Islands Regierungschef tritt zurück

Das erste Opfer der Panama Papers, die isländische Regierungskoalition, will Neuwahlen vermeiden, bei denen die Piratenpartei vermutlich stärkste Partei werden würde

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Die Panama Papers haben ihr erstes Opfer gefunden. Gestern noch erklärte der isländische Regierungschef Sigmundur David Gunnlaugsson , er würde wegen seiner Verwicklung in eine von ihm gegründete und für einen Dollar an seine Frau verkaufte Briefkastenfirma auf den britischen Jungferninseln nicht zurücktreten. Es sei alles in Ordnung, entschuldigen müsse er sich lediglich für sein Verhalten bei dem Interview. Während des gefilmten Interviews brach er dieses ab und ging davon, als er nach der Briefkastenfirma gefragt wurde und ins Stottern kam.

Die Firma ist Gläubigerin bei drei Banken, die zu Beginn der Finanzkrise pleite gegangen sind. Dabei geht es um 3,6 Millionen Euro. Gunnlaugsson war als Regierungschef gleichzeitig an Verhandlungen der Gläubiger über die Entschädigung bei den Banken beteiligt, ohne die eigenen familiären Interessen jemals erwähnt zu haben.

Gestern protestierten einige tausend Menschen vor dem Parlament. Sie forderten den Rücktritt des Regierungschefs, der sein Amt 2013 angetreten hat und Chef der rechten Fortschrittspartei ist, und Neuwahlen. Auch zwei Minister aus der Unabhängigkeitspartei, die mit der Fortschrittspartei die Regierungskoalition bildet, haben nach den Panama Papers Briefkastenfirmen betrieben.

Heute drohte er dem Koalitionspartner die Auflösung des Parlaments und Neuwahlen an, wenn sie die gemeinsame Regierungspolitik nicht weiter unterstütze. Tatsächlich hat er den isländischen Präsidenten Ólafur Ragnar Grímsson am Nachmittag darum gebeten, das Parlament aufzulösen. Der aber wies das Ansinnen zurück, mit dem Gunnlaugsson einen Rücktritt vermieden hätte. Den hat er dann doch kurz darauf vollzogen, um erst einmal Neuwahlen zu vermeiden. Er bleibt aber der Vorsitzende der Fortschrittspartei, der neue Regierungschef wird der amtierende Landwirtschafts- und Fischereiminister Sigurður Ingi Jóhannsson, ebenfalls von der Fortschrittspartei.

Die Regierungskoalition will möglichst Neuwahlen umgehen. Nach den neuesten Umfragen würden sie eine erneute Regierungsmehrheit weit verfehlen. Die stärkste Partei würde die Piratenpartei werden (Island: Piratenpartei könnte zur stärksten Partei werden).