Brexit!

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Das Vereinigte Königreich verlässt die EU

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Nach Auszählung von über 90 Prozent der Wahlbezirke sind alle drei großen britischen Sender - BBC, Sky und ITV - zum Ergebnis gekommen, dass die Befürworter eines Ausstiegs aus der Europäischen Union uneinholbar vorne liegen. Bei einer Wahlbeteiligung von über 70 Prozent siegten sie voraussichtlich mit knapp 52 Prozent. Viele der Wähler hatten ihre Stimmzettel mit eigenen mitgebrachten Stiften ausgefüllt, nachdem gestern Gerüchte über ein angebliches Fälschungskomplott des Geheimdiensts MI5 die Runde machten.

Für einen Brexit hatten sich unter anderem der der House-of-Cards-BBC-Original-Autor Michael Dobbs, der Komiker John Cleese (der beklagte, im heutigen Klima der Politischen Korrektheit wären seine alten Monty-Python's-Scherze nicht mehr möglich), der aus Filmen wie Get Carter bekannte Schauspieler Michael Caine und der Who-Sänger Roger Daltrey ausgesprochen. Außerhalb des Vereinigten Königreichs gaben sich beispielsweise der Wikileaks-Gründer Julian Assange (der immer noch auf exterritorialem Gelände in der Londoner Botschaft von Ecuador haust) und der deutsche Europapolitiker Martin Sonneborn als Brexit Befürworter.

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Für einen Verbleib in der EU hatten neben Premierminister David Cameron Promis wie Victoria und David Beckham, die Zeitung der Kommunistischen Partei Chinas, die US-Regierung und fast alle EU-Politiker geworben. Dass EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker dabei in Zusammenhang mit dem Referendum von "Deserteuren" sprach, könnte bei manchen Briten möglicherweise nicht gut angekommen sein.

Referendumsausgang könnte neue Referenden auslösen

Nun erwarten viele Beobachter, dass Cameron sein Amt an seinen innerparteilichen Konkurrenten Boris Johnson abgeben muss, der das Lager der Austrittsbefürworter neben dem UKIP-Vorsitzenden Nigel Farage angeführt hatte (vgl. Boris Johnson für Brexit). In Schottland, wo eine Mehrheit für einen Verbleib stimmte, hat Regionalregierungschefin Nicola Sturgeon bereits ein neues Unabhängigkeitsreferendum von Großbritannien in Aussicht gestellt. In Nordirland drängen die katholischen Parteien auf eine solche Volksabstimmung, die einen Wiederanschluss des Gebiets an die EU ermöglichen würde (vgl. Wie ein Brexit ablaufen könnte).

In anderen EU-Ländern dürfte der Brexit Forderungen nach eigenen Ausstiegsreferenden verstärken: Bereits am letzten Wochenende hatten Politiker der ENF-Fraktion im Europaparlament solche Volksabstimmungen für alle Länder gefordert (vgl. Henkel fordert Dexit-Referendum ...). Geert Wilders, der Vorsitzende der niederländischen PVV, hat bereits eine entsprechende Kampagne angekündigt. Er verweist auf Schätzungen, denen zufolge das niederländische Wirtschaftswachstum nach einem Ausstieg um zehn Prozent zunehmen könnte und strebt nach eigenen Worten eine "europäische Freihandelszone ohne politischen Verbund" an.

In Deutschland befürworten unter anderem der ALFA-Europaabgeordnete und ehemalige BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel und die stellvertretende AfD-Bundesvorsitzende Beatrix von Storch Volksabstimmungen über die EU-Mitgliedschaft. Von Storch meinte dazu, eine "breite öffentliche Debatte" über einen EU-Ausstieg Deutschlands sei "längst überfällig".

Pfund und Euro

Das britische Pfund, das die "Finanzmärkte" gestern in Erwartung eines Verbleibs des UK in der EU auf einen Jahresrekord hochspekuliert hatten, sank heute früh auf den tiefsten Stand seit 1985. Wie sich die Entscheidung längerfristig auswirkt, wird sich erst später zeigen. Thorsten Polleit, der Präsident des Ludwig von Mises Instituts und Chefvolkswirt der Degussa, erwartet, dass sich die Lage wieder beruhigt, weil "weder der Finanzplatz London noch die Liquiditätsversorgung der britischen Banken dauerhaft gefährdet" seien.

Das "wirkliche Risiko" betrifft seiner Ansicht nach die Eurozone, wo es zu einer "verstärkten Kapitalflucht aus den schwachen Euroländern" und in deren Folge zu einem "deutlichen Anstiegen der Target-2-Salden" kommen könnte. Ursache dafür ist seinen Worten nach, dass der Euro "ein durch und durch politisiertes ungedecktes Papiergeld" ist, "dessen Überleben von der Unterstützung unterschiedlicher Nationen abhängt."

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