Ein Viertel der Weltbevölkerung ist muslimisch

Nach einer umfangreichen Studie des Pew Research Center leben in Europa am meisten Muslime in Russland und in Deutschland

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Heute leben fast 1,6 Milliarden Muslime auf der Erde, 10-13 Prozent davon sind Schiiten. Das sind 23 Prozent der Weltbevölkerung von geschätzten 6,8 Milliarden. Auch die Zahl der Muslime ist natürlich eine Schätzung, die das Pew Research Center's Forum on Religion & Public Life aufgrund von Daten aus 232 Ländern und zahlreichen Quellen gezogen und in einer Studie veröffentlicht hat.

Warum es dringend notwendig war, die zirkulierenden Schätzungen, die zwischen einer Milliarde und 1,8 Milliarden rangierten, auf eine scheinbar genauere Zahl zu bringen, wird in der Studie nicht erörtert. Angekündigt wird allerdings, dass diese Studie die Grundlage für eine weitere sein soll, die die Wachstumsraten der muslimischen Bevölkerung untersuchen soll. Parallel soll eine ähnliche Analyse für die Christen erfolgen. Das Fazit wird dann sein, welche Glaubensgruppe weiter verbreitet ist und welche die andere bedroht, also eine Art Fortführung des "Kampfes der Kulturen". Das wird sicherlich von Pew nicht direkt ausgeführt, aber schon jetzt gibt es ja die Ängste, dass die Muslime allein durch höhere Geburtenraten sich durchsetzen. Solche Untergangsängste der eigenen Kultur durch Islamisierung werden in Israel, aber vor allem auch in Europa ausgebrütet.

Ein gutes Beispiel dafür hat gerade der ehemalige Finanzsenator von Berlin in seinem Interview in Lettre International geboten, das so viel Aufmerksamkeit erregt hat. Er wies hier u.a. auf den demografischen Faktor hin, der immer dann zum Problem gemacht wird, wenn die herrschende Schicht Angst bekommt. Sarrazin erklärte für Berlin zum Problem: "Je niedriger die Schicht, um so höher die Geburtenrate. Die Araber und Türken haben einen zwei- bis dreimal höheren Anteil an Geburten, als es ihrem Bevölkerungsanteil entspricht. Große Teile sind weder integrationswillig noch integrationsfähig. Die Lösung dieses Problems kann nur heißen: Kein Zuzug mehr, und wer heiraten will, sollte dies im Ausland tun."

Sarrazin, ein SPD-Mitglied, weist zwar darauf hin, dass für ihn insgesamt die Unterschicht ein Problem darstellt, weil "vierzig Prozent aller Geburten in der Unterschicht stattfinden". Mit dem Fingerzeig auf Araber und Türken, also auf Muslime, hat er jedoch einen Nerv getroffen, der die spätestens seit dem 11.9. vertieften anti-muslimischen Vorurteile bedient. Das wird noch einmal als Untergangsdrohung mit einem Beispiel an die Wand gemalt: "Die Türken erobern Deutschland genauso, wie die Kosovaren das Kosovo erobert haben: durch eine höhere Geburtenrate."

Rechte, antiislamische Gruppen, wie sie sich etwa auf den Seiten von Political Incorrect tummeln, wo ein seltsames Gebräu von alten rassistischen Stereotypen lage Zeit mit einer Feier der Bush-USA einherging, waren natürlich begeistert. Auch die NPD war von den Äußerungen von Sarrazin angetan, würde ihn gerne zum Ausländerbeauftragten machen und plädiert für eine "geordnete Rückführung" der Einwanderer. Auch die "Junge Freiheit" bringt es auf den Punkt: Das Ausländerproblem ist in Wahrheit ein Moslemproblem.

Der Pew-Bericht versucht die Gesamtzahl und die Verteilung der muslimischen Bevölkerung zu erfassen. Das ist, siehe oben, ein mitunter schwieriges Unterfangen, zumal Muslim auch nicht gleich Muslim ist. Was eklatant fehlt, wäre natürlich, wie religiös die "Muslime" sind. Schließlich sind auch viele "Christen" nicht sonderlich gläubig oder lassen sich in ihrem Alltagsleben vom Glauben beeinflussen. Nur eine Aufzählung besagt relativ wenig, auch wenn sie einen kulturellen Hintergrund beleuchtet, wobei der Islam in Indonesien aber auch kaum vergleichbar mit dem in Saudi-Arabien ist.

80 Prozent der Muslime leben in Ländern, in denen sie die Mehrheit der Bevölkerung bilden. Der größte der Muslime (62%) lebt in Asien, 20 Prozent in Nordafrika und im Nahen Osten und 15 Prozent im südlichen Afrika. In den USA herrscht eher Angst vor den Latinos, die Muslime stellen hier keine Bedrohung dar. In Süd- und Nordamerika leben gerade einmal 4,6 Millionen Muslime, 0,3 Prozent aller Muslime, ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung beträgt 0,5 Prozent. In Europa leben 38 Millionen Muslime, ihr Anteil an der europäischen Bevölkerung beträgt 5,2 Prozent.

Von den 317 Millionen Muslimen, die als Minorität leben, sind 240 Millionen in Indien, Äthiopien, China, Russland und Tansania. Zwei der 10 Ländern mit den größten muslimischen Minoritäten sind Russland mit 16 Millionen (11,7 Prozent der Gesamtbevölkerung) und Deutschland mit 4 Millionen Muslimen (5 Prozent der Gesamtbevölkerung). 40 Prozent der europäischen Muslime leben also in Russland – und 60 Prozent der europäischen Muslime sind nicht in jüngster Zeiteingewandert, sondern leben schon seit Jahrhunderten in Russland, Bulgarien, dem Kosovo oder Albanien.

In Deutschland leben mehr Muslime als in anderen westeuropäischen Ländern. In Frankreich sollen es 3,5 Millionen und 6 Prozent der Gesamtbevölkerung sein. In den Niederlanden sind 5,7 Prozent und in Großbritannien nur 2,7 Prozent der Menschen Muslime. In Spanien und in Italien sind es sogar weniger als 1 Prozent.