Berlusconi will das "nutzlose" Parlament entmachten

Dem Unternehmerverband Confindustria sagte der italienische Ministerpräsident, dass er das Land wie ein Unternehmen führen könne, aber vom Parlament behindert werde.

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Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi ist der Überzeugung, noch zu wenig Macht zu haben und vom Parlament nur behindert zu werden. Wie eine Demokratie unter einem selbstherrlichen Regierungschef nach und nach unterhöhlt werden kann, führt der eitle Berlusconi, der sich auch gerne mit jungen Frauen umgibt (Die Minderjährige, junge Frauen und Il Cavaliere), seit Jahren erstaunlich unangefochten in Italien vor. Auch die übrigen europäischen Regierungen scheinen dem Treiben nur zuzuschauen.

Höhepunkt seiner Kampagne zum eigenen Machtausbau war nach der Bildung der neuen, auf ihn zugeschnittenen Partei (Berlusconi zimmert sich Rechtspartei) nun gestern die Ankündigung Berlusconis auf dem Treffen des Unternehmerverbandes Confindustria, die Rechte des Parlaments zu beschneiden. Zuvor hatte der Ministerpräsident, der in Dauerfehde mit der italienischen Rechtsprechung liegt und schon mal Gesetze verändern ließ, um nicht belangt werden zu können, die Gerichte kritisiert, nachdem der britische Rechtsanwalt David Mills zu viereinhalb Jahren Gefängnisstrafe verurteilt worden war, weil er zugunsten von Berlusconi "Falschaussagen" gemacht hatte. Berlusconi ärgerte, dass das Urteil kurz vor den Europawahlen gefällt wurde. Das sei "skandalös"; den Richter bezeichnete er als "militanten Linksextremisten".

Der Unternehmervereinigung erzählte er unter Beifall, dass das Parlament "modernisiert" werden müsse. Jetzt sei es "nutzlos". Die Vorsitzende des Unternehmerverbandes habe ihn gebeten, mit der Mehrheit im Parlament Reformen durchzuführen. Aber das gelinge nicht, sagte er, weil man mit unendlichen Schwierigkeiten und einer sich widersetzenden Bürokratie konfrontiert sei. Der Ministerpräsident sei aufgrund der postfaschistischen Verfassung machtlos, die alle Macht dem Parlament gegeben habe.

Er habe sich immer als "Revolutionär" verstanden, "Revolutionen sind besser als Reformen". Das soll jetzt auch das Parlament zu spüren bekommen, nachdem Berlusconi bereits 2005 damit gescheitert war, sich mehr Macht zuzuschanzen. Da das Parlament sich wohl nicht selbst entmachten und die Zahl der Abgeordneten reduzieren würde, setzt der Ministerpräsident auf einen Gesetzesvorschlag, der durch einen Bürgerentscheid ins Parlament eingebracht wird, wozu 500.000 Stimmen notwendig wären. Berlusconi meint denn auch, er sei geeignet, den Staat Italien wie ein Unternehmen zu führen. Da würde ein Parlament doch nur stören:

Sie haben eine Regierung, die erstmals von einem Unternehmer und einem Team von Ministern geführt wird und die einem Unternehmensvorstand in ihrer Effizienz ähnelt. Aber wir müssen uns auf eine Legislative stützen, die modernisiert werden muss, weil der Ministerpräsident praktisch machtlos ist.

Silvio Berlusconi

Dario Franceschini, der Vorsitzende der oppositionellen, aber schwachen Demokratischen Partei, sagte, dass die Äußerungen Berlusconis alarmierend seien. Es gehe nicht mehr nur um Interessenkonflikte und die Kontrolle der Fernsehsender: "Berlusconi will alles übernehmen." Er orientiere sich an den Vorbildern der früheren Sowjetrepubliken wie Turkmenistan oder Usbekistan und verhalte sich wie Napoleon, der über dem Gesetz und der Moral stand. Etwas leiser meldete sich Gianfranco Fini, der mit seiner Allianza Nazionale der Berlusconi-Partei "Volk der Freiheit" beigetreten und gegenwärtig Präsident der Abgeordnetenkammer ist, und sagte, das Parlament sei "weder nutzlos noch kontraproduktiv" und müsse die Regierung kontrollieren.