Für den Mann auf dem Mond fehlt das Geld

Eine Expertengruppe empfiehlt dem Weißen Haus die Weiterführung der bemannten Raumfahrt, meint aber gleichzeitig, dass dies aufgrund des fehlenden Geldes unrealistisch sei

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Um endlich mal nicht nur Angst und Schrecken mit dem ausgerufenen Globalen Krieg gegen den Terror zu verbreiten, sondern um auch einmal ein Zeichen für eine zukunftsweisende Vision zu setzen, verkündete George W. Bush kurz vor der Präsidentenwahl 2004 seinen Plan, wieder in die bemannte Raumfahrt einzusteigen und eine Mond- sowie eine Marsmission zu planen. Bis 2020 sollte der Mond wieder von einem US-Amerikaner betreten werden, dafür wollte man die Beteiligung an der Internationalen Raumstation opfern ("Wir werden Ressourcen auf dem Mond oder dem Mars entdecken, die unsere Vorstellungskraft übersteigen").

So stellte sich die Nasa die US-Astronauten auf dem Mars 2004 vor. Bild: Nasa

Das war freilich schon damals eher symbolisch gemeint, denn mehr Geld bekam die Nasa nicht, richtig los gehen und teuer werden sollte es sowieso erst dann, wenn seine zweite Amtszeit abgelaufen war. Wie ernst es Bush damals war, lässt sich schon daran ablesen, dass das Budget der Nasa wenige Monate nach der Ankündigung schon gekürzt wurde (Kongressausschuss kürzt Nasa-Budget). Nun also hat es der neue Präsident Obama nicht nur mit den angezettelten Kriegen, den Steuersenkungen und der Wirtschaftskrise zu tun, sondern auch mit dem Versprechen der Bush-Regierung. Geld für eine bemannte Raumfahrtmission ist derzeit aber nicht vorhanden. Mit den wachsenden Schuldenbergen und der zunehmenden Arbeitslosigkeit und Armut wäre dies vermutlich auch gar nicht politisch durchsetzbar.

Sehr zurückhaltend zeigte sich Barack Obama bereits bei der Feier zum 40. Jubiläum der ersten Mondlandung. Kein Wort kam ihm zur Finanzierung künftiger bemannter Missionen über die Lippen. Lieber sprach er schon von der Förderung der Wissenschaft und der Technik (Zum Mond oder zum Mars?).

Gut, dass nun dem Weißen Haus das Review of U.S. Human Space Flight Plans Committee zur Seite springt und nach Durchsicht der geplanten Projekte schon in den ersten Zeilen des vorläufigen Abschlussberichts zu der nüchternen Feststellung kommt: "Das Programm der bemannten Raumfahrt scheint nicht ausführbar zu sein", ist der Kommentar, mit der hochschießenden Pläne zumindest vorerst beerdigt werden dürften. Wie üblich, so der bissige Kommentar, verfolge man Ziele, ohne die entsprechenden Ressourcen bereit zu stellen. Allerdings empfiehlt der Ausschuss die Bereitstellung von jährlich 3 Milliarden für ein Raumfahrtprogramm, auf das die Nation stolz sein könne.

Der Grund ist vor allem die Finanzierung. Zum jährlichen Haushalt der Nasa in Höhe von 18 Milliarden US-Dollar müssten ebenfalls bis 2014 jährlich 3 Milliarden zusätzlich kommen, um das Programm in die Gänge zu bekommen. Nach 2014 würde das Budget zumindest zjm Ausgleich der Inflationsrate weiter zulegen müssen. Nach dem vorgeschlagenen Haushalt ist allerdings nichts zu machen, sagen die Experten. Die schlagen hingegen vor, sich doch mit anderen Ländern zusammenzutun, um die Kosten zu senken und gleichzeitig geopolitische Marken zu setzen. Überdies müsse nicht der Staat für alles aufkommen, es gebe doch auch eine kommerzielle Raumfahrtbranche, die man mit einbeziehen könne.

Das im Rahmen der Mondmission geplante Constellation-Programm sah das Raumschiff Orion, hier mit der Landefähre, vor. Bild: Nasa

Allerdings müsse man sich zunächst den Zweck eines neuen Raumfahrtprogramms überlegen, die Ziele würden daraus folgen. Entscheidend dabei sei auch, dass es wichtige Vorteile für die Gesellschaft mit sich bringen müsse, also die Wissenschaft und technische Innovation voranbringe, die Wirtschaft stärke und überhaupt mit anderen nationalen Strategien übereinkomme.

Der Ausschuss empfiehlt, Space Shuttle-Flüge auch nach 2010 fortzusetzen, weil mit der von der Bush-Regierung vorgesehenen Einmottung eine Lücke entstehe, bis neue Raumfahrzeuge (Ares und Orion) einsatzbereit sind, wofür mehr als 6 Jahre notwendig seien. Auch den für 2015 geplanten Ausstieg aus der Internationalen Raumstation hält der Ausschuss für Unsinn. Jetzt sei die Raumstation gerade erst einmal weitgehend fertig gebaut, man müsse erst einmal die Investitionen wieder hereinholen und sie daher bis mindestens 2020 weiter betreiben. Allerdings müsse die Entwicklung eines neuen Raumfahrzeugs, um Astronauten in einem Umlaufbahn zu bringen, auch gar nicht vom Staat geleistet werde. Hier könne man kommerzielle Anbieter einschalten, die dies vielleicht billiger und schneller leisten könnten, denkt man zumindest im Ausschuss, in dem auch Mitglieder mit kommerziellen Interessen vertreten sind.

In der Fantasie waren die US-Astronauten auf dem Mond emsig mit irgendwas beschäftigt. Bild : Nasa

Gleichwohl hält der Ausschuss daran fest, dass der Mars das primäre, weil interessanteste Ziel der bemannten Raumfahrt bleibe. Aber es könne nicht das erste Ziel sein. Vorgeschlagen wird auch nicht eine Siedlung auf dem Mond, sondern ein flexibler Ansatz, mit dem man die bemannte Raumfahrt Schritt für Schritt und erst einmal ohne Landung ausdehne: auf die Umkreisung des Mondes, von Asteroiden oder des Mars. So könne man lernen, im Weltall zu leben und zu arbeiten, während man Roboter zur Erkundung auf den Mond, den Mars, einen Marsmond oder auf Asteroiden schickt.

Man darf erwarten, dass nach der Finanz- und Wirtschaftskrise auch in anderen Ländern wie China, Indien, Russland oder der EU knapper sein wird, um ehrgeizige Projekte der bemannten Raumfahrt zu verfolgen. Krisen zwingen auf den Boden der Erde zurück, erst wenn das Geld wieder sprudelt, dürften staatliche Programme wieder an Fahrt aufnehmen. Es sei denn, es käme zu einem neuen Kalten Krieg, in dem das Raumfahrtprogramm wieder zu einem militärischen und vor allem zu einem Prestigeprojekt werden würde. Ob die Begeisterung allerdings wieder so groß werden wird, wie zu Beginn der bemannten Raumfahrt, darf bezweifelt werden. Für die Menschen im All, also für diejenigen, die seit Jahren auf dem irdischen Außenposten der ISS leben und arbeiten, interessiert sich die breite Öffentlichkeit höchstens noch sporadisch und beiläufig