Asimovs Nulltes Robotergesetz ist tot

MQ-9 Reaper. Bild: U.S. Airforce

Kampfroboter, Drohnen und Terminatoren: Die Zukunft der unbemannten Waffen

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Obwohl seit dem „Drohnenkrieg im pakistanischen Westwaziristan“ Kampfroboter kurzfristig in das Blickfeld der Medien geraten sind, assoziiert man immer noch beim Begriff Kampfroboter hauptsächlich Science Fiction-Romane und B-Movie Action-Filme. Dabei sind Kampfroboter schon längst ein Bestandteil der Realität. Schon heute sind 5000 Militärroboter im Irak und in Afghanistan im Einsatz. Inzwischen sehen zahlreiche Staaten ihre militärische Zukunft in vollautomatischen Armeen. Pentagonstrategen sprechen sogar von einer "unbemannten Revolution".

Die gegenwärtig am stärksten begehrten Militärroboter sind Drohnen, die momentan als letzter Schrei bei den Militärs der Welt gelten. Bei Drohnen handelt es sich um unbemannte Fluggeräte, die meist ferngesteuert Spionage- oder Kampfmissionen ausführen. Während Spionagedrohnen seit über 50 Jahren im Einsatz sind und inzwischen zur Standardausrüstung einer jeden industrialisierten Nation gehören, sind Kampfdrohnen dagegen ein relativ neues Phänomen.

Vorreiter in dieser Entwicklung sind vor allem die USA. Schon heute besitzt das US-Militär 7000 Drohnen, womit sie über mehr als doppelt so viele unbemannte Flugzeuge wie bemannte verfügt. Dies wird auch mit dem vermehrten Einsatz von Kampfdrohnen in den von den USA beteiligten Konflikten deutlich. So ist gegenwärtig der Einsatz von (UCAV)MQ-9 Reaper und anderen Predator-Drohnen in West-Waziristan zu beobachten.

Dort werden sie in Missionen gegen die pakistanische Taliban eingesetzt und haben bei der einheimischen paschtunischen Zivilbevölkerung in Afghanistan und Pakistan für Proteste gesorgt. Schätzungen zur Folge sind seit 2006 in Pakistan etwa 1000 Menschen den Kampfdrohnen zum Opfer gefallen. Die hierfür hauptsächlich verantwortliche Predator-Drohne, ist ein ferngesteuerten Flugroboter, der mit Hellfire-Raketen bestückt ist und seit 1995 vereinzelt gegen als Ziele ausgewählte Personen in Bosnien, Serbien, Jemen, Afghanistan und Irak eingesetzt wurde.

Eine weiterentwickelte Version der Predator-Drohne, die vollautomatische MQ-1C Sky Warrior hat sogar laut Regierungsangaben am 23.2.2009 im Irak autonom einen „Al-Qaida“ Kämpfer getötet. Doch der vermehrte Einsatz von Kampfdrohnen durch die USA hat auch wirtschaftliche Gründe. So kostet eine Predator-Drohne mit 4.5 Millionen USD nur den Bruchteil eines F-16 Kampfjets, dessen unterschiedliche Versionen einen Preis von 30 bis 40 Millionen USD pro Stück betragen. Ein weiterer Vorteil der Kampfdrohnen ist die höhere Risikobereitschaft der Luftwaffe, da mit einem Verlust der eigenen Flugpiloten nicht mehr zu rechnen ist.

MQ-1C Sky Warrior. Bild: U.S. Army

Es ist ein Trend abzusehen, dass Kampfflugzeuge Schritt für Schritt durch Drohnen ersetzt werden. Der Navy Admiral Mullen sprach sogar davon, dass „Drohnen der zukünftige Grundpfeiler der US-Air-Force sein“ werden. Schon am 1.Mai 2007 wurde die erste Einheit von Kampfdrohnen von der US-Air-Force eingerichtet und auch die US-Navy hat angekündigt, Kampfflugzeuge des Typs F/A-18 Hornet durch die Kampfdrohne X-47B zu ersetzen. Dieser soll als autonomer Roboter die Funktion eines Bombers übernehmen. Laut der Sonntagszeitung The Observer werden sogar in der US-Armee heute mehr Drohnenbediener als Piloten ausgebildet.

Northrop Grumman X-47. Bild: DARPA

Neben dem „Drohnen Krieg in Pakistan“ werden Drohnen am Persischen Golf seit Jahren als eine Art Vorgeplänkel in der drohenden Eskalation zwischen den USA und dem Iran von beiden Seiten eingesetzt. So behaupten iranische Medien, dass amerikanische Drohnen während der Bush Ära ins iranische Territorium eingedrungen seien. Andererseits bezichtigte Washington den Iran, Drohnen an die Hisbollah geliefert zu haben und im Februar 2009 mit einer Drohne ins irakische Territorium eingedrungen zu sein. Darüber hinaus gab der arabischsprachige iranische Sender Al-Alam bekannt, dass eine iranische Drohne einen amerikanischen Flugzeugträger beim Eintritt in den Persischen Golf verfolgt und überwacht habe.

Das iranische Drohnenprogramm geriet schon mehrfach in den Fokus der englischsprachigen Medien und wurde oft als nächst größte „Bedrohung“ nach dem Atomprogramm dargestellt. Daher hat das amerikanische Finanzministerium im Jahr 2008 Sanktionen gegen iranische Firmen verhängt, die am Bau von Drohnen beteiligt sind. Hierbei wird deutlich, dass Drohnen nicht nur ein Sujet von Militärexperten sind, sondern ähnlich wie Atomwaffen und Raketensysteme durchaus über eine geopolitische Relevanz verfügen.

Zu Land zu Wasser und im All

Auch wenn Kampfroboter in Form von Drohnen gegenwärtig eine zunehmende Verwendung in den Schlachtfeldern des 21. Jahrhunderts erleben. So sind diese durchaus auch in anderen Elementen angekommen. Für die See entwickelte die US-Navy den Spartan-Scout, der als ein unbemanntes Kampfboot gegen feindliche maritime Objekte eingesetzt werden kann. Daneben existieren bereits Militärroboter, die wie U-Boote unter der Meeresoberfläche agieren. Auch zu Land hat Washington viel in Kampfroboter investiert, um in Zukunft GIs vom Schlachtfeld fernzuhalten. Inzwischen umfasst das Militärroboterarsenal der US-Armee Schätzungen zur Folge über 12.000 unbemannte Landvehikel.

SWORDS. Bild: U.S. Army

In diesem Zusammenhang spielt das SWORD-System eine wichtige Rolle. Hierbei handelt es sich um einen auf Kettenrädern fahrenden Roboter, der je nach Gebrauch mit einem Maschinengewehr, Granatenwerfer oder Antipanzerwaffen ausgerüstet werden kann. Das Ziel der US-Militärs war es einen Kampfroboter zu entwickeln, der so gut wie möglich die Aufgaben eines regulären Soldaten übernehmen kann. Dieses ehrgeizige Ziel schlug allerdings fehl, weil es zu mehreren unblutigen Vorfällen gekommen ist, in denen die vollautomatischen SWORD-Roboter ihre Waffen gegen die eigenen sie begleitenden Truppen richteten, wobei es den US-Soldaten immer gelang die Roboter rechtzeitig unter Kontrolle zu bringen.

Das US-Verteidigungsministerium hat 2008 das SWORD-System, nach nur wenigen Monaten im irakischen Einsatzgebiet, aus dem Verkehr gezogen. Sie sollen nun durch das MAARS-System ersetzt werden. Dass Kampfroboter nicht nur für die „Feinde“ ein sehr ernst zu nehmendes Risiko darstellen können, wurde 2007 in Südafrika deutlich. Dort richtete ein vollautomatischer Kampfroboter, der als Flugabwehrgeschütz fungierte, aufgrund eines Softwarefehlers sein Geschütz während einer Truppenübung auf die eigenen Soldaten und erschoss neun von ihnen und verletzte 14 weitere Soldaten schwer.

MAARS. Bild: U.S. Army

Nichts desto trotz arbeitet man weiterhin daran, dass Roboter auch in schwereren Waffengattungen Fuß fassen. So erleben gegenwärtig ferngesteuerte Panzer eine Renaissance. In den USA wurde mit dem Black Knight ein ferngesteuerter Roboterpanzer entwickelt, der angeblich sogar imstande sein soll jegliche Aufgaben eines bemannten Panzers auch automatisch zu übernehmen. Ferngesteuerte Panzer sind allerdings keine Neuheit; schon die Wehrmacht setzte während des Zweiten Weltkrieges einen ferngesteuerten Zwergpanzer namens Goliath gegen die Alliierten ein. Noch vor den Deutschen entwickelte die Sowjetunion Kampfpanzer, die via Radiowellen ferngesteuert wurden und während des Zweiten Weltkrieges zum Einsatz kamen.

Neben dem Bestreben konventionelle Waffen zunehmend zu automatisieren, verfolgt man ein Roboterprojekt mit dem Potenzial einer Superwaffe. So entwickeln gegenwärtig die NASA und DARPA ein militärisches Raumfahrzeug, das unter den Namen X-41 Common Aero Vehicle bekannt ist. Es handelt sich hierbei um ein ferngesteuertes und unbemanntes Raumfahrzeug, das in einer Höhe von 30.000 m mit fünffacher Schallgeschwindigkeit im Orbit fliegen soll und in einer halben Stunde jeden beliebigen Punkt auf der Erde mit seiner Fracht erreichen kann.

Terminatorenträume am Pazifik

Es ist angesichts der zahlreichen Kampfroboterprojekten in den USA, nicht verwunderlich, dass der Pentagonbeamte Gary Kessler sagte: „Wir zahlen Milliarden von Dollar in unbemannte Systeme“. Dies wurde auch vor Kurzem deutlich, als die US-Armee inmitten der Finanzkrise einen 35,5-Millionen-USD-Vertrag mit der Firma iRobot zum Erwerb von 500 Robotern schloss. Dem Observer zufolge verfolgt das Pentagon das ehrgeizige Ziel, dass die US-Armee bis 2015 zu 15% aus Militärrobotern besteht.

Neben den USA arbeiten mehr als 40 weitere Staaten auf der Welt an Militärrobotersystemen. Vor allem auf der anderen Seite des Pazifiks schließt man sich dem neuen militärischen Zeitgeist an. Ostasien und Australien investieren nun ebenfalls massiv in Militärrobotertechnik. Einer der Staaten in der Region, die am frühsten in Kampfrobotersysteme investiert haben, ist Südkorea. Seit 2003 haben der südkoreanische Staat und private Unternehmen weit mehr als 10 Millionen USD für Militärrobotersysteme ausgegeben. Hag Bong-Sim vom südkoreanischen Handelsministerium begründete diese Investition folgendermaßen:

Die Armee schrumpft. Zum einen wegen des Geburtenrückganges, zum anderen soll der Wehrdienst kürzer werden, damit junge Leute schneller in die Wirtschaft gehen können.

Bereits seit 2005 setzte Südkorea zwei Militärroboter im Irak ein und beabsichtigt bis 2011 an der Grenze zu Nordkorea 200 Grenzroboter des Typs SGR-A1 zu stationieren, die mit Hilfe von Infrarotkameras und einem K-3 Maschinengewehr den 38. Breitengrad überwachen sollen. Doch der südkoreanische Staat verfolgt mit seiner Entwicklung der Grenzroboter nicht nur eine Lösung des Rekrutenmangels, sondern auch kommerzielle Ambitionen. So beabsichtigt das südkoreanische Handelsministerium den Export von Grenzrobotern in andere Krisengebiete.

Auch die Volksrepublik China hat nach 30 Jahren Ein-Kind-Politik mit einem Geburtenrückgang und einer statistischen Vergreisung der Bevölkerung wie in anderen Industriestaaten zu kämpfen. Jedoch sind die chinesischen Militärroboterprogramme auf Zeiten zurückzuführen, als der Begriff des „Demographie-Problems“ weltweit noch ein Fremdwort war.

Ironischerweise waren die USA die Initiatoren zur Entwicklung des ersten chinesischen Militärroboters. Während des Vietnamkrieges führte die US-Strategic Air Command einige Spionagemissionen mithilfe der AQM-34N Firebee Drohne, auf vietnamesischen und chinesischen Territorium, wobei chinesischen Truppen mehrfach solche Drohnen abschossen. Hierbei gelang es chinesischen Ingenieuren, anhand einer abgeschossenen Firebee-Drohne im guten Zustand, bis 1972 einen eigenen Prototyp zu erschaffen. Bis 1978 entstand daraus die fabrikationsfähige WZ-5 Drohne, die als chinesische Firebee bis heute in einer abgewandelten Version immer noch im Einsatz ist.

AQM-34N Firebee. Bild: Bukvoed Das Bild "Teledyne-Ryan-Firebee-hatzerim-1.jpg" und steht unter der "Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen"-Lizenz 3.0". Der Urheber des Bildes ist Bukvoed.

Doch der technische Stand der chinesischen Drohnen hinkt dem des Westens nach, weswegen man in China ganz in Tradition des WZ-5 sich das Know-how von außen besorgt. Vor drei Jahren stellte die Volksbefreiungsarmee Chinas den Tianyan-2 vor, einen unbemannten Helikopter, der für Kampfeinsätze in Städten konzipiert ist. Allerdings wurde der Tianyan-2 zu einem Politikum. Etwa zur selben Zeit wurde in Japan Yamaha Motors beschuldigt, im Jahre 2003 elf Stück des zivilen Roboterhelikopters RMax illegal, also ohne die Zustimmung des Ministeriums für Wirtschaft, Handel und Industrie, an chinesische Firmen geliefert zu haben, die laut Geheimdienstinformationen über Beziehungen zur Volksbefreiungsarmee verfügen.

Laut dem japanischen Geheimdienst und der ermittelnden Polizei erhielt Yamaha Motors für diese Lieferungen Beträge in Millionenhöhe. Der Export dieses Hightech Roboters gilt als bedenklich, weil man in Japan ihren militärischen Missbrauch fürchtet. Gemäß dem amerikanischen Journalisten Charles R. Smith soll dies jedoch bereits erfolgt sein, denn er weist daraufhin, dass die chinesische Tianyan-2 die gleiche Größe und Form wie der RMax hat.

Auf einem anderen Element bewegt sich dagegen der chinesische Landroboter Vanguard No. 1. Denn dieser kann zur Spionage, Bombenentschärfung und mithilfe einer Schrotflinte für den Kampf eingesetzt werden. Dieser Roboter ist ganz nach den chinesischen Bedürfnissen ausgerichtet. Der geländetaugliche Roboter ist angeblich auch imstande sich in großen Menschenmassen zu bewegen. Ein chinesischer Militär schwärmte sogar beim Anblick des Landroboters: Dass im nächsten Schritt, eine Serie entwickelt werde, die die beräderte Version des Roboters durch eine mit Beinen ersetzen soll und die sogar imstande sein soll, zu klettern.

Verwunderlich ist, dass über Militärroboterprogramme der Roboternation Japan wenig bekannt ist. Im Land der aufgehenden Sonne sind bereits heute Roboter ein Bestandteil des zivilen Alltags. So sind schätzungsweise 2300 unbemannte Roboterhelikopter und zivile Drohnen in der Landwirtschaft im Einsatz (PDF).

Vielleicht ist diese Zurückhaltung Japans im Bezug auf Militärroboter ein Überbleibsel des längst ausgehöhlten pazifistischen Art. 9 der japanischen Verfassung. Doch dies ist eher zweifelhaft, denn bereits seit 2003 existiert ein japanisches Militärdrohnenprogramm, das bis 2012 zwei neue Prototypen hervorbringen und 200 Millionen USD kosten soll. Jedoch ziehen japanische Militärs, aufgrund der hohen Entwicklungskosten, es in Erwägung, eventuell Drohnen aus dem Ausland zu beziehen.

Doch das Roboterwettrüsten der asiatischen Industriestaaten bleibt nicht ohne Folgen. Auch andere Länder in dieser Region setzten nun auf Kampfrobotersysteme. Zum Beispiel stellt Australien 1,6 Millionen USD zur Verfügung, damit „intelligente und vollkommen autonome Systeme“ bald die militärische „Drecksarbeit“, wie es ein Regierungsmitglied in Canberra gegenüber der BBC bekannt gab, übernehmen. Darüber hinaus beabsichtigt man in Down Under schon seit Längerem den Kauf von Militärdrohnen. Die Kosten hierfür sollen insgesamt 1,5 Milliarden USD betragen.

Und auch der Inselstaat Singapur investiert, als Antwort auf den für Stadtstaaten charakteristischen Rekrutenmangel, in Militärroboter. Neben dem Kauf und dem Einsatz von unbemannten Kampfbooten wie dem Spartan Scout und dem Protector(2006), verkündete das singapurische Amt für Verteidigung, Wissenschaft und Technik 2007 den sog. TechX Challenge, einen Wettbewerb, in dem Unternehmen, Universitäten und sonstige Forschungsinstitutionen aus aller Welt für ein Preisgeld von 652.000 USD Roboter für die „urbane Kriegsführung“ entwickeln sollten. Das Ergebnis des Wettbewerbs war eine Serie von Pannen, sodass keiner der Teilnehmer imstande war, die Erwartungen der singapurischen Militärs zu erfüllen. Der Journalist Wayne Ma der die TechX Challenge beobachtete, schrieb über ihren Ausgang:

Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis Roboter die Kontrolle über die Welt übernehmen werden.

Ende des asymmetrischen Krieges?

Nichtsdestotrotz sollten solche Ereignisse nicht davon hinwegtäuschen, dass Kampfroboter im Begriff sind, die moderne Kriegsführung radikal umzuwandeln und dies ist schon heute zu beobachten. So werden die im Irak und Pakistan eingesetzten Drohnen fern vom eigentlichen Schlachtfeld in der Creech Air Force-Base in Nevada nahe Las Vegas von Soldaten gesteuert, die für ihre Feinde unerreichbar sind. Roboter werden bald die „Drecksarbeit“ der Armee übernehmen. Für den, der über das nötige Roboter Know-how verfügt, wird das Morden immer bequemer. Doch damit alleine lässt sich der zunehmende Einsatz von Militärrobotern nicht erklären.

Wie es am Beispiel Südkoreas deutlich wird, ist das prognostizierte Demografieproblem, sprich die Überalterung der Gesellschaften in den Industriestaaten, ein bedeutender Katalysator für die Entwicklung von Kampfrobotern. Unabhängig davon, ob die Prognosen zur demografischen Entwicklung der Wahrheit entsprechen werden, ihren politischen Effekt haben sie dennoch. Sie hinterlassen den Eindruck, dass der starke Geburtenrückgang in den meisten Industrieländern den schon heute bestehenden Rekrutenmangel, der in den USA auf die Berufsarmee und in vielen europäischen Staaten auf die Möglichkeit der Verweigerung des Militärdienstes zurückzuführen ist, weiter verschärfen wird.

Das Bundesverteidigungsministerium sieht sogar die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr in der Zukunft infolge der demografischen Entwicklung und dem daraus resultierenden Soldatenmangels als gefährdet. Mit Kampfrobotersystemen versuchen beispielsweise Südkorea und die USA, in erster Linie den gegenwärtigen Rekrutenmangel so weit wie möglich zu kompensieren.

Doch Roboter könnten auch aus einem weiteren strategischen Aspekt von Bedeutung sein. Denn Kampfroboter sind vielleicht die Antwort der Ersten Welt auf den asymmetrischen Krieg der oft technisch unterlegenen Dritten Welt Staaten. Der griechische Dichter Äsop sagte einst „Der Krieg ist der Schrecken der Mütter.“ Dieser antike Satz gilt noch viel stärker für das 21. Jahrhundert, denn die Erste Welt hat nicht nur mit einem Rekrutenmangel zu kämpfen, sondern auch mit einer starken Intoleranz der Gesellschaft gegenüber Truppenverlusten auf der eigenen Seite. Der Soziologe Gunnar Heinsohn beschrieb in seinem nicht unumstrittenen Buch „Söhne und Weltmacht“ diese Problematik folgendermaßen:

Drittweltländer können Millionenarmeen junger Männer ins Feuer schicken“, wogegen in den USA, als Exempel für die Erste Welt, „bei nur 1000 eigenen Gefallenen – zum Teil einzige Söhne Mütter als Mahnwachen vor dem Weißen Haus aufziehen.

Als Paradebeispiel gilt der Vietnamkrieg seit der Tet-Offensive des nordvietnamesischen Generals Nguyen Giap. Mit der Offensive der nordvietnamesischen Armee und der FNL stiegen die Opferzahlen auf beiden Seiten und obwohl die Opferzahlen auf nordvietnamesischer Seite um ein Beträchtliches höher waren als auf amerikanischer Seite, untergruben die brutalen Kämpfe und die steigenden Opfer primär die Kampfmoral der Besatzer. Während die damals akkurate Darstellung der verschärften Verhältnisse in Vietnam durch die Medien der Antikriegsbewegung in den USA einen starken Zulauf gewährte.

Auch beim Irakkrieg fand die anfängliche Kriegseuphorie der amerikanischen Bevölkerung nach den steigenden Verlusten auf der eigenen Seite schnell ein Ende. Noch deutlicher wird dies im nicht allzu entfernten Italien. Dort brach eine Debatte über den Sinn oder Unsinn des ISAF-Einsatzes aus, nachdem in Afghanistan bei einem Attentat 16 Menschen darunter sechs italienische Nato-Soldaten starben, sodass der populistische Staatspräsident Berlusconi zum Schluss kommt: „dass wir Afghanistan schnellstmöglich verlassen müssen“.

Von den FNL-Kämpfern bis zur Taliban ist festzuhalten, dass Erste Weltstaaten als Besatzungsmächte bei höheren menschlichen Verlusten damit rechnen müssen, dass die öffentliche Meinung in der Heimat gegen den Krieg tangieren könnte. Dies kann einer Regierung Popularität kosten und in parlamentarischen Demokratien im Extremfall bei den nächsten Wahlen zur Abwahl der kriegführenden Regierung führen.

Staaten, die in zukünftigen Konflikten vermehrt auf Kampfrobotersysteme setzen, um damit die Zahl der regulären Streitkräfte zu reduzieren, bieten Gegnern, die auf Guerilla-Taktiken und Attentaten setzen, hinsichtlich der eigenen menschlichen Verluste, weniger Angriffsfläche. Gleichzeitig ist die mediale Wahrnehmung von militärischen Aktionen durch Kampfroboter gering. So wie es gegenwärtig in Pakistan zu sehen ist. Der Politologe und Autor des Buches Wired for War Peter W. Singer erklärte gegenüber dem Kurier:

Wir haben die letzten Jahre mehr Drohnenangriffe in Pakistan geflogen als Angriffe im ganzen Kosovo-Krieg 1999. Und trotzdem wird in unseren Parlamenten kaum darüber diskutiert.

MQ-9 Reaper. Bild: U.S. Airforce

Folglich fallen damit Faktoren weg, die die Popularität eines Krieges maßgeblich beeinflussen, womit ein asymmetrischer Krieg für die unterlegene Kriegspartei zunehmend erschwert wird. Dass Militärroboter bereits heute von vielen Militärs als eine Option zur Bekämpfung von asymmetrischen Gegnern betrachtet werden, wird gegenwärtig nicht nur im Einsatz von Predator-Drohnen in Westwazristan deutlich, sondern auch durch die Türkei, die den Kauf von Predator-Drohnen des Typs MQ-9 Reaper beabsichtigt, um diese gegen die kurdische PKK einzusetzen. Daneben sind in Indien Drohnen ein wichtiges Werkzeug zur Bekämpfung von aufständischen Gruppen wie den Naxaliten und den separatistischen Bewegungen in Assam.

Ob nun mit der ersten Generation von Kampfrobotern das lang ersehnte Remedium der Imperien gegen ihre Plage, dem asymmetrischen Krieg, gefunden ist, bleibt zu bezweifeln. Denn mit der Erfindung des Schwertes folgte die des Schildes. Daher ist es wohl nur eine Frage der Zeit bis neue Gegenmaßnahmen und Taktiken aus dieser militärtechnischen Entwicklung resultieren. Erste Tendenzen hierzu sind schon heute zu beobachten.