Ist Bahnfahren wirklich umweltfreundlicher als fliegen?

Um die Klima- und Umweltbelastung von Transportmitteln zu erfassen, müssen auch Herstellung oder Infrastruktur berücksichtigt werden - das Auto kommt nach einer US-Studie dennoch mit Abstand am schlechtesten weg.

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Der Personenverkehr verbraucht in den USA 20 Prozent der Energie, weltweit dürften es 5 Prozent sein. Entsprechend hoch ist der Anteil an den Treibhausgasemissionen. Da bislang der Energieverbrauch und die CO2-Emissionen der Autos, Züge und Flugzeuge meist nur für den Betrieb bei der Fahrt, nicht aber für Herstellung, Wartung und die notwendige Infrastruktur (Straßen, Gleise, Bahnhöfe, Flugplätze, Landebahnen etc.) sowie die inaktiven Zeiten berechnet wurden, liegen die bekannten Werte zu niedrig. Wissenschaftler der University of California haben nun in einer Studie, die in den Environmental Research Letters veröffentlicht wurde, ein Modell geschaffen, um die gesamten Belastungen von der Gewinnung der Rohstoffe über die Herstellung und den Betrieb bis hin zur Infrastruktur und zum Treibstoff zu erfassen.

In ihrer Studie haben die Wissenschaftler versucht, die Umweltbelastung des Personentransports, standardisiert nach zurückgelegtem Kilometer pro Passagier, für die USA abzuschätzen, sie gehen aber davon aus, dass ihr Modell auch in anderen Ländern anwendbar wäre. Zur Repräsentation der Personenfahrzeuge wurden drei Auto- und zwei Bustypen mit ihren typischen Verbrauchswerten zugrunde gelegt. Für den mit 83 Prozent in den USA überwiegend in Städten stattfindenden Zugverkehr wurden Nahverkehrssysteme in Boston und San Francisco verwendet, für den Flugverkehr ein kleiner, mittlerer und großer Flugzeugtyp. Auch die Lebensdauer der Transportmittel wurde berücksichtigt, nicht aber die Belastungen durch die Verschrottung, weil es hierzu keine verlässlichen und verallgemeinerbaren Daten gibt.

Beim Fahren bzw. Fliegen fallen nach dem Lebenszyklus-Modell 65-74 Prozent des gesamten Energieverbrauchs für Autos, 24-39 Prozent bei den Zügen und 69-79 Prozent bei den Flugzeugen an. Besonders bei den Zügen ist der anteilige Energieverbrauch, der durch andere Faktoren als das Fahren, vor allem durch die Infrastruktur, entsteht, besonders hoch. Beim Gesamtverbrauch liegen allerdings Autos als uneffizienteste Transportmittel ungeschlagen vorne, gefolgt von Flugzeugen, während Züge am wenigsten benötigen. Kleine Flugzeuge verbrauchen weniger Energie als große. Flugzeuge verbrauchen generell mehr Energie beim Betrieb, weil die Infrastruktur relativ klein ist, wie die Autoren schreiben. Vollbesetzte Diesel-Busse kommen sowohl beim Energieverbrauch als auch bei CO2-Emissionen am besten weg, liegen aber im Normalbetrieb ganz vorne beim Energieverbrauch und Emissionsausstoß.

Große Unterschiede gibt es etwa bei Zügen. Die leichten Züge der Boston Green Line in Boston verbrauchen zwar am wenigsten Energie, aber sie verursachen den weitaus größten Emissionsausstoß, da der Strom für ihren Betrieb zu 82 Prozent mit fossilen Brennstoffen erzeugt wird, während ein vergleichbares Zugsystem in San Francisco hier besser da steht, da nur 49 Prozent des Stroms mit fossilen Brennstoffen produziert wird. Allgemein verursachen die Züge eine den höchsten Ausstoß an Schwefeldioxid, die Flugzeuge kommen hier noch besser als die Autos weg (wobei hier wie bei anderen Emissionen der vollbesetzte Bus am besten abschneidet). Interessant ist, dass die gesamten Schwefeloxid-Emissionen bei den Autos 19 bis 26 Mal höher als die im reinen Betrieb sind, da hier Herstellung, Straßenbau und Benzinherstellung viel stärker zu Buche schlagen.

Bei den Stickoxiden liegen die Autos vorne, an der Spitze mit großem Abstand der ausgewählte Pickup. Ein Bahnnetz in San Francisco schert allerdings aus und verursacht etwa so große Emissionen wie das SUV- Fahrzeug. Bei den Kohlenstoffmonooxid-Emissionen sind die Autos bei weitem die schlimmsten Dreckschleudern, Flugzeuge und Züge halten sich in etwa die Waage. Andere Emissionen wie Feinstaubpartikel wurden mangels Daten nicht erfasst.

Die Umwelt- und Klimabelastung hängt selbstverständlich enorm von der Auslastung der Fahr- und Flugzeuge ab. Ein SUV mit zwei Passagieren verbraucht so viel Energie wie ein Bus mit 8 Passagieren, eine Bahn, die mit 120 Passagieren zu 27 Prozent besetzt ist, entspricht etwa dem Energieverbrauch eines mittleren Flugzeugs, das mit 105 Passagieren zu 75 Prozent besetzt ist. Aber auch, wenn man niedrige und hohe Passagierzahlen vergleicht, schneiden Autos mit weitem Abstand in jeder Hinsicht, abgesehen von den Schwefeloxid-Emissionen, am schlechtesten ab. Die Bahn bleibt energieeffizienter und umweltfreundlicher als das Flugzeug, wieder abgesehen von Schwefeloxid- und in einem Fall von Kohlenstoffmonooxid-Emissionen.

Auch wenn die Zahlen, was die Zusammensetzung der Fahrzeugtypen oder die Zahl der Bahnnetze angeht, kaum in andere Länder übertragbar sind und neue Fahrzeugtypen (Hybridautos, Elektroautos) oder neue Treibstoffe (Biotreibstoffe) nicht berücksichtigt wurden, lassen sich vermutlich doch einige Folgerungen der Studie, die die Wissenschaftler ziehen, übernehmen. Während bei Autos und Flugzeugen die meiste Energie beim Betrieb verbraucht wird und dort auch die meisten Emissionen entstehen, ist hier die Senkung des Energieverbrauchs am effizientesten, während dies bei der Bahn bei der Herstellung der Bahnhöfe und dem Betrieb der Infrastruktur der Fall ist. Die Verwendung von Strom, der aus erneuerbaren Energien stammt, senkt auf jeden Fall die Emissionen.

Um eine vollständigere Bewertung der Umwelteinflüsse bei den Transportmitteln erstellen zu können, müsste man auch noch, wie die Wissenschaftler vorschlagen, etwa den Wasserverbrauch, die Abwassermengen und toxischen Emissionen sowie die Entsorgung von Autos, Motoröl oder der Infrastruktur mit allen Komponenten einbeziehen. Eine umfassende Umweltanalyse, die alle Faktoren betrachtet, so glauben die Wissenschaftler, könnte größere Veränderungen in der Planung ermöglichen, als wenn es nur um einzelne Komponenten geht.