"Private Equity" vor Revival?

Während die übelsten Folgen der "Private Equity"-Blase wohl noch bevor stehen, bahnt sich bereits der nächste Übernahme-Boom an

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Eine der Streitfragen unter den Skeptikern, die den Ausbruch der aktuellen Finanzkrise vorausgesehen hatten, war ob diese unter dem Namen „Subprime-Krise“ oder als „Private Equity“-Krise in die Geschichte eingehen werde. Zwar hatte dann „Subprime“ eindeutig das Rennen gemacht, aber auch der „Buy-Out“-/„Private Equity“-Boom nahm das befürchtete Ende (Endspurt für Private Equity?).

Vorangegangen war die mächtigste Übernahmenwelle, die die Welt jemals gesehen hatte. So hatten so genannte “Private Equity”-Fonds in den Jahren 2006 und 2007 allein in den USA jeweils um mehr als 300 Mrd. USD Unternehmen aufgekauft und dafür nur minimale Eigenkapitalquoten aufgewendet. Finanziert wurden die Übernahmen mit sogenannten „Levereged Loans“ (LL), worunter Kredite an Unternehmen verstanden werden, die bereits hohe Schulden haben.

Zu diesem Zeitpunkt war die Liquidität in den Märkten allerdings ungewöhnlich üppig und sichere Finanzanlagen wie Staatsanleihen wurden extrem niedrig verzinst. Zudem herrschte im Markt offenbar die Meinung vor, dass fürderhin kaum mehr mit schwereren Krisen, sondern – ganz im Sinne der von der US-Notenbank verkündeten „Great Moderation“ - mit ewig währendem, stetigem Aufschwung zu rechnen sei.

Da diese Kredite, die aus den Cashflows der übernommenen Unternehmen bedient werden sollten, etwas höhere Zinsen versprechen, stießen sie bei internationalen Investoren auf reißenden Absatz. Allerdings war damals auch schon von offizieller Seite zu hören, dass die Risikoprämien („Spreads“) in keinem Verhältnis zu den eingegangenen Risiken standen, wie unter anderen Melvin King, der Chef der Bank of England, sehr eindringlich betont hatte.

Mit dem Zusammenbruch der Kreditmärkte hatten die Beteiligungsunternehmen jedenfalls die absehbaren Probleme bekommen: Die gefürchteten Unternehmens-Raider Kohlberg Kravis Roberts (KKR) wiesen im ersten Halbjahr 2008 einen Verlust von 1,1 Milliarden Dollar aus, das weltweit größten Private-Equity-Haus Carlyle Group kündigte jeden zehnten seiner 1000 Beschäftigten und die Blackstone Group verlor im dritten Quartal 2008 beträchtliche 510 Millionen Dollar. Zudem waren die PE-Fonds durchwegs von einem massiven Schwund an Kundengeldern betroffen, während es zugleich so gut wie unmöglich war, Fremdfinanzierungen aufzutreiben.

Folglich sah das PE-Business zuletzt noch immer sehr traurig aus. So wurden im 3. Quartal in Großbritannien beispielsweise nur 31 PE-Deals für insgesamt 556 Millionen Pfund finalisiert, was die geringste Zahl seit 25 Jahren ist. Insgesamt wurden in diesem Jahr laut dem Centre for Management Buyout Research (CMBOR) britische Unternehmen für gerade einmal 3,6 Mrd. Pfund von PE-Fonds übernommen, nach 18,2 Mrd. im gesamten Vorjahr und 43,4 Mrd. im Jahr 2007. In den USA wurden dieses Jahr immerhin Deals für 17 Md. USD angekündigt, bis zum September des Vorjahres waren es aber immerhin noch 57 Mrd. gewesen und ein Jahr zuvor sogar 356 Mrd. USD. Analog dazu verliefen die Umsätze mit Leveraged Loans, die 2007 in den USA mit 535 Mrd. Dollar einen Rekord erreichten, 2008 auf 152 USD zurückfielen und laut S&P Leveraged Commentary & Data in diesem Jahr bislang bei bescheidenen 42 Mrd. liegen, die zudem vor allem für Umschuldungen verwendet wurden.

Zuvor hatten die Investmentbanken jedoch blendend daran verdient, die Aktivitäten der Private Equity Manager zu Finanzieren und die Leveraged Loans dann in strukturierte Wertpapiere zu verwandeln und an Investoren weiterzureichen. Als dann doch Zweifel an der Stabilität der Finanzmärkte aufkamen, blieben die Banken einerseits auf den von ihnen arrangierten Übernahmen sitzen, anderseits stellte sich heraus, dass sie schon zuvor große Teile davon nicht an unabhängige Investoren weitergereicht, sondern an eigene Zweckgesellschaften und somit aus ihren Bilanzen ausgelagert hatten.

Diese Zweckgesellschaften hatten dann ein relativ hoch verzinstes Portfolio aus solchen Krediten mit billigen kurzfristigen Krediten finanziert, was ein gutes Geschäft war, als die Refinanzierungen leicht und billig zu haben gewesen waren. Mit dem Ausbruch der Krise verweigerten dann aber nicht nur die unabhängigen Investoren die Übernahme der auf LLs basierenden Anleihen. Auch die Zweckgesellschaften erhielten keine unabhängigen Finanzierungen mehr, wodurch die dahinterstehenden Banken diese nun als “Toxic Waste“ wieder in die Bücher bekamen und in die bekannten Schwierigkeiten gerieten.

Kein Wunder also, dass es noch vor einem halben Jahr geheißen hatte, dieses Geschäft sei für immer gestorben – was sich gerade als weit übertrieben herausstellt. Denn inzwischen haben sich die Finanzierungsbedingungen bei Leverged Loans längst wieder drastisch verbessert. Das lässt sich am Standard & Poor's/LSTA Index ablesen, der die Preise der meisten in den USA umlaufenden Leveraged Loans wiederspiegelt. Der LSTA drückt dabei aus, zu welchem Preis umlaufende Leveraged Loands im Verhältniss zu ihrem Nennwert gehandelt werden. Bei einem Stand von 100, mit dem der Index 1996 gestartet war, notieren die umlaufenden Anleihen also zum Nennwert.

Bei einem langjähriger Schnitt von knapp über 95 war der Index in den Boomzeiten von 2004 bis zum Sommer 2007 durchwegs über hundert gelegen, was die lockeren Finanzierungsbedingungen der PE-Branche recht deutlich demonstrierte.

Durch die Finanzkrise rutschte der Index bis zum Jahreswechsel 2008/2009 jedoch auf rund 60 Zähler ab, und kein Investor dachte auch nur im Traum daran, sich in diesem Markt zu engagieren. Seither hat sich der Index jedoch im Gleichklang mit den Aktienmärkten stetig nach oben gearbeitet und ist jetzt nahe daran, die Marke von 90 Zählern zu erreichen. Das könnte bedeuten, dass die PE Fonds bald wieder Investmentbanken und Investoren finden dürften, die ihnen spektakuläre Deals finanzieren.

Wie das US-Magazin Forbes berichtet hätten die finanzierenden Banken es nun tatsächlich wieder geschafft, Leveraged Loans bei Investoren unterzubringen. So hätte überraschend großes Interesse daran bestanden, sich an Warner Chilcott's Übernahme der Medikamentensparte von Procter & Gamble oder an der Investition von Silver Lake Partners in eBay zu beteiligen und auch Blackstone stehe Presseangaben zufolge kurz vor der Übernahme der Themenparks des weltgrößten Brauereikonzerns Anheuser-Busch und will dafür bis zu drei Milliarden ausgeben.

Allerdings scheinen die Kreditgeber derzeit noch strategische Übernahmen wie den Übernahmeversuch Cadburys durch Kraft Foods, die Fusion der Minengesellschaften Anglo American und Xstrata oder die Übernahme von Perot Systems durch Dell zu bevorzugen.

Vermutlich wird es aber nicht lange dauern bis die Jagt nach Renditen die Investoren wieder in den PE-Markt führt. Dafür spräche immerhin, dass angesichts der Krise ohnehin eine Neuordnung der globalen Unternehmenslandschaft ansteht und auch die Übernahmepreise nun wesentlich realistischer ausfallen dürften. Insbesondere dürften auch einige industrielle Filetstückchen auf den Markt kommen, die in normalen Zeiten nicht zu vernünftigen Preisen zu haben wären. Dafür sind übrigens nicht zuletzt Notverkäufe gestrauchelter PE-Fonds verantwortlich, die strategische Käufer in den Boomzeiten häufig massiv überboten hatten.

Voraussetzung für ein Revival der PE-Fonds dürfte freilich sein, dass an den Märkten weiterhin an ein rasches Ende der Wirtschaftskrise geglaubt wird, die Börsen weiter boomen und die Notenbanken den Geldhahn dennoch nicht zudrehen. Einiger Sand dürfte mittelfristig allerdings ins Finanzierungsgetriebe geraten, wenn die Refinanzierungen für die Übernahmen der Boomjahre fällig werden. So stehen Schätzungen zufolge in den kommenden drei Jahren jeweils mehr als 100 Milliarden Dollar zur Prolongation und 2014 sollen es laut Standard & Poor’s bereits 192 Mrd. USD sein. Gleichzeitig steigen die Ausfallsraten dieser LL-Junkbonds gerade dramatisch an, was die Begeisterung der Investoren doch ein wenig dämpfen sollte.