Anschläge in Brüssel: Die Fakten des Staatsanwalts

Der ermittelnde Bundesstaatsanwalt Van Leeuw nennt die Brüder El Bakraoui als identifizierte Täter. Einer soll auf einem im Müll gefundenen Rechner einen Abschiedsbrief hinterlassen haben

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Nachdem Medien zuvor zurückrudern mussten, weil die Nachricht von der Festnahme des mutmaßlichen dritten Mannes, Najjim Laachraoui nicht stimmte, eröffnete der belgische Bundesstaatsanwalt Frédéric Van Leeuw seine Pressekonferenz heute Mittag damit, dass er "nur bestätigte Fakten" mitteilen werde und nichts über die laufende Fahndung.

Die Fakten waren zum Teil eigenartig. So zum Beispiel der Computer, der von Ermittlern in einem Mülleimer auf der Straße gefunden wurde, mit dem "Testament" (Van Leeuw) eines der mutmaßlichen Täter. Der Rechner im Müll sei im Rahmen einer Durchsuchung im Brüsseler Stadtteil Schaerbeck entdeckt worden, so der Staatsanwalt.

Dort waren gestern in einer Wohnung laut Staatsanwaltschaft "15 Kilogramm Sprengstoff, Nägel, Wasserstoffperoxid und Aceton" gefunden worden, die zur Herstellung einer Bombe taugen. Das weitere Areal zur Wohnung wurde ebenfalls untersucht und dabei wurde der Rechner in einem Mülleimer entdeckt.

Darauf fand sich dann das Abschiedsschreiben von Ibrahim El Bakraoui, aus dem Ausschnitte zitiert wurden: Dass er in Eile sei, gehetzt, dass er nicht mehr wisse, was er machen soll, da er überall gesucht werde und dass er sich nicht in einer Nachbarzelle von Salah Abdeslam sehen wolle. Von Märtyrern des IS würde man ein anderes Abschiedsschreiben erwarten.

Keine Feuerwaffen am Flughafen

So schilderte der Staatsanwalt das Brüderpaar Ibrahim und Khalid El Bakraoui auch als Kriminelle, nicht als IS-Mitglieder. Beide wurden als Selbstmordattentäter identifiziert. Fingerabdrücke von Ibrahim weisen ihn demnach als den Attentäter auf dem Flughafen aus, Khalid soll die Bombe in der U-Bahn gezündet haben. Beide Brüder seien polizeibekannt, mit einem schweren Vorstrafenregister, das sich durch Waffengebrauch auszeichne. Der Staatsanwalt stellte heraus, dass die beiden für die Versorgung der Terroristen mit Waffen und Munition eine Schlüsselrolle spielten.

Im Gegensatz zu anderen Meldungen und zum Bekennerschreiben des IS konstatierte Van Leeuw, dass keine Feuerwaffen am Flughafen entdeckt worden seien. Medien hatten zuvor Augenzeugen erwähnt, die von Schüssen sprachen und der Propagandaarm des IS hatte in einer Meldung ebenfalls von Schüssen geschrieben.

Die Explosionen am Flughafen hätten noch schlimmer ausfallen können, da eine dritte Bombe nicht mit den beiden anderen explodiert sei - laut Staatsanwalt gab es in der Abflughalle eine Explosion um 7 Uhr 58 und 35 Sekunden später eine zweite an einem anderen Ort der Abflughalle. Die dritte Bombe, in der größten Tasche verborgen, sei erst später explodiert, als die Halle evakuiert war und nur Bombenspezialisten vor Ort waren. Sie sei aber nicht absichtlich gezündet worden.

Geht es nach Medienberichten, die sich auf Aussagen einer Taxi-Ruf-Zentrale stützen, so hatten die Attentäter für den Weg zum Flughafen ein größeres Taxi bestellt, als sie dann bekamen. Ihr Wunsch sei nicht richtig verstanden worden. Da kein Platz im Auto für eine weitere Tasche war, ließen sie eine größere Bombe in ihrem Appartement zurück.

Der Staatsanwalt bestätigte die Geschichte soweit, dass auch er von der Taxifahrt der drei Verdächtigen zum Flughafen sprach und davon, dass in der Wohnung in Schaerbeck noch viel mehr Sprengmaterial gefunden wurde.

Der dritte Verdächtige, so Van Lieuw, der Mann ganz rechts auf dem Fahndungsfoto, sei auf der Flucht. Zu dessen Identität sagte Van Lieuw nichts. Der Mann links sei noch nicht identifiziert. Bei dem Mann in der Mitte handele es sich um Ibrahim El Bakraoui.