Taliban dringen in Bezirkshauptstadt Chanaschin vor

Bezirke der Provinz Helmand. Karte: Public Domain

Große Teile der Provinz Helmand in der Hand der Islamisten

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Taliban-Kämpfer drangen in der Nacht zum Dienstag in das Zentrum von Chanaschin, der Hauptstadt des gleichnamigen Bezirks vor, in dem 17.333 Menschen leben. Das meldete heute das Provinzratsmitglied Mirsa Hussain Alizada. Dem Gouverneurssprecher Amar Zwak nach wird in dem Bezirk noch gekämpft.

Im letzten Jahr hatten die Taliban die Helmander Bezirke Dischu, Baghran, Nawzad und Musa Qala vollständig unter ihre Kontrolle gebracht und dabei mehrere Tausend Polizisten und Soldaten getötet. Sangin, Kajaki, Nad Ali, Nawa-i Baraksaji, Garmsir und Waschir beherrschen die Islamisten teilweise. Ihre Frühjahrsoffensive 2016 begannen sie am 8. März mit Selbstmordattacken auf die Polizeiwache, den Sitz des Bezirksgouverneurs und andere staatliche Einrichtungen in Girischk, der Hauptstadt des 97 Dörfer umfassenden Bezirks Nahri Saraj.

Dort und in Baghran, Nawzad und Musa Qala, Chanaschin, Nawa-i Baraksaji und Waschir leben fast ausschließlich Paschtunen. Im Südbezirk Dischu gibt es dagegen eine etwa ein Fünftel der Einwohner starke Minderheit von Belutschen, in Nad Ali etwa zehn Prozent Turkmenen und Hazara und in Sangin ungefähr ein Prozent Dari- und Arabischsprecher.

Daneben kontrollieren die Taliban derzeit in der Provinz Dschuzdschan das Gebiet um Khamyab an der Grenze zu Turkmenistan, den Bezirk Baharak in der Provinz Badachschan, die Nordosthälfte der Provinz Kunduz (inklusive der Hälfte der Grenze zu Tadschikistan), die Bezirke Ghorak und Shobarak in der Provinz Kandahar, den Bezirk Jawand in der Provinz Baghdis, den Bezirk Kohistan in der Provinz Faryab, den Nordwesten des Bezirks Chaghcharan in der Provinz Ghor, die Bezirke Khaki Safed, Pusht Rod, Bala Buluk, Gulistan und Pur Chaman in der Provinz Farah und den Westen des Bezirks Shahidi Hassas in der Provinz Urusgan.

Erbfolgekrieg in Herat

In der westafghanischen Provinz Herat, wo die Paschtunen mit etwa zehn Prozent der Bevölkerung gegenüber 85 Prozent Tadschiken in der Minderheit sind, kämpfen zwei verfeindete Taliban-Warlords gegeneinander: Kommandant Samad (der sich zum möglicherweise toten Mullah-Omar-Nachfolger Akhtar Mansur bekannte) und Mullah Nangiali (der zu Muhammad Rasul hält, dem ehemaligen Taliban-Gouverneur der Südwestprovinz Nimrus). Letzte Woche sollen bei diesem Erbfolgekrieg in der Ortschaft Zirkoh im Shindand-Bezirk nach Angaben des Gouverneurssprechers Jailani Farhad neben ungefähr 200 Taliban auch Unbeteiligte getötet und deren Häuser geplündert worden sein.

Operation gegen den IS in Nangarhar

In den Provinzen Nangarhar (wo eine arabische Minderheit lebt) und Kunar sollen 1.000 bis 3.000 Kämpfer dem syrisch-irakischen Terrorkalifen Abu Bakr al-Bagdadi die Treue geschworen haben (vgl. Afghanistan: Kalifatsterroristen gegen Taliban). Im Januar und Februar 2016 führten US-Truppen in der in Nangarhar gelegenen Region Tora Bora deshalb eine mehrwöchige Operation mit Razzien und Luftschlägen durch, bei der über 100 IS-Anhänger ausgeschaltet worden sein sollen. Alleine beim Bombardement des örtlichen Radiosenders der Gruppe kamen dem Nachrichtensender CNN zufolge 29 Terroristen ums Leben, bei einem Drohnenangriff auf Pekha Khwar weitere 25.

Kurz darauf säuberten afghanische Regierungssoldaten, Polizisten und Paramilitärs mit US-Luftunterstützung die Bezirke Achin und Schinwar , in denen der IS am stärksten war, wobei sie nach eigenen Angaben mindestens 200 IS-Terroristen töteten und große Mengen an Waffen und Munition beschlagnahmten. In Helmand und Farah soll der örtliche IS allerdings noch unbesiegt sein.

NATO-Sprecher: 25.000 neue Soldaten nötig

NATO-Sprecher Wilson Shoffner geht aktuell davon aus, dass die Mitgliedsländer etwa 25.000 neue Soldaten entsenden müssen, wenn sie die Taliban wieder zurückdrängen wollen. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg traf sich deshalb am Dienstag in Kabul mit dem afghanischen Präsidenten Ashraf Ghani. Nach diesem Treffen stellte er in einer Pressekonferenz keine regulären NATO-Soldaten, aber Ausbilder und weitere Finanzhilfen in Aussicht.

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