Muslime und Islam: Schlimmer als Krebs und Kokain

In der Berichterstattung überwiegt die negative Darstellung

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Schon seit Jahren steht der Vorwurf im Raum, Muslime sowie der Islam im Allgemeinen würden medial in einem besonders schlechten Licht dargestellt werden. Empirisch wurde dieser Kritik allerdings kaum nachgegangen. Oft war es mehr ein Gefühl, eine alltägliche Wahrnehmung, die man dank reißerischer Schlagzeilen und Panik machenden Talkshows immer wieder bestätigt sah. Eine im letzten Jahr veröffentlichte Studie macht nun allerdings deutlich, dass die Vorwürfe nicht aus der Luft gegriffen sind. Der Islam, so lässt die Berichterstattung führender Medien schlussfolgern, ist etwas Schlimmes - schlimmer etwa als Krebs, Kokain und andere negative Dinge.

416 Labs, eine in Kanada ansässige Beratungsfirma, analysierte in diesem Kontext die Berichterstattung der New York Times, dem Flaggschiff des US-amerikanischen Journalismus. Ein weiterer Grund für die Auswahl der Times war die Tatsache, dass alle Artikel der letzten Jahre im Archiv frei zugänglich sind, während dies etwa bei anderen bekannten Blättern, etwa der Washington Post, nicht der Fall ist. Untersucht wurde die Berichterstattung vom Zeitraum 1990 bis 2014. Insgesamt wurden über 2,6 Millionen Titelzeilen quantitativ analysiert.

Dabei wurde nicht nur die Annahme bestätigt, dass der Islam negativ dargestellt wird. Vielmehr wurde auch deutlich, dass diese negative Darstellung auch anderen Themen gegenüber eindeutig überwiegt. So ist der Islam etwa in 57 Prozent der untersuchten Überschriften negativ konnotiert, was damit selbst die Darstellung von Krebs (34 Prozent) und Kokain (37 Prozent) in den Schatten stellt. In diesem Kontext fokussierte sich die Studie speziell auf Begriffe, mit denen man Negatives assoziiert.

"Unsere Studie hat eindeutig gezeigt, dass die angewandte Sprache in Bezug auf den Islam und seine Anhänger besonders negativ ist. Ein durchschnittlicher Leser, der dem über mehrere Jahre hinweg ausgesetzt ist, könnte dadurch sehr wohl den Eindruck haben, dass der Islam tatsächlich schlimmer sei als Krebs", meint etwa Owais Arshad, einer der Autoren der Studie.

Ein weiterer wichtiger Punkt war der Vergleich mit den zwei anderen abrahamitischen Religionen: Christentum und Judentum. Auch in diesem Fall fiel das Ergebnis eindeutig aus. Im Durchschnitt wurden beide um zwanzig Prozent positiver dargestellt als der Islam.

Nichts Neues im Westen

Erwähnenswert ist auch die Tatsache, dass der Islam und Muslime nicht etwa erst seit 2001 im Fokus der Medien stehen, sondern dies auch in den Jahren zuvor schon der Fall war. Hauptgrund hierfür ist, wie auch in der Studie ausgeführt wird, unter anderem die Tatsache, dass mit dem Fall des Eisernen Vorhanges ein langjähriger Feind des US-amerikanischen Imperiums wegfiel und somit ein neues ideologisches Ziel in Form des Islams ausgemacht werden musste.

Einschlägige Ereignisse sorgten lediglich für einen Anstieg der negativen Islam-Berichterstattung. 2014 wurde der Islam etwa durchschnittlich in 5,4 Überschriften am Tag erwähnt, was einen Anstieg von ungefähr 1.000 Prozent im Vergleich zum Vorjahr darstellte. Als Grund hierfür wird unter anderem der Aufstieg des sogenannten Islamischen Staates (IS) in Irak und Syrien genannt.

Ebenfalls erwähnenswert sind jene Begriffe, die in der Berichterstattung am häufigsten in Erscheinung treten und deshalb von der breiten Masse mittlerweile mit dem Islam und Muslimen assoziiert werden: "Rebellen" und "militant". Auch die restlichen 23 Wörter, die in diesem Zusammenhang genannt werden, haben eine negative Konnotation.

Das Ergebnis der Studie ist nicht überraschend. "Als wir mit unserer Arbeit begannen, dachten wir keineswegs, dass eine negative Islam-Berichterstattung der New York Times ein überraschendes Ergebnis darstellen würde", meint etwa Usaid Siddiqui von 416 Labs.