Südkorea will sein Flusssystem durch ein gigantisches Bauprojekt verändern

Regierungswerbung für das Flüsseprojekt

Das am Dienstag gestartete 4-Flüsse-Projekt soll der Anpassung an den Klimawandel dienen, Kritiker fürchten eine Umweltkatastrophe

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Die südkoreanische Regierung ist von chinesischen Mammutprojekten des Landschaftsumbaus nicht abgeschreckt und nicht beeindruckt von weltweiten Bemühungen zur ökologischen Restaurierung von Flussläufen. Zwar sind alle großen Flüsse bereits im Zuge der Industrialisierung mit Staudämmen versehen, begradigt oder kanalisiert worden, aber nun wurde mit dem sogenannten 4-Flüsse-Projekt ein gewaltiges Bauunternehmen gestartet, durch das die vier größten Flüsse Südkoreas und zahlreiche weitere Nebenflüsse nun endgültig so fließen sollen, wie dies die Planer für wünschenswert halten.

Erst im letzten Dezember wurde das 18-Milliarden-Dollar-Projekt, das größte südkoreanische Bauprojekt aller Zeiten, von der Regierung angekündigt, gestern wurde damit bereits begonnen. Die erstaunlich schnelle Umsetzung, für die angeblich auch die Folgen für die Umwelt begutachtet wurden, spricht dafür, dass hier wohl die mächtige Baubranche ihre Finger im Spiel hat. Der Verdacht besteht bei Gegnern, dass mit dem 4-Flüsse-Projekt das 2007 geplante und von Umweltschützern zu Fall gebrachte Projekt fortgesetzt werden soll, die Flüsse in ein zusammenhängendes nationales Kanalsystem zu verwandeln. Dafür spricht auch, dass die Flüsse über große Strecken ausgebaggert werden sollen.

Umweltschützer bezweifeln das Umweltgutachten, prophezeien ein ökologisches Desaster und die Zerstörung vieler Lebensräume. Und sie wollen, ebenso wie die oppositionelle Demokratische Partei, das Projekt noch stoppen. Da die Gelder großenteils noch nicht bewilligt sind, hofft die Opposition, das Projekt im Parlament noch weitgehend finanziell austrocknen zu können.

Das neue Projekt frisst einen großen Teil der Gelder des "Green New Deal", mit dem an die eine Million Arbeitsplätze durch die Förderung von Erneuerbarer Energie, der Produktion von Hybridfahrzeugen oder ein Baumpflanzprogramm geschaffen werden sollen. Allein durch das 4-Flüsse-Projekt sollen über 300.000 Arbeitsplätze entstehen.

Auf einer Länge von mehr als 3000 km werden die Flüsse Han, Nakdong, Geum und Yeongsan umgebaut, was als grünes Projekt verkauft wird, das bis 2012 fertiggestellt sein woll. Nach dem Masterplan geht es um die Vorbereitung auf den Klimawandel, die harmonische Existenz von Natur und Mensch, grünes Wachstum oder eine austarierte Entwicklung der Regionen. Die Regierung erklärt, man wolle die Flüsse wiederbeleben und die koreanische Landschaft neu erfinden.

Mit neuen Dämmen und Stauseen und der Verbindung schon vorhandener Dämme sollen nach dem Plan 1,3 Milliarden Tonnen Wasser als Reserve für die prophezeiten Dürren und Zeiten des Wassermangels gesichert werden. Die Dämme von 96 Stauseen sollen zudem erhöht werden. Neben erwarteten Dürren will man damit auch drohenden Fluten begegnen und Überschwemmungen verhindern. Angeblich soll in 34 Bereichen die Qualität des Wassers mitsamt den Nebenflüssen verbessert werden.

Überdies sollen über eine Länge von 1.700 km Fahrrad- und Gehwege sowie Sportmöglichkeiten und Parks an den Flüssen gebaut werden, um "gemäß der grünen Wachstumspolitik" die Freizeitmöglichkeiten zu verbessern sowie Tourismus und Kultur zu fördern. Die neuen Dämme sollen so gebaut werden, dass sie lokale Kultur und nationale Geschichte darstellen und Freizeitzwecken dienen. Fischwege sollen ebenso wie bewegliche Schleusen der Umwelt dienen. Das sollen auch neue Wasserkraftwerke, um den Ölverbrauch zu senken.