Verständigungsprobleme bei der Körpersprache

Europäer und Asiaten erfassen mit ihren Augen die durch die Gesichtsmimik ausgedrückten Gefühle unterschiedlich und drücken sie daher auch anders aus

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Zwar können prinzipiell alle Menschen alle Sprachen lernen, was desto leichter fällt, je früher damit begonnen wird. Aber unterschiedliche Sprachen sind nicht nur prägend für unterschiedliche Kulturen, weil sie Barrieren der Verständigung errichten. Man könnte Sprachen für die menschliche Kultur mit der geografischen Isolation von Arten in der Evolution vergleichen. Die Barrieren machen unterschiedliche Kulturen möglich und erzeugen Vielfalt.

Auch die Körpersprache ist nicht universell, sondern kulturell codiert. Gestik und Mimik drücken nicht nur Einstellungen oder Emotionen aus, sie müssen auch gelesen werden können, um verstanden zu werden. Britische und kanadische Wissenschaftler haben nun herausgefunden, dass Menschen aus Ostasien die Gesichtsmimik anders wahrnehmen als Menschen aus dem westlichen Kulturkreis. Sie haben größere Schwierigkeiten zu unterscheiden, ob das Gesicht eines Mitmenschen etwa ängstlich oder überrascht aussieht. Oder sie sind unsicher, ob ein Gesicht Abscheu oder Ärger ausdrückt. Das ist bereits aus früheren Untersuchungen bekannt, unklar blieb allerdings, warum das so ist.

Für ihre Studie, die in der Zeitschrift Current Biology erschienen ist, legten die Wissenschaftler den 13 westlichen und 13 ostasiatischen Versuchspersonen sieben Fotos von gleichen und unterschiedlichen Personen vor, die nach dem Facial Action Coding System (FACS) Glück, Überraschung, Angst, Abscheu, Ärger und Traurigkeit ausdrückten oder einen neutralen Eindruck machten. Beobachtet wurden dabei die Augenbewegungen der Versuchspersonen.

Es stellte sich heraus, dass die Wahrnehmung der Ostasiaten einer ganz anderen Strategie als die der Europäer folgte. Während diese mit ihren Augen das ganze Gesicht mit Schwerpunkt auf Augen und Mund, abwanderten, blickten die Ostasiaten im Wesentlichen zwischen den beiden Augen hin und her. Da dabei entscheidende Informationen zur Erkennung der Mimik ausfallen, sind sich Ostasiaten häufiger unsicher, welche Gefühle die Menschen durch ihr Gesicht ausdrücken, wenn die Augenpartie wie etwa bei Angst und Überraschung ähnlich ist. Interessant ist, dass bei Unsicherheit eher die freundlichere Variante gewählt wird, also nicht Angst, sondern Überraschung.

Links: Rot sind die Stellen markiert, die am intensivsten von den Augen fixiert werden (oben Europäer, unten Asiaten). Rechts: Fixierung auf linkes (grün), rechtes Auge (blau), Nasenrücken (gelb) und Mund (rot). Je stärker die Farbe, desto intensiver wurde fixiert. Bild: Current Biology

Man könnte also sagen, dass Ostasiaten die standardisierten Ausdrucksformen des Gesichts nicht so gut identifizieren können, also mehr Fehler bei der Deutung machen. Die Studie zeigt jedoch, dass die Körpersprache nicht universell ist. Europäer haben ihre spezifische Kultur entwickelt, wie Gefühle durch Mimik ausgedrückt und erkannt werden, Ostasiaten entziffern Gesichter nicht nur anders, sondern zeigen ihre Gefühle auch anders, vor allem durch Veränderungen der Augenregion.

Bestätigt werden die Ergebnisse, worauf der Psychologe und Mitautor Rachael E. Jack von der University of Glasgow hinweist, durch einen Vergleich der westlichen und asiatischen Emoticons. In den westlichen Emoticons wird vor allem der Mund betont, wie bei :) für glücklich oder :( für traurig. Die asiatischen Emoticons betonen hingegen die Augen wie ^.^ für glücklich oder ;_; für traurig. Sollen Emotionen verständlich zwischen Kulturen zum Ausdruck kommen, müssten sie also entsprechend übersetzt werden, wenn es nicht zu Missverständnissen kommen soll.