Mosul im Visier des Pentagon, Cyberwar inklusive

US-Verteidigungsminister Ash Carter und General Joseph F. Dunford am Montasg bei der Vorstellung der Pläne zum Stadt- und Cyberkrieg gegen Mosul. Bild: DoD

Nach dem US-Verteidigungsminister haben die Operationen bereits begonnen, mit Cyberangriffen will man die Stadt virtuell isolieren und den IS überraschen

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US-Präsident Barack Obama kündigte letzte Woche eine schärfere Gangart gegen den IS an. Man werde das Vorgehen gegen den IS "an allen Fronten" beschleunigen. Vermutlich ist ein Gedanke, den Krieg gegen den IS bis zu den Wahlen weitgehend abgeschlossen und einen politischen Prozess in Gang gebracht zu haben. Das wäre für die außenpolitische Arbeit, die bislang kaum Erfolge vorweisen kann, ein großer Pluspunkt und könnte auch bei den Wahlen den Demokraten zugutekommen.

Seit dem russischen Eingreifen ist die US-Regierung in Syrien ins Hintertreffen geraten, letztlich hat auch Moskau die Feuerpause wesentlich durchgesetzt, nicht zuletzt terminlich. Obama betonte, dass trotz des Waffenstillstands der Islamische Staat in Syrien und im Irak täglich weiter bombardiert werde: "Die IS-Kämpfer lernen, dass sie keinen sicheren Hafen besitzen. Wir können sie überall und jederzeit treffen - und wir machen das."

Obama strich heraus, dass sowohl in Syrien als auch im Irak der IS zurückgedrängt worden sei. Man habe bereits wichtige irakische Städte wie zuletzt Ramadi wieder eingenommen, der IS habe 40 Prozent des Territoriums, das er einmal kontrollierte, wieder verloren. Zurückgedrängt wurde vor allem von den Kurden im Nordirak und in Syrien. Das ist auch der Hauptgrund, warum Washington trotz des Drucks der türkischen und saudischen Regierung an den syrischen Kurden der YPG festhält, sie auch weiter mit Luftschlägen unterstützt und sie nicht zur Terrororganisation erklärt.

Kurdischer IS-Kommandeur in der Standardpose vor der Tötung eines angeblich kurdischen YPG-Gefangenen.

Sowohl die syrischen als auch die irakischen Kurden werden für die nächsten Kämpfe gebraucht. Im Ziel stehen die IS-"Hauptstädte" Raqqa in Syrien und Mosul im Irak. Seinen Äußerungen zu entnehmen ist, dass "lokale Truppen, wohl vornehmlich die kurdischen Milizen in den SDF, Raqqa angreifen sollen, während die irakische Armee, Peschmerga-Kämpfern und wahrscheinlich schiitischen Milizen mit Unterstützung von US-Spezialeinheiten und Beratern sowie den Kampfflugzeugen und Drohnen der Anti-IS-Koalition Mosul, die zweitgrößte irakische Stadt, erobern sollen.

US-Verteidigungsminister Ash Carter und General Joseph F. Dunford am Montasg bei der Vorstellung der Pläne zum Stadt- und Cyberkrieg gegen Mosul. Bild: DoD

Im Unterschied zu den bislang eroberten Städte wie Ramadi oder Kirkuk stellen Raqqa und vor allem Mosul eine andere Dimension dar. 2011 hatte Mosul noch eine geschätzte Bevölkerung von 1,5 Millionen, jetzt sollen es, nachdem viele aus der Stadt nach der Besetzung durch den IS geflohen sind, noch mehr als 600.000 sein. Normalerweise werden die Städte isoliert, die Bevölkerung, die noch in den Städten lebt, wird aufgefordert, diese zu verlassen, dann werden die Stellungen des IS mit Artillerie und aus der Luft bombardiert. In Kirkuk oder Ramadi waren am Schluss noch ein paar hundert Kämpfer, also eine überschaubare Zahl. Zusammen mit den meist großflächig angelegten Sprengfallen und Autobombenanschlägen des IS, dessen Kämpfer in Tunnelsysteme untertauchen, bleiben die Städte nach der "Befreiung" durch diese Art des Stadtkriegs großflächig zerstört zurück.

Mosul ist schon flächenmäßig viel größer als die Städte, die jetzt vom IS und früher von al-Qaida im Irak oder anderen Aufständischen "befreit" wurden. Selbst wenn sich die Stadt tatsächlich einigermaßen hermetisch abschließen ließe und wenn vor einem Angriff noch viele Bewohner fliehen, wäre ein Stadtkampf von vielen unüberschaubaren Risiken begleitet. Um Kollateralschäden zu vermeiden, was man in Kirkuk und Ramadi kaum mehr machen musste, dürfte sich eine massive, großflächige Bombardierung verbieten. Ein Haus-zu-Haus-Kampf ist riskant und langwierig. Ihre irakische "Hauptstadt" wird der IS vermutlich entschiedener als Kirkuk oder Ramadi verteidigen.

Selbst wenn weiterhin einige tausend Kämpfer hier leben und unklar ist, wie sehr der IS in der verbliebenen Bevölkerung Rückhalt findet, ist klar, dass die Stadt nicht wirklich über lange Zeit auf ganzer Fläche gegen einen Feind verteidigt werden kann, der über eine massive und moderne Luftwaffe verfügt. Der IS wird sich also vorbereiten, das Eindringen in die Stadt möglichst schwer zu machen, beispielsweise durch Auslegen von Minen- und Bombenfeldern und durch Selbstmordattacken mit massiven Autobomben, auch mittels ferngesteuerter Fahrzeuge, er wird sich in die noch bewohnten Vierteln zurückziehen und so weit es geht, sich durch Anlegen von Tunnels, Bunkern und verdeckten Übergängen der Beobachtung aus der Luft entziehen.

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