Breite Front für eine neue NATO

Bundeskanzlerin Angela Merkel plädiert in Regierungserklärung für Reform des Militärbündnisses

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich in ihrer Regierungserklärung zum bevorstehenden NATO-Gipfel am 3. und 4. April in Baden-Baden, Strasbourg und Kehl für eine Reform des transatlantischen Militärbündnisses ausgesprochen.

Merkel plädierte erneut für ihr Konzept der so genannten vernetzten Sicherheit. Die NATO würde in diesem Fall nicht nur militärisch agieren, sondern auch über Instrumente der Entwicklungshilfe. Zivile Akteure, so Merkel, würden künftig eine größere Rolle bei der Durchsetzung der NATO-Ziele spielen, zu denen sie auch „unsere Energieversorgung“ zählte. Die Einbindung ziviler Akteure sei ebenso wie die Orientierung auf militärische Einsätze außerhalb des NATO-Raums nötig, um die Struktur und Grundsätze der Allianz an die „operative Realität“ anzupassen.

Zugleich wehrte sich die CDU-Politikerin gegen die Forderung aus den USA, mehr militärische Kräfte nach Afghanistan zu entsenden. Das deutsche Engagement am Hindukusch werde sie bei den Gesprächen mit US-Vertretern Anfang April „mit allem Nachdruck darlegen“, so Merkel. Die Bundesregierung erwarte zudem, dass die neue US-Staatsführung unter Präsident Barack Obama ihre Reformkonzepte für Afghanistan erklärt. Merkel widersprach einer sicherheitspolitischen Gleichsetzung von Afghanistan und Pakistan, wie sie von den USA vorgenommen wird.

Kritik übte die Bundeskanzlerin auch an der russischen Regierung. Zwar gebe es gleiche Interessen zwischen Moskau und den Staaten der westlichen Militärallianz. Jedoch müsse der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedew seinen Worten Taten folgen lassen. Es gehe um „gelebte Regeln“, nicht nur um „geschrieben Regeln“. Als Negativbeispiel führte sie die russische Unterstützung für die Region Transnistrien an, die sich von Moldawien lossagen will.

Während der Rede des CSU-Abgeordneten Peter Ramsauer nutzten Mitglieder der Linkspartei eine Nachfrage ihrer Abgeordneten Heike Hänsel für eine Protestaktion. Hänsel hatte darauf hingewiesen, dass in Frankreich vor dem NATO-Gipfel unter anderen verboten wurde, Friedensfahnen in die Fester zu hängen. Dies, so Hänsel, sei ein krasser Widerspruch zu der These, dass die NATO westliche Werte wie Demokratie und Meinungsfreiheit verteidige. Die Abgeordneten ihrer Fraktion packten daraufhin bunte Fahnen mit dem Aufdruck „Pace“ (Frieden) aus und hielten Plakate mit dem Aufdruck „No NATO. No WAR“ hoch. „Jetzt räumen Sie erst einmal diese Klamotten weg“, forderte Parlamentspräsident Norbert Lammert die Linksabgeordneten auf, um Hänsel daraufhin einen Ordnungsruf zu erteilen. Solche „Mätzchen“, fügte der Christdemokrat an, hätten mit Parlamentarismus nichts zu tun. Zuvor hatte Linksfraktionschef Lafontaine die NATO als „Expansionsbündnis mit völkerrechtswidrigen Kriegen“ bezeichnet.

Am Vorabend der Debatte im Bundestag hatte auf einer Veranstaltung in Berlin bereits der stellvertretende Leiter der politischen Abteilung der US-Botschaft, Stanley Otto, für ein neues strategisches Bündnis zwischen den USA und den übrigen NATO-Partnern plädiert. Bei der Debatte auf Einladung des Parlamentarischen Forum Europas Zukunft sprach Otto von einer „neuen Ära“ in den transatlantischen Beziehungen. In Afghanistan gehe es neben der militärischen Unterstützung auch darum, die bessere Koordinierung zwischen den NATO-Kräften zu erreichen und eine Exit-Strategie zu entwickeln. Ziel sei, so Otto, eine „Afghanisierung der Sicherheit“.