Der notwendige Umbau der Spielcasino-Ökonomien

Ohne entscheidende Veränderungen werden weitere deflationäre Bereinigungswellen kommen

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Während viele Experten nunmehr darüber streiten und rätseln, ob das exorbitante Überschuldungsproblem demnächst in eine Hyperinflation oder eine Hyperdeflation übergeht, entwickeln sich die weltweiten Finanzmärkte aktuell derart, dass die umlaufende Geldmenge trotz massiver Erhöhung längst nicht mehr mit der weltweiten Ausweitung des Schuldenwachstums Schritt halten kann. Deshalb steht auch der Preis für Edelmetalle in keinem realistischen Verhältnis mehr zur immensen Schuldenlast.

Zwar konnte durch das immense Ausweiten der Geldmenge durch Notenbankmaßnahmen und durch Konjunkturprogramme das Missverhältnis etwas zurückgeführt werden, angesichts des gigantischen Schuldenberges handelt es sich jedoch nur um einen Tropfen auf einen heißen Stein. Die Geldmengenausweitungen und die Konjunktur-Belebungsprogramme haben verhindert, dass die Weltwirtschaft bisher in eine deflationäre Hyperdepression abrutschte, vom Tisch ist diese Gefahr jedoch nicht. Nach der Gelddruckspritze ist der Patient Weltwirtschaft noch längst nicht geheilt.

Es dürfte zu weiteren deflationären Bereinigungswellen kommen, die dann wahrscheinlich noch zu größeren Gelddruckorgien führen werden. Starke Volatilitäten werden deshalb in den nächsten Jahren die Finanzmärkte begleiten. Eine Schuldenkrise kann nicht über Nacht beseitigt werden, vor allem wenn nur an Symptomen herumkuriert wird. Schon bald dürfte der Weltwirtschaft eine neue Entschuldungswelle bevorstehen, die nach einem weiteren Rückgang der Rohstoffpreise wahrscheinlich der Auslöser einer gigantischen Rallye in Gold und Silber sowie deren Aktien sein wird. Dies wird jedoch erst geschehen, wenn der überschäumende Optimismus in diesen Anlagen abgebaut wird.

Zwar gehen einige Experten davon aus, dass weitere Deflationswellen sogar ausfallen, jedoch ist angesichts des überschäumenden Optimismus der Medien in Sachen Rohstoffe kurzfristig wohl eher Skepsis angebracht. Starke Kursanstiege können sich als sehr trügerisch erweisen, da in Bärenmärkten immer wieder gewaltige Verwerfungen in kürzester Zeit auftreten können.

Ungleichgewichte beheben

Geld ist zur Sprache der neoliberalen Gesellschaft avanciert. Deshalb ist es kein Wunder, dass viele Banker und Ökonomen den Bezug zur Realwirtschaft komplett verloren haben. Da jedoch Wohlstand bisher in der virtuellen auf Schulden basierenden Derivatewirtschaft nicht geschaffen wurde, liegt die Zukunft einer Sozialen Marktwirtschaft ausschließlich in der Realwirtschaft. Dass es hierzu grundlegender Reformen bedarf liegt auf der Hand.

Eine schwere Systemkrise, wie wir sie gerade erleben, lässt sich nur dadurch bekämpfen, dass wir uns auch moralisch und ethisch auf eine Wirtschaftsform zurückbesinnen, die den Anstieg von Reallöhnen erlaubt und nicht den Menschen immer mehr Jobs auferlegt, um das Überleben sicherzustellen. Es wird Zeit, dass wir erkennen, dass Teil unseres Dilemmas auch das diktatorische Ausbeutungssystem in China ist, welches die Welt mit Billigwaren überflutet hat, ohne auf Menschenrechte und Umweltgesichtspunkte Rücksicht zu nehmen. Nur wenn wir unsere Werthaltungen verändern, und dies scheint bei Politikern, die sich wie Dinosaurier im Jurassic Park bewegen, zweifelhaft, lässt sich eine zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik gestalten. Unsere aktuelle darwinistische Wirtschaftsform, bei der die Vermögensdisparität immer größer wird, lässt sich nicht mehr aufrecht erhalten.

Wir befinden uns durch die Globalisierung in einem Gefangendilemma, aus dem uns eigentlich nur ein Zusammenbruch der chinesischen Manipulations-Ökonomie befreien kann. Eine chinesische Revolution wie in Russland würde das chinesische Bretton Woods, bei dem China US-Anleihen kauft, um seine eigene Währung tief und damit wettbewerbsfähig zu halten, zum Einsturz bringen. Die aktuell weltweit um sich greifende Gelddruckorgie ist letztendlich nichts anderes als eine Konsequenz der in den letzten Jahrzehnten aufgebauten Ungleichgewichte in der Weltwirtschaft.

Die Ursachen bekämpfen

Kommt es in komplexen Systemen zu so genannten Blasen, so sind Crashs und Strukturanpassungen die notwendige Folge. Bei der Analyse von Finanzkrisen sollte man hierbei zwischen den eigentlichen Ursachen und den Katalysatoren differenzieren.

Eine der wesentlichen Ursachen für die aktuelle Krise ist die Diskrepanz zwischen dem linearen Wachstum der Realwirtschaft und dem nichtlinearen Wachstum der Finanzwirtschaft, welche durch Derivate sich selbst in unglaubliche Risikokategorien gehebelt hat. Kennzeichen dieses nichtlinearen Wachstums ist der exponentielle Anstieg der Schulden in den führenden Industrienationen. Hinzu kommen Katalysatoren wie eine Niedrigzinspolitik und Bailoutprogramme, die keine Anreize zur Sanierung der Volkswirtschaften bieten, sondern deren Spielcasino-Charakter noch weiter steigern.

Solange Geld von Banken und von den Reichen gehortet wird und nicht in Innovationen in der Realwirtschaft investiert wird, kann ein auf Schulden aufgebautes System sich nicht wirklich selbst erneuern, es kann lediglich den Zeitpunkt seines Kollapses prolongieren. Weitere Katalysatoren sind die immer noch fehlenden Regulierungen und Kontrollen von Blasenbildungen, zu hohe Managerprovisionen und die moralische Degenerierung einer gesamten Generation. Wenn die Industrienationen wieder zu alter Stärke zurückfinden wollen müssen sie nicht nur das Produktionsproblem lösen, sondern vor allem das Verteilungsproblem, d.h. die Vermögensdisparität zurückfahren.

Es kann nicht länger zugelassen werden, dass die chinesische Währung künstlich niedrig gehalten wird, da dies langfristig die Wettbewerbsfähigkeit aller Industrienationen aushöhlt. Jedes dynamische System mit positiven Rückkopplungen wie die Wirtschaft braucht für seine Stabilität negative Rückkopplungen, die einen ausufernden Anstieg der Ungleichgewichte begrenzen. Auch ein Bailout von Banken auf Kosten der Steuerzahler erhöht die Vermögensdisparität in einer Gesellschaft und führt diese alles andere als zurück. Hierbei darf die Größe einer Bank zukünftig keine Rolle spielen. Um dies zu gewährleisten, müssen Banken die zu groß werden frühzeitig entmonopolisiert werden. Ist eine große Bank Konkurs, so muss diese selbst für Ihr Versagen haften, da nur so die Gerechtigkeitslücke innerhalb der Gesellschaft geschlossen werden kann. Wenn es keinem freischaffenden Unternehmer erlaubt ist sich in eine Geschäftsbank umzuwandeln, so muss dieses Prinzip für alle Unternehmen gelten. Auf was es ankommt ist, Banken zu schaffen die nicht mit spekulativen Investitionen versuchen Gewinne zu machen, sondern die die Realwirtschaft stärken, in dem diese Innovationen finanzieren. Deshalb ist es von fundamentaler Bedeutung alle Vermögen mit einem negativen Zins zu besteuern, die keinen Beitrag zur Schaffung von Arbeitsplätzen leisten.

Schaffung einer neuen Leitwährung

Die Finanzierung von gehebelten Produkten, der Handel mit Derivaten und die Spekulation mit Rohstoffen sind für das Funktionieren einer Wirtschaft ebenso unbedeutend die die Existenz von Spielcasinos. Deshalb ist ein kompletter Neuanfang von Nöten, der die heutigen Spielcasino-Ökonomen, die durch die pathologische Symbiose der chinesischen Schwachwährungs-Fetischisten und den amerikanischen Hyperinflations-Gelddruckern entstanden ist, beendet. Hierfür ist eine neue Leitwährung für den internationalen Zahlungsausgleich von Nöten, die wieder zu wettbewerbsfähigen Währungsrelationen für alle Marktteilnehmer führt.

Es liegt auf der Hand, dass die aktuellen Konjunkturprogramme der Regierungen lediglich Symptombekämpfungen sind und dass die Bewältigung der aktuellen Krise Führungskräfte benötigt, die die komplexen Zusammenhänge in der Weltwirtschaft verstehen und die Ursachen der Krise beheben. Maßnahmen wie die Einführung von „bad banks“ sind nicht nur unwirksam, sondern in hohem Masse asozial. Sie reduzieren die Schulden nicht, sondern verlagern diese lediglich auf ein anderes Buchhaltungskonto. Deshalb führen diese mittel- bis langfristig nicht zur einer Beendigung der Krise, sondern zu einer Verschärfung der depressiven Tendenzen in der Wirtschaft, mit der ultimativen Folge, dass die jeweils nächste Krise noch dramatischer wird als die vorige. Deshalb dürfte Karl Marx doch noch recht bekommen: „Am Ende des Kapitalismus sind die Lager voller Waren und niemand hat das Geld sie zu kaufen.“

Wenn der Markt nicht in der Lage ist das Verteilungsproblem hin zu mehr Gerechtigkeit in der Gesellschaft zu lösen, dass muss dies die Aufgabe einer sozial orientierten Wirtschaft sein. Einer Wirtschaft, die einst Soziale Marktwirtschaft hieß. Gelingt dies nicht, ist unsere Gesellschaft zum Scheitern verurteilt.