucht wird, ihnen durch Nachahmung den Wind aus den Segeln zu nehmen. Durch die Aufnahme der Ideologie und die Verbreitung der Terminologie wird das rechtsnationale Gedankentum, wenn man es überhaupt Denken nennen mag, legitimiert und ganz normal - und kann dann schnell wieder überboten werden, da die um ihre Macht fürchtenden Politiker weiter Verständnis zeigen und die Ängste der Bürger aufnehmen, also die Spirale fortsetzen.

Die Gejagten sind vor allem die Konservativen, die um ihr Klientel fürchten und deren visionslose Politik vor allem in der Bewahrung der Grundlagen des angeblichen Wohlstands liegt, an dem (relativ) immer weniger teilhaben und sich daher in der Mitte die Angst vor dem Absturz und Unten die vor dem Konkurrenten auftut. Kennt man eigentlich alles, ist aber deswegen nicht weniger wahr als in den 1930er Jahren. Nur dass jetzt der Antisemitismus durch den Antiislamismus ausgewechselt wurde, was dem Rechtsnationalen Aufschwung verliehen hat, weil man ja jetzt kein Nazi mehr ist und Untergangsängste mit einer drohenden Islamisierung beschwören darf. Von Verjudung oder ähnlichem zu sprechen, ist nicht mehr schick und würde die Rechtsnationalen auch kaum als das ausweisen können, was sie mit ihrem Widerstandsgefasel als Avantgardisten auszeichnen soll.

Gestärkt wird durch die Umsetzung der rechtsnationalen Ideen von der Abschottung der Staaten, in denen es, wie mittlerweile auch manche Intellektuelle sagen, ohne rot zu werden, um die Bewahrung nicht nur einer kulturellen Identität, sondern auch um die einer nebulösen "ethnischen Substanz" gehen soll, eben die völkische Ideologie, u.a. gegen die nach dem Zweiten Weltkrieg auch die Europäische Union aufgebaut wurde , die schließlich zur Umsetzung des Schengenraums führte. Dass die Rechtsnationalen die Ablehnung der Europäischen Union bruchlos mit der Ausländerfeindlichkeit verbunden haben, braucht mithin nicht zu wundern.