US-Notenbank ist ein "Ponzi Scheme"

Für Eliot Spitzer, den früheren Gouverneur und Generalstaatsanwalt von New York, war die US-Bankenrettung der größte Betrug aller Zeiten

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Als Eliot Spitzer, der frühere Gouverneur und Generalstaatsanwalt von New York, im März 2008 bei einem Prostituiertenkontakt ertappt wurde und zurückgetreten war, hatten an der Wall Street die Champagnerkorken geknallt. Denn der als „bigott“ verschriene Demokrat hatte zeitlebens wenig Verständnis für die „Normalität“ der Finanzmärkte gezeigt. So hatte er 2002 praktisch die gesamte Investmentbankenszene wegen Schiebereien bei Aktienemissionen angeklagt, was diese rund 1,4 Mrd. Dollar an Strafen und Entschädigungen kostete. Und 2004 versuchte der „Sheriff der Wall Street“ gar, dem früheren Vorsitzenden der New Yorker Börse NYSE Richard A. Grasso dessen „übermäßige“ Abfindung von 179 Mio. USD abzuknöpfen, was an der Wall Street ja keine ganz ungewöhnliche Gehaltszahlung darstellt.

Am 24. Juli, im Morning Meeting des Finanzsenders MSNBC, teilte der nunmehr in der elterlichen Immobilienfirma beschäftigte Spitzer neuerlich kräftig aus. Gastgeber Dylan Ratigan spielte mit Spitzer und einem weiteren Gast so etwas wie Bail-Out-Monopoly. Spielgeld waren die 13,9 Billionen USD an (Un-)Wertpapieren, die die Banken bei der Fed gegen Cash diskontieren konnten, und von welchen weder der Kongress noch die Wirtschaftsagentur Bloomberg, die diese Informationen eingeklagt hatte, noch die interne Kontrolleurin der Fed erfahren durften, um welche Papiere es sich dabei genau handelt.

The Fed was quasi autonomous from the public, but it was run by the banks.

Eliot Spitzer

Kein Wunder, dass die Banken von der Fed so zuvorkommend bedient worden seien, meint Spitzer. Immerhin werde die Federal Reserve genau von denen kontrolliert, die jetzt das meiste Geld bekommen hätten, erklärte er unter Berufung auf die Eigentümerbanken der New Yorker Fed. Die Fed sei generell ein „Ponzi Scheme“ – so die nach dem Finanzbetrüger Ponzi benannte pyramidenspielartige Methode, bei der den alten Anlegern neu zufließende Anlegergelder als Gewinne ausgeschüttet werden, um weitere Anleger anzulocken. Die Fed habe eine Blase nach der anderen erzeugt, ohne zu verstehen, was sie in der Realwirtschaft damit anrichten.

The reality is the Fed has blown it. Time and time again, they blew it. Bubble after bubble, they failed to understand what they were doing to the economy.

Eliot Spitzer

Einig waren sich alle drei dann auch darin, dass das US-Banken-Bail-out der „größte Diebstahl“ und „die größte Vertuschungsaktion aller Zeiten“ gewesen sei. Das gravierendste Beispiel sei laut Spitzer die Rettung von AIG, wo dutzende Milliarden direkt zu den Investmentbanken geleitet worden seien, die jetzt wieder solvent sind. „Wir, die Steuerzahler, haben dafür nicht einmal eine Kapitalbeteiligung bekommen, und sie (die Behörden) haben nicht gefragt, was los ist – das bettelt und schreit nach einer harten Untersuchung.“

Dass Spitzer derartige Untersuchungen nicht mehr selbst veranlassen oder durchführen kann, dafür habe allerdings die Wall Street und die Busch-Administration gesorgt, behauptet zumindest der Journalist Greg Palast. Der renommierte Investigativjournalist und Autor des Bestsellers „The Best Democracy Money Can Buy“ wurde durch seine Kritik an Unregelmäßigkeiten bei der Präsidentschaftswahl 2001 in Florida weltweit bekannt. Laut Palast habe sich Spitzer Anfang 2008 intensiv den Kreditvergabe-Praktiken im Subprime-Segment gewidmet, die für ihn mehrheitlich einen glatten Betrug darstellten. Präsident Bush habe diese Praktiken aktiv gefördert. Zudem betrachtete Spitzer auch die Investmentbanken, die diese Kredite in strukturierte Wertpapiere verwandelten, bereits als kriminell, als diese Papiere noch nicht wertlos geworden waren.

Laut Palast habe Spitzer gerade an jenem 13. Februar 2008, bevor er sich im Hotelzimmer in Washington den verhängnisvollen 4.300-Dollar-Service gegönnt hatte, für die Washington Post einen scharfen Kommentar über betrügerische Kreditvergaben und die dahingehende Rolle der Regierung Bush verfasst: „Nicht nur, dass die Bush-Administration nichts unternommen hat, um die Konsumenten zu schützen, führt sie auch eine aggressive und beispiellose Kampagne, um die Bundesstaaten davon abzuhalten, ihre Einwohner vor genau diesen Problemen zu schützen, die die Regierung nicht sehen will“, zitiert Palast Spitzer.

Genau an diesem Wochenende sei Spitzer in der Hauptstadt gewesen, um eine Kampagne zu starten und sich direkt mit Bush und den mächtigsten Banken anzulegen. Laut Palast sei es jedenfalls absolut unüblich, dass derartige Ermittlungsergebnisse augenblicklich an die Öffentlichkeit gelangten und dadurch eine Karriere auf einen Schlag ruinierten. Allerdings liegt es in den USA im alleinigen Ermessen der Staatsanwaltschaft, was sie tut und veröffentlicht. Das Justizministerium kann einem Staatsanwalt also nicht direkt befehlen, irgendwelche Aktionen zu setzen. Für Palast habe da jedoch klar das Justizministerium die Hände im Spiel. Immerhin sei es doch erstaunlich, dass in etwa zur selben Zeit ein republikanischer Senator bei einer Razzia in einem Bordell in Windeln angetroffen wurde, ohne dass die Weltpresse davon erfuhr.

Spitzer selbst dürfte generell wenig Vertrauen in die Administration haben. So meinte er vor zwei Wochen in Bloomberg-TV, die von Präsident Obama geplanten Reformen der Finanzmärkte wären „irrelevant“: „Die Aufsichtsbehörden hatten schon bisher alle Macht und Möglichkeit, zu tun, was nötig ist. Sie haben nur offenbar beschlossen, genau das zu unterlassen.“ Demnach bedürfe es keiner neuen Regeln, sondern des Willens, diese umzusetzen. Und sowieso: „An die Lektionen aus dieser Krise wird man sich ohnehin nur kurz erinnern – in zehn Jahren wird alles vergessen sein. Wir fallen immer wieder in die gleiche Falle.“