Ausbau der biologischen Hochsicherheitslabore in Deutschland

Deutschland bereitet sich auf die Ankunft der Schweinegrippe und anderer Epidemien vor

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Immer neue, vom Tier auf den Menschen übertragbare Infektionskrankheiten, so genannte Zoonosen, stellen eine zunehmende Gefahr dar: AIDS, SARS, Vogelgrippe, Schweinegrippe, etc. Nach einer Schätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird sich im kommenden Herbst ein Drittel der deutschen Bevölkerung mit einem modifizierten H1N1-Virus der gegenwärtig grassierenden Schweinegrippe-Pandemie infizieren. Um auf solche Bedrohungssituationen besser vorbereitet zu sein, werden in Deutschland neue S4-Hochsicherheitslabore für biologische Krankheitserreger errichtet. Am 14. Juli weiht das Hamburger Tropeninstitut seinen Erweiterungsbau ein.

1. Risikostufen und Sicherheitsmaßnahmen

Nach der deutschen Biostoffverordnung (BioStoffV) und dem Gentechnikgesetz (GenTG) werden „biologische Arbeitsstoffe“ gemäß dem Grad ihrer Gefährlichkeit (Infektionsgefahr, Schwere der Erkrankung und Therapiemöglichkeiten) in vier Risikogruppen eingeteilt:

Risikogruppe 1: Hierzu gehören biologische Substanzen, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie eine Krankheit verursachen können. Zu dieser Gruppe zählen prinzipiell alle biologischen Arbeitsstoffe, sofern sie nicht in einer anderen Risikogruppe (2 bis 4) erfasst sind. Zur Risikogruppe 1 gehört z. B. die gewöhnliche Bäckerhefe.

Risikogruppe 2: Hierzu gehören biologische Substanzen, die eine Krankheit beim Menschen hervorrufen können; bei denen aber eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung normalerweise möglich ist; so dass eine weitere Verbreitung des Stoffes in der Bevölkerung eher unwahrscheinlich ist, wie z. B. herkömmliche Grippeviren, Herpes-Erreger, Masern, Salmonellen, etc..

Risikogruppe 3: Hierzu gehören biologische Substanzen, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen können; bei denen aber eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung normalerweise möglich ist; so dass eine weitere Verbreitung des Stoffes in der Bevölkerung eher unwahrscheinlich, aber möglich ist. Beispiele sind Hepatitis, Gelbfieber, Milzbrand, etc..

Risikogruppe 4: Hierzu gehören biologische Substanzen, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen können und bei denen eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung nicht möglich ist; so dass die Gefahr einer weitere Verbreitung des Stoffes in der Bevölkerung besteht. Nur ein bis zwei Dutzend Erreger gehören zu dieser Risikogruppe: Hämorrhagische Virale Fieber (Ebola, Hanta, Lassa, Marburg) und Pocken, etc..

Um die Seuchenerreger der verschiedenen Risikostufen untersuchen zu können, müssen die Labore über einen ausreichenden Sicherheitsstandard verfügen, der der Gefährlichkeit des Krankheitserregers entspricht. Demgemäß werden vier Sicherheitsstufen (S1 bis S4 oder L1 bis L4) unterschieden. International ist auch die Bezeichnung „Biological Safety Level“ (BSL-1 bis BSL-4) gebräuchlich. Werden Erreger der Risikogruppe 4 inaktiviert, kann auch in S3-Laboren in beschränktem Umfang mit ihnen geforscht werden.

Schutzstufe 1: Jedes Laboratorium gehört mindestens der Schutzstufe 1 an. Hier sind lediglich die gewöhnlichen Hygienemaßnahmen einzuhalten (Händewaschen, keine Nahrungsaufnahme, etc.).

Schutzstufe 2: Der Zutritt ist auf namentlich benannte Beschäftigte zu beschränken. Im Labor sind die biologischen Substanzen sicher aufzubewahren. Außerdem müssen Desinfektionsverfahren angewendet werden, deren Wirksamkeit auf die fraglichen Organismen abgestimmt sind. Nötigenfalls sind Sicherheitswerkbänke mit einer wasserundurchlässigen und leicht zu reinigenden Oberfläche zu verwenden. Es sollte eine geeignete Einrichtung vorhanden sein, um von außen in die Laboratorien einsehen zu können (Kamera oder Fenster). Bei Tierversuchen sollte ein Verbrennungsofen für Versuchstierkörper vorhanden sein. Jedes herkömmliche Krankenhauslabor genügt diesen Anforderungen.

Schutzstufe 3: Das Labor muss von anderen Gebäudeteilen räumlich getrennt sein, bei Arbeiten mit luftübertragbaren Krankheitserregern muss das Labor auch baulich abgetrennt sein. Der Boden ist mit einem wasserundurchlässigen, leicht zu reinigendem Material auszukleiden und die Oberflächen müssen säure-, laugen- und lösungsmittelbeständig sowie beständig gegen Desinfektionsmittel sein. Im Labor muss Unterdruck herrschen. Die Abluft muss gefiltert werden. Es muss in Sicherheitswerkbänken gearbeitet werden. Ein leicht zugänglicher Tierkörperverbrennungsofen muss vorhanden sein. Beobachtungsfenster in den Türen sind vorgeschrieben.

Schutzstufe 4: Ein S4-Labor der höchsten Sicherheitsstufe soll den sicheren Umgang, die Erforschung und Diagnostik von lebensgefährlichen Krankheitserregern ermöglichen, gegen die es keinen Impfschutz gibt, ohne dass eine Gefährdung der Bevölkerung und des Laborpersonals auftritt. Bei den S4-Laboren handelt es sich um besonders gesicherte Räume innerhalb von Gebäuden (Box-in-Box-System), die über eine separate Luft-, Wasser- und Stromversorgung verfügen. Alle Durchtritte von Ver- und Entsorgungsleitungen sind abgedichtet und gegen Rückfluss gesichert. Notstromaggregate und Reserveakkus sollen für einen ausfallsicheren Betrieb sorgen. Der S4-Bereich wird auf dem Institutsgelände so platziert, dass Unbefugte nicht in die Nähe des Hochsicherheitslabors gelangen können. Hinzu kommen aufwendige Zugangskontrollsysteme, Videoüberwachung und andere Sicherheitsmaßnahmen. An ein S4-Laboratorium schließen sich weitere Labors niedrigerer Sicherheitsstufe an, die logistische Zuarbeiten leisten.

Der Boden des S4-Labors ist mit einem wasserundurchlässigen, leicht zu reinigendem Material auszukleiden und die Oberflächen müssen säure-, laugen- und lösungsmittelbeständig sowie beständig gegen Desinfektionsmittel sein. In den S4-Laboren herrscht Unterdruck, damit bei einer Leckage keine Krankheitserreger in die Umgebung entweichen können. Der Untersuchungsraum kann nur durch eine Dreifach-Schleuse betreten werden. Die Türen der einzelnen Schleusenräume sind gegenseitig verriegelt, so dass die Luft beim Öffnen und Schließen der Schleusentüren immer in Richtung Labor strömt. Der Zugang zu dem Labor ist auf eine kleine Anzahl entsprechend qualifizierter Personen beschränkt. Die Beschäftigten tragen aufblasbare Ganzkörperschutzanzüge mit einer eigenen, umgebungsluftunabhängigen Sauerstoffversorgung. Da die Arbeit in den Vollschutzanzügen körperlich sehr anstrengend und mitunter nervlich belastend ist, beträgt die tägliche Arbeitszeit rund drei Stunden. Die kontaminierten Blut-, Gewebe- oder Auswurf-Proben werden in so genannten Sicherheitswerkbänken unter Glasabschluss bearbeitet, wobei die Laboranten ihre Hände in die festmontierten Handschuhe der Sicherheitswerkbank eintauchen und durchgreifen müssen. Nach Ende der Arbeit werden die Arbeitsstoffe unter Verschluss aufbewahrt. Für die Sterilisation von kontaminierten Materialien sind Durchreicheautoklaven vorhanden. Tierkörper müssen unmittelbar im Labor beseitigt werden.

Vor dem Verlassen des Labors müssen die Mitarbeiter zunächst in ihren Schutzanzüge duschen, um die Anzüge mit stark verdünnter Peressigsäure o.ä. zu desinfizieren. Anschließend müssen sich die Beschäftigten entkleiden und noch einmal duschen. Da es keine Messgeräte gibt, die eine Kontamination – wie etwa bei radioaktiven Substanzen – automatisch anzeigen würden, arbeiten i. d. R. zwei Mitarbeiter zusammen, die ihre Anzüge gegenseitig auf eine Beschädigung untersuchen und sich beim An- und Auskleiden helfen. Je nachdem wie sehr sich die Labormitarbeiter beeilen, dauert die Ausschleusung fünfzehn bis dreißig Minuten.

Die Abluft wird über mehrstufige Systeme aus HEPA-Filtern keimfrei gemacht. Ein solcher Filter hält 99,99 Prozent aller Schwebteilen mit einem Durchmesser von 0,5 Mikrometer (zum Vergleich: der Durchmesser eines menschlichen Haares beträgt rund 70 Mikrometer) zurück. Die Abwasser müssen gesondert inaktiviert werden, so das alle möglicherweise anhaftenden oder enthaltenen Erreger vollständig abgetötet werden. Alle entnommenen Gegenstände werden in einer Autoklav-Reinigungsanlage bei hoher Hitze und Druck dekontaminiert. Alle sicherheitsrelevanten Einrichtungen sind redundant ausgelegt. Für Notfälle wurden entsprechende inner- und außerbetriebliche Einsatzpläne ausgearbeitet.

Gegenwärtig sind nur 25 S4-Labore weltweit im Betrieb, 6 weitere werden gebaut. Die Bundesrepublik Deutschland verfügt über 2 S4-Labore (Hamburg und Marburg), zwei weitere befinden sich im Bau (Riems und Berlin). Angesichts dieser geringen Zahl von Instituten in Deutschland stellt sich die Frage, ob man hierzulande überhaupt genügend Erfahrung zum Bau und Betrieb von S4-Hochsicherheitslaboratorien hat.

2. Der Ausbau der Hochsicherheitslabore S4

Bernhard-Nocht-Institut (Hamburg)

Das Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNI) befindet sich auf einem Berg oberhalb der bekannten Sankt-Pauli-Landungsbrücken. Es wurde am 1. Oktober 1900 als Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten gegründet von dem Hamburger Hafenarzt Dr. Bernhard Nocht gegründet. Seit dem 1. Januar 2008 ist das BNI eine Stiftung öffentlichen Rechts; als Vorstandsvorsitzenden fungiert der Tropenmediziner Prof. Dr. med. Rolf Horstmann. Zu den Hauptaufgaben des Instituts zählt die Erforschung von Tropenkrankheiten; als nationales Referenzlabor führt es bei Verdachtsfällen bundesweit die notwendige Diagnostik zum Nachweis solcher Krankheitserreger durch. Forschungsschwerpunkte sind die Erreger des Lassa-Fiebers und der Malaria. Das Institut verfügt über fast 400 Mitarbeiter, die auf drei Sektionen verteilt sind: Tropenmedizin, Medizinische Mikrobiologie und Parasitologie.

Die Mikrobiologische Zentraldiagnostik führt jährlich und 50.000 Einzeluntersuchungen von potentiell infizierten Patienten durchgeführt. Zum Institut gehört eine Ambulanz für Tropenmedizin; eine Notambulanz ist ständig geöffnet. Das Reisemedizinische Zentrum führt Beratungen und Untersuchungen von Touristen und Heimkehrern durch. Eine klinische Abteilung mit 62 Betten wurde im Jahre 2005 geschlossen und als Station MRC 10 an das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) in der Martinistr. Nr. 52 übergeben. Auf Grund der zunehmenden Zahl und Größe von Auslandseinsätzen schloss die Bundeswehr am 19. August 2005 ein Abkommen mit dem BNI ab. Seitdem arbeitet das BNI mit dem Sanitätsdienst der Streitkräfte bei der Erforschung und Behandlung von Tropenkrankheiten zusammen. Dazu bezog der Fachbereich Tropenmedizin des Bundeswehrkrankenhauses Hamburg im Januar 2006 eigene Räumlichkeiten im BNI. Zur Abwehr von biologischen (Terror-)Angriffen wird seit Juni 2002 in Hamburg eine Biologische Task Force aus Bernhard-Nocht-Institut und Berufsfeuerwehr aufgestellt.

Im alten Hauptgebäude des BNI, dem so genannten Schumacherbau, wurde 1982 das erste S4-Labor in Europa errichtet. Es hat eine Fläche von 35 Quadratmetern und gehört zur Abteilung für Virologie, die von Prof. Dr. Stephan Günther geleitet wird. Für das Management des Labors ist Dr. Petra Emmerich zuständig. Außerdem gibt es noch ein kleineres S3-Labor. Glitzernde Filtergehäuse aus Edelstahl auf dem Dach des Altbaus sind ein untrügliches Kennzeichen für das Vorhandensein biologischer Speziallabors.

Seit Januar 2008 darf am Bernhard-Nocht-Institut prinzipiell auch mit gentechnisch-veränderten Krankheitserregern gearbeitet werden. Weil die Raumkapazitäten des alten Labors zu klein waren und es den neuen, gentechnischen Sicherheitsstandards nicht genügt, wurde das Bernhard-Nocht-Institut in den letzten Jahren ausgebaut. Das alte Tierhaus wurde abgerissen und durch einen achtgeschossigen, bunkerartigen Neubau ersetzt. Auf einer Gesamtfläche von 5.000 qm werden ein weiteres S4-Labor, S4-Tierstallungen für Mäuse, drei S3-Labore und ein S3-Insektarium untergebracht. Das S4-Labor besteht aus zwei Arbeitsräumen á 27 qm, die durch zwei gemeinsame Lagerräume getrennt sind, einen Arbeitsraum für Tierversuche (ebenfalls 27 qm) und einen Verbindungsflur. Die Grundsteinlegung des Neubaus erfolgte am 12. Juni 2005 in Anwesenheit der Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Am Bau beteiligt waren das Kölner Architekturbüro Kister-Scheithauer-Gross (KSG) und das Hamburger Ingenieurbüro Dr. Udo Josef Weber und Partner; die Laborplanung übernahmen die Firmen Eeretec oHG in Gummersbach und Dr. Heinemann Labor-und Institutsplanung in Karlsfeld. Die Kosten des Erweiterungsbau belaufen sich auf rund 30 Millionen Euro. Der Neubau wird am 14. Juli 2009 offiziell eingeweiht; wann das neue S4-Labor seinen Testbetrieb aufnehmen wird, ist noch nicht entschieden. Derweil bleibt das alte S4-Labor ersteinmal in Betrieb, auch um bei möglichen Betriebsstörungen der neuen Anlage eine sichere Ausweichmöglichkeit zu haben.

In einer Darstellung des BNI über die Raumaufteilung im Neubau heißt es: „Die unteren beiden Ebenen des Gebäudes werden für die Tierhaltung eingerichtet. Die Tierhaltung umfasst eine keimfreie Zuchtstation (specific pathogen-free environment). Die Versuchstiere - ausschließlich kleine Nager - sind in individuell belüfteten Käfigen untergebracht. Im Erdgeschoss befinden sich zukünftig Labors der höchsten biologischen Sicherheitsstufen 3 und 4 für die Forschung an hochinfektiösen tropischen Viren. Im ersten Stockwerk sind die Alltagslabors und Büros der Abteilung für Virologie. In den Stockwerken 2 und 3 wird die parasitologische Forschung angesiedelt. Beide Stockwerke sind mit Laboratorien der biologischen Sicherheitsstufe 3 ausgestattet. Ein modernes Insektarium ermöglicht Arbeiten an Überträgern der Malaria, des Westnil-Fiebers und des Dengue-Fiebers. Die aufwendige Gebäude- und Sicherheitstechnik (wie Filter- und Desinfektionsanlagen) wird im 4. Stock und im Erdgeschoss untergebracht.“

Am 12. März 2009 kam es im Bernhard-Nocht-Institut zu einem Laborunfall. Beim experimentieren mit Ebola-Viren fügte sich eine Mitarbeiterin eine Nadelstichverletzung zu. Mit Kopf- und Gliederschmerzen wurde sie in die Quarantäne-Station des Universitätsklinikums Eppendorf (UKE) verbracht. In diesem besonderen Fall wurde die Patientin mit neuartigen Medikamenten behandelt, die noch gar nicht zugelassen waren. Der Verdacht einer Infektion bestätigte sich glücklicherweise nicht. „Sie können sich vorstellen, dass das der Super-GAU für uns ist. Das ist ein Unfall, der nicht passieren darf, aber offensichtlich nicht ganz zu vermeiden ist,“ erklärte dazu Prof. Dr. Egbert Tannich, der Leiter der Sektion Parasitologie am BNI.

Robert-Koch-Institut (Berlin)

In Deutschland ist für Fragen der Seuchenabwehr das Berliner Robert-Koch-Institut (RKI) unter Leitung von Prof. Dr. Dr. Jörg Hacker die fachliche Anlaufstelle für alle Behörden. Es wurde 1891 als Königlich Preußisches Institut für Infektionskrankheiten gegründet und zunächst von Robert Koch geleitet. Heute ist das RKI eine selbstständige Bundesoberbehörde, die dem Bundesgesundheitsministerium direkt untersteht. Seine Aufgaben werden durch das Infektionsschutzgesetz in § 4 geregelt. Das RKI ist für die Gesundheitsberichterstattung des Bundes zuständig, dazu betreibt es verschiedene Surveillance-Netzwerke für Infektionskrankheiten und wertet die Daten statistisch aus. Zu seinen Publikationen gehören das amtliche Bundesgesundheitsblatt und das wöchentlich erscheinende Epidemologische Bulletin.

Das RKI hat z. Zt. etwa 930 Mitarbeiter, darunter rund 400 Wissenschaftler, die auf drei Abteilungen verteilt sind: Infektionskrankheiten (Leiter: Prof. Burger), Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung (Leiter: Dr. Kurth) und Infektionsepidemiologie (Leiter: Dr. Krause). Im Rahmen des Programmes „RKI 2010“ sollen weitere 100 Arbeitsplätze in den kommenden zwei Jahren eingerichtet werden. Am RKI sind Nationale Referenzzentren für verschiedene Virus- und Bakterienerkrankungen (Influenza, Masern, Mumps, Röteln, Poliomyelitis, Salmonellosen und Erkrankungen durch Staphylokokken) und mehrere Konsiliarlaboratorien (Noroviren, Rotaviren, Poxviren, etc.). Zur Analyse und Bekämpfung des Bioterrorismus wurde beim RKI ein Zentrum für Biologische Sicherheit (ZBS) eingerichtet, das gegenwärtig von Dr. Walter Biederbick kommissarisch geleitet wird. Es gliedert sich in fünf Fachbereiche und die Informationsstelle des Bundes für Biologische Sicherheit (IBSS).

Bis zu zehnmal im Jahr ersuchen deutsche Landes- oder Kommunalbehörden das RKI um Amtshilfe bei der Bekämpfung einer Epidemie. Dann rückt eine „schnelle Eingreiftruppe“ von RKI-Wissenschaftlern mit Laptops, Handys, Fragebögen und Laborgerätschaften aus. Die Experten versuchen dann, mit epidemiologischen Methoden die Infektionsquelle, den Erregertyp und seine Übertragungswege aufzuklären. Sie analysieren durch Interviews, ob die verschiedenen Erkrankten dasselbe gegessen oder dieselbe Veranstaltung besucht haben. Diagnostische Laboruntersuchungen vervollständigen die Untersuchung.

Für seine Untersuchungen besitzt das RKI mindestens zwei Labore der Sicherheitsstufe S3. Ein Labor befindet sich am RKI-Hauptsitz in Berlin (Nordufer 20, Haus 3, Erdgeschoss). Es wurde im März 2004 saniert. Seit Dezember 2003 verfügt auch die Außenstelle in Wernigerode über ein eigenes S3-Labor. Seit 2003 plant das RKI einen weiteren Ausbau seiner Laborkapazitäten: Am RKI-Hauptsitz soll eines der Laborgebäude abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Die Kosten hierfür betragen rund 20 Millionen Euro. Außerdem wird an der RKI-Außenstelle in der Berliner Seestraße Nr. 10 ein Hochsicherheitslabor der Sicherheitsstufe S4 errichtet, um mit hochinfektiösen Krankheitserregern experimentieren zu können. Es ist als Fachbereich ZBS-5 dem Zentrum für Biologische Sicherheit zugeordnet.

Neben Büros, einem Hörsaal-Bereich, einer Kantine, Tierställen und mehreren S2- und S3-Laboratorien wird das „Haus 6“ auch über ein S4-Labor verfügen. Es ist das erste bundeseigene Hochsicherheitslabor dieser Stufe in der Bundesrepublik und soll größer als die andernorts bestehenden Anlagen werden. Der Baubeginn war ursprünglich für Ende 2006 vorgesehen, verzögerte sich aber bis 2009. Gegenwärtig sind die Erdarbeiten im Gange. Mit der Fertigstellung wird nicht vor dem Jahr 2011 gerechnet. Als Bauherr fungiert das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, die Bauplanung liegt beim Büro HENN Architekten in Berlin (Sophienstraße Nr. 21).

Zur Architektur des neuen Laborgebäudes heißt es in einer RKI-Erklärung schwärmerisch: „Im Mittelpunkt des quaderförmigen Neubaus mit zwei Innenhöfen steht ein kubischer Baukörper, der, in sich baulich abgeschlossen, das Hochsicherheitslabor der Kategorie BSL 4 enthält. Umschlossen wird dieser Kubus von „Standard-Laboratorien“, Büros und Besprechungsräumen. Die Fassade der Erschließungshalle mit Foyer erhält zur campuszugewandten Seite und den beiden gärtnerisch gestalteten Innenhöfen eine Verglasung, deren Transparenz den Kubus mit dem Sicherheitslabor erahnen lässt“.

Wie das RKI hinweist, wird der Zutritt zum S4-Labor streng geregelt werden: „Der Zugang zu den Laborräumen ist nur über ein Schleusensystem möglich, welches aus vier Räumen besteht, deren Luftdruck bis zu dem eigentlichen Labor stufenweise abnimmt. Die Türen der einzelnen Schleusenräume sind gegenseitig verriegelt. Das heißt, es ist sichergestellt, dass die Luft beim Öffnen und Schließen der Schleusentüren immer in Richtung Labor strömt. Der letzte Schleusenraum vor dem Labor wird nach jedem Betreten und Verlassen des Labors automatisch desinfiziert“.

Die Baukosten betragen rund 110 Millionen Euro, hinzu kommen jährliche Betriebskosten von rund 2 Millionen Euro. „Um die Arbeitsfähigkeit des RKI auch im Krisenfall langfristig zu sichern, ist dieser Neubau sehr wichtig,“ erklärte RKI-Vizepräsident Reinhard Burger.

Kontaminierte Patienten werden im benachbarten Virchow-Klinikum der Charité behandelt. Deren Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie besitzt eine eigene Quarantäneabteilung, die Station 59, mit zwanzig Spezialbetten. Diese wurde in den beiden letzten Jahren umgebaut und modernisiert, allerdings streitet die Klinikleitung mit den Baufirmen noch um die Behebung von Baumängeln. Dennoch wurde die Landesseuchenstation am 30. April 2009 wegen des Ausbruchs der Schweinegrippe vorzeitig in Betrieb genommen.

Institut für Virologie (Marburg)

Im Juli 1967 wollte das Pharmaunternehmen Behringwerke im hessischen Marburg einen neuen Impfstoff gegen Kinderlähmung herstellen. Als Versuchstiere verwendete man mehrere Affen, die frisch aus Afrika importiert worden waren. Allerdings wusste man in den Behringwerken nicht, dass die ugandischen Meerkatzen mit einem hochinfektiösen und gefährlichen, aber bisher unbekannten Virus infiziert waren. Sieben Labormitarbeiter starben. Im November 1967 gelang es Dr. Werner Slenczka vom Institut für Hygiene (heute: Institut für Virologie) der Philipps-Universität, den Erreger erstmals zu identifizieren, so dass die hessische Universitätsstadt zum Namensgeber für diese Tropenkrankheit wurde. Mit dem damaligen Seuchenfall wurde die Virus-Forschung an der Universität Marburg erheblich ausgebaut. Das Institut für Virologie wird seit dem 1. Dezember 2007 von Prof. Dr. Stephan Becker geleitet und hat rund hundert Mitarbeiter.

Früher war das Institut mit seinem alten S3-Labor in der Robert-Koch-Str. Nr. 17 in der Marburger Innenstadt untergebracht und teilte sich das Gebäude mit dem Schul- und dem Katasteramt. Schon damals machte sich der Institutsleiter Dr. Slenczka Sorgen um die Sicherheit: „Als Laborleiter will ich mir hier keinen Psychopathen einhandeln, der damit droht, er habe eine Ampulle mit Viren entwendet und wolle die nun in einen Trinkwasserbehälter schütten. Daher habe ich auch – schon bevor wir das Hochsicherheitslabor hatten – auf einer abschließbaren Tiefkühltruhe bestanden“.

Heute verfügen die Virologien über Laboratorien, die außerhalb der Stadt auf den Lahnbergen untergebracht sind. Hier wurde in den letzten Jahren das Biomedizinische Forschungszentrum (BMFZ) aufgebaut. Im November 2005 bezog das Zentrum einen Neubau, das so genannte Diagonalgebäude, in dem die Institute für Virologie, Immunologie und Mikrobiologie unterkamen.

Mit dem Aufbau des BMFZ sollte das Institut für Virologie erstmals auch ein S4-Hochsicherheitslabor erhalten. Am Bau beteiligt waren das Kölner Archtitekturbüro Kister-Scheithauer-Gross (KSG), die Ingenieursgesellschaft Weber und Partner; die Laborplanung übernahm die Firma Eretec oHG in Gummersbach. Das kanadische Architekturbüro Smith Carter stand beratend zur Seite. Im Herbst 2005 begannen die Bauarbeiten. Nach einer mehrmonatigen Testphase konnte das Hochsicherheitslabor im Dezember 2007 offiziell in Betrieb genommen werden. Die Baukosten beliefen sich auf 11,5 Millionen Euro.

Das S4-Labor ist in einem separaten Haus neben dem Diagonalgebäude untergebracht. Vom Institut für Virologie ist es nur über eine Brücke erreichbar. Schon die grellrote Farbe seines Außenanstrichs läßt die Gefährlichkeit des Objektes erahnen. Das Laborgebäude (20 x 20 Meter) besitzt fünf Stockwerke: In den beiden unteren Stockwerken ist die Wasseraufbereitung untergebracht, in den beiden oberen Etagen die Klima- und Luftreinigungsanlage von der Caverion Gebäudetechnik GmbH. In der dritten Etage ist das eigentliche S4-Labor mittig untergebracht. Um das Labor herum führt ein Flur, der so genannte Containment-Umgang, der den Innenbereich von der Außenwand des Gebäudes zusätzlich abschirmt. Durch Doppelfenster aus schusssicherem Glas können die Laborbediensteten nach draußen schauen. Die Grundfläche des S4-Bereiches beträgt 170 Quadratmeter. Es gliedert sich in zwei identische Laborräume (á 67 qm), die durch drei gemeinsame Lager-, Geräte- und Begasungsräume voneinander getrennt sind. Hier herrscht ein permanenter Unterdruck von -130 Pascal. In den beiden Arbeitsräumen können jeweils zwei Mann gleichzeitig arbeiten. Insgesamt haben sechzehn Personen eine Zugangsberechtigung zum S4-Bereich. Verantwortlich für die Leitung des S4-Labors ist der Biologie Dr. Markus Eickmann.

Im Dezember 2007 erhielt das Marburger Institut als erste deutsche Forschungseinrichtung die Genehmigung zum Umgang mit gentechnisch-veränderten Krankheitserregern der Risikostufe 4 nach dem Gentechnikgesetz. Projektleiter ist ebenfalls Dr. Eickmann. Außerdem wird in dem Labor an Ebola-, Lassa-, Marburg-, Nipah- und SARS-Viren gearbeitet.

Infizierte Patienten würden in Marburg selbst nicht behandelt werden. Nach Möglichkeit würde man sie auf der Isolierstation der Johann-Wolfgang-Goethe Universität in Frankfurt unterbringen. Die Medizinische Klinik II / Schwerpunkt Infektiologie befindet sich am Theodor-Stern-Kai Nr. 7.

Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr (München)

Die bayerische Landeshauptstadt München ist das Zentrum der militärischen ABC-Forschung in Deutschland. Das Sanitätsamt der Bundeswehr hat hier gleich drei wehrwissenschaftliche Zentren in der Ernst-von-Bergmann-Kaserne konzentriert: Das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr (InstMikroBioBw), das Institut für Radiobiologie (InstRadBioBw) und das Institut für Pharmakologie und Toxikologie (InstPharmToxBw). Alle drei Institute beteiligen sich an der Task Force Medizinischer ABC-Schutz (Task Force Med ABCSch) des Sanitätsamt der Bundeswehr, die über 163 Dienstposten (Stand 2004) verfügt. „Das Besondere an der Task Force ist neben der Fähigkeit zur Verwundetenkontamination die operativ verfügbare Fachexpertise vor Ort und die Reach Back Kapazität der Institute für Radiobiologie, Mikrobiologie und Pharmakologie und Toxikologie in München,“ erklärte Oberstleutnant Manfred Glöckner, ABC-Abwehr-Offizier der Abteilung IX des Sanitätsamtes.

Das Institut für Mikrobiologie wurde 1966 gegründet. Es verfügt über 65 Planstellen, darunter zwanzig wissenschaftliche Arbeitsplätze und vier S3-Labormitarbeiter (Stand 2006). Das Institut gliedert sich in die Bereiche Bakteriologie, Virologie, Infektionsepidemiologie und Medizinische B-Aufklärung. Mehrere Stellenausschreibungen der letzten Jahre deuten darauf hin, dass das Institut entweder ausgebaut werden sollte oder die Bundeswehr Schwierigkeiten hatte, zivile Mediziner und Biologen für sich zu rekrutieren.

Das Institut besitzt ein Sicherheitslabor der Stufe S3 mit einer Fläche von 67 qm, ein S2-Labor (1.258 qm ) und ein gentechnisches S2-Labor (203 qm). Das S3-Labor, in dem gleichzeitig drei Wissenschaftler arbeiten können, gehört zur Dienststelle TE040 Medizinische B-Spezialdiagnostik. Die technische Grundausstattung der beiden S2-Anlagen gilt als veraltet. Die Bundeswehr forscht in München und an anderen Orten u.a. an folgenden Infektionskrankheiten: Brucellose, Ebola, Fleckfieber, Hanta, Influenza, Krim-Kongo-Fieber, Lassa, Marburg, Milzbrand, Pest, Tularämie.

Als sich die Bundesregierung dafür entschied, das erste bundeseigene S4-Labor beim zivilen Robert-Koch-Institut in Berlin anzusiedeln, waren die „Wissenschaftssoldaten“ vom Mikrobiologischen Institut der Bundeswehr frustriert. Hier hatte man sich Chancen ausgerechnet, ein eigenes Labor zu bekommen, um das ganze Spektrum biologischer Waffen erforschen zu können. Aber noch hat man die Hoffnung nicht aufgegeben, dass die eigenen Laborkapazitäten irgendwann ausgeweitet werden.

So forderte der Wissenschaftsrat der Bundesregierung in einer Evaluierung vom 26. Januar 2007 die Errichtung eines eigenen militärischen S4-Labors beim Institut für Mikrobiologie in München: „Im Bereich der Forschungsinfrastruktur benötigt das Institut weitere Labore der Sicherheitsstufen L2 und L3 sowie eine Tierhaltung, die mit L2/S2- sowie L3/S3-Kapazitäten ausgelegt ist und in Kooperation mit dem InstPharmToxBw betrieben werden kann. Zudem benötigt das Institut einen gesicherten und im Notfall prioritären Zugang zu einem Forschungslabor der Sicherheitsstufe L4. Die besonderen Sicherheitsanforderungen an die wehrmedizinische Forschung machen es unter Umständen notwendig, das L4-Labor in einem Neubau am Institut selbst einzurichten“. Ob sich der Wissenschaftsrat mit seiner Empfehlung durchsetzen wird, bleibt abzuwarten.

Verseuchte Patienten können am Institut für Mikrobiologie oder dem benachbarten Bundeswehrkrankenhaus nicht behandelt werden, hierfür ist die Klinik für Hämatologie, Onkologie, Immunologie, Infektiologie und Tropenmedizin des Städtischen Klinikums am Kölner Platz Nr. 1 besser geeignet.

Friedrich-Loeffler-Institut (Riems)

Im Gegensatz zu den vorangegangenen Instituten beschäftigt sich das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) nicht mit humanen Infektionskrankheiten, sondern mit Tierseuchen. Es wurde am 10. Oktober 1910 von Friedrich Loeffler, dem Entdecker des Erregers der Maul- und Klauenseuche, gegründet. Das Institut befindet sich isoliert auf der Insel Riems (20 Hektar) vor Greifswald. Zunächst konnte das Institut nur mit dem Boot erreicht werden, seit 1971 verbindet ein schmaler Damm die Insel mit dem einen Kilometer entfernten Festland. „Tierseuchen-Sperrbezirk – Zugang nur für Befugte“ steht auf einem Schild am Wegesrand. Zu DDR-Zeiten kursierten Gerüchte, die NVA arbeitete hier an der Entwicklung Biologischer Waffen. Neben der Zentrale auf der Insel verfügt das Institut noch über drei Außenstellen in Jena, Tübingen und Wusterhausen.

Geleitet wird das Institut von Prof. Dr. Dr. Thomas C. Mettenleiter. Es zählt - laut Stellenplan - 540 Mitarbeiter, darunter 175 Wissenschaftler, die auf acht Einzelinstitute verteilt sind, darunter das Institut für Molekularbiologie (Leiter: Thomas C. Mettenleiter), das Institut für Virusdiagnostik (Leiter: Dr. M. Beer), das Institut für Infektionsmedizin (Leiter: Dr. V. Kaden) und das Institut für neue und neuartige Tierseuchenerreger (Leiter: Prof. Dr. M. Groschup). Gearbeitet wird an BSE, der Maul- und Klauenseuche, der Schweinegrippe, der Vogelgrippe, Fisch- und Muschelkrankheiten, etc.. Im Krisenfall, so beim Ausbruch der Vogelgrippe auf der Nachbarinsel Rügen im Februar 2006, werden täglich dutzende Kadaver verendeter Tiere zur Untersuchung nach Riems gebracht.

In der Riemser Virenbank (RVB) sind die Erreger von über 500 Tierseuchen vom Schwein bis zum Elefanten eingelagert. Sie wird von Dr. Malte Dauber geleitet. In einer Zellbank sind Gewebeproben von verschiedenen Tierarten in flüssigem Stickstoff tiefgefroren. Außerdem betreibt das Institut die Zentrale Tierseuchendatenbank (ZTSDB), die im Seuchenfall von den Einsatzkräften vor Ort über das Tierseuchennachrichtensystem (TSN) elektronisch abgefragt werden kann.

Das Institut wird z. Zt. modernisiert und ausgebaut. Außerdem werden die Außenstellen in Tübingen und Wusterhausen aufgelöst und deren Personal nach Riems versetzt. Dazu erhält das Institut zwei neue Gebäude in Stahlbeton-Skelettbauweise mit insgesamt 89 Labors und 163 Stallräumen. Anfang 2006 wurde mit dem Bau begonnen. Die neuen Einrichtungen sollen zum 100. Gründungstag des Institutes am 10. Oktober 2010 offiziell in Betrieb genommen werden, allerdings ist dieser symbolische Termin vermutlich nicht zu halten. Die Baukosten betragen –nach unterschiedlichen Angaben - 260 bis 300 Millionen Euro. Es ist damit das größte Bauprojekt in Mecklenburg-Vorpommern. Hauptauftragnehmer sind das Schweizer Architekturbüro Itten+Brechbühl AG in Basel und das Büro Rauh Damm Stiller und Partner in Greifswald. Mit der Bauausführung sind u.a. die beiden Baukonzerne Heitkamp und Hochtief betraut. Im Oktober 2009 soll der Rohbau der beiden Gebäude fertiggestellt sein.

Das neue Stallgebäude hat eine Grundfläche von 230 mal 80 Metern und gliedert sich in fünf Geschosse: In den beiden unterirdischen Etagen befinden sich Anlagen zur Abwasserdekontamination und Tierkörperbeseitigung, im Erdgeschoss sind Stallungen (S2 und S3) und in den beiden Obergeschossen Filteranlagen zur Luftreinigung. Hinzu kommt noch eine Medien- und Energiezentrale. Das neue Laborgebäude hat eine Fläche von 210 mal 25 Metern. Es besteht aus vier Etagen: Im Untergeschoß befinden sich Lüftungs- und Abwasseranlagen, in den übrigen Stockwerken sind ein S2-Labor (600 qm), zwei S3-Labore (700 und 2.000 qm) und ein S4-Laboratorium mit 400 qm untergebracht. Zur Zeit verfügen lediglich Kanada (Winnipeg) und Australien (Geelong) über jeweils ein S4-Tierseuchenlabor, in dem auch mit Großtieren experimentiert werden kann.

Die neuen Gebäude sollen wie ein Kernkraftwerk – mehr oder weniger - gegen Terrorangriffe geschützt sein. Zu den Schutzmaßnahmen hieß es in der Ausschreibung vom 30. September 2006:

Die Labor- und Tierstall-Bereiche in der Sicherheitsstufe L3/S3, L3+/S3 und L4/S4 werden in Biosicherheits-Containments eingerichtet. Die Gebäudehüllen und Schleusenbereiche sind ebenso wie Durchdringungen von TGA-Installationen in das Containment gasdicht auszuführen. Mit komplexer, z. T. unterbrechungsfreier mechanischer Be- und Entlüftung ist ein ständiger gestaffelter Unterdruck innerhalb enger Toleranzen zu gewährleisten. Der Austritt von potentiell kontaminierter Fortluft ist durch HEPA-Filteranlagen (begasbar, in-situ-Prüfung) zu verhindern. Insgesamt ist eine Luftförderleistung von ca. 650 000 m3/h in Lüftungs-, Teil- und Vollklimaanlagen zu realisieren. (...) Zur Überwachung, Aufzeichnung und Alarmierung der umfangreichen technischen Gebäudeausrüstung und der Prozessanlagen dienen Gebäude-, Sicherheits- und Prozessleitsysteme. Die aufwendigen Schleusensysteme bestehen in allen Sicherheitsbereichen aus Gas- und Dampf-Sterilisatoren, Rotationsautoklaven (Rendering-Verfahren) bzw. Anlagen für alkaline Hydrolyse (Digestor-Verfahren) sowie Edelstahl-Personenduschanlagen und Edelstahl-Materialschleusen. Die Ställe in allen Sicherheitsbereichen werden als in sich geschlossene epidemiologische Einheiten betrieben. Rohbau- und Ausbauqualität müssen höchsten Ansprüchen genügen. Zusammen mit komplexer integrierter Gebäudetechnik müssen die baulichen Voraussetzungen zur Verhinderung von Kontaminationen und Querkontaminationen erfüllt werden

Ausschreibung

Neben den beiden Neubauten werden weitere Modernisierungsmaßnahmen beim FLI durchgeführt: neues Futterlager (fertiggestellt), neue Südwache (fertiggestellt), Instandsetzung des „Alten Heizhauses“ als Werkstattgebäude (fertiggestellt), Neubau der Lkw-Schleuse (geplant). Außerdem werden die Abwasserbehandlungsanlage modernisiert und die Vekehrsanlagen neu gestaltet.

Der Autor ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS).