Antisemiten mit Steuergeldern finanziert?

Die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung schweigt zu Vorwürfen, dass sie die al-Gabha-Partei fördert

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Ende Oktober fand in Kairo der 56. Kongress der Liberalen Internationale (LI) statt, an der auch eine FDP-Delegation unter Führung des ehemaligen Partei- und aktuellen Friedrich-Naumann-Stiftungs-Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Gerhardt teilnahm. Gastgeber war die ägyptische Hizb al-Gabha al-Democrati, die "Demokratische Front", die dem Verbund beitreten wollte. Vizepräsidentin der kurz "al-Gabha" genannten Partei ist die Journalistin Sekina Fouad, die in einem ihrer Artikel nicht nur Benjamin Franklin zu einem amerikanischen Präsidenten machte, sondern ihm auch eine Äußerung unterschob, wonach die Amerikaner die Juden aus dem Land werfen sollten.

Als die schwedische Delegation sie mit diesen und anderen antisemitischen Äußerungen konfrontierte, entgegnete Fouad, sie habe nicht Juden, sondern Israelis gemeint. Allerdings gibt es dafür im Arabischen durchaus unterschiedliche Wörter - und es blieb offen, wieso die Politikerin "Juden" schrieb. Möglicherweise deshalb, weil sonst die erfundene Äußerung des im 18. Jahrhundert lebenden Franklin noch weniger Sinn ergeben hätte und Fouad tatsächlich Antisemitin ist. Trotzdem stimmte die Konferenz mit Ausnahme der Schweden für die Aufnahme der al-Gabha in die LI.

Dem ägyptischen Sandmonkey-Blog zufolge zählt die 2007 mit dem Zusatz "für die Freiheit" versehene FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) zu den wichtigsten Geldquellen der al-Gabha. Das kann stimmen - muss es aber nicht. Misstrauisch macht jedoch die Tatsache, dass Fragen dazu, ob und wie viel Geld von der Stiftung an die al-Gabha floss trotz Erinnerung ebenso unbeantwortet bleiben wie solche nach Kontakten und Zusammenarbeit. Samuel Tadros, der in der örtlichen Niederlassung der Naumann-Stiftung nachfragte, sagte man angeblich, dass man "in Ägypten wahrscheinlich mit gar niemanden zusammenarbeiten könne, wenn man alle Judenhasser ausschließen wolle".

Tatsächlich könnte in solch einem Fall zumindest eine Zusammenarbeit mit der Naumann-Stiftung wirtschaftspolitisch nahestehenden Gruppierungen schwierig werden: So kritisierte beispielsweise Ahmed Ezz El-Arab in der Zeitung einer anderen "liberalen" Partei, der Hizb al-Wafd-al-Jadid, dass der amerikanische Präsident in seiner Rede an die moslemische Welt den Holocaust als historische Tatsache behandelte und meinte, die "üblichen jüdischen Lügen" hätten eine "Atmosphäre des Hasses gegenüber den Deutschen" geschaffen, die schließlich "zum Tode von Millionen führte".

Dass man die Äußerung solcher Meinungen zulässt und sie sich anhört, kann man durchaus als "liberal" ansehen. Eine andere Frage ist jedoch, ob man Personen, die solche Ansichten vertreten, mit Geld fördert, das zu einem großen Teil vom deutschen Steuerzahler kommt. Denn der finanziert die Naumann-Stiftung mit über 39 von gut 42 Millionen Euro fast vollständig. Die Bundesregierung stellt sich hinsichtlich der Verwendung dieser öffentlichen Gelder auf den Standpunkt, dass die "unabhängige politische Stiftung" frei sei, "Partner und Zielgruppen ihrer Tätigkeit selbst zu bestimmen".

Eines der 60 Länder, in denen die FNF das ihr zugewiesene Steuergeld ausgibt, ist Honduras. Nachdem dort im Juni der gewählte Präsident aus dem Amt geputscht wurde, äußerte sich Naumann-Stiftungs-Regionaldirektor Christian Lüth trotz Todesopfern ausgesprochen verständnisvoll über die Putschisten und griff den gestürzten Präsidenten unter anderem wegen einer von ihm geplanten Volksbefragung scharf an, die den Militärs "keine andere Wahl" gelassen habe. Angeblich war auch der Einfluss der Naumann-Stiftung maßgeblich, dass der von den Putschisten eingesetzte Interimspräsident Roberto Micheletti im November zum Vize der Liberalen Internationale ernannt wurde. Die kurz darauf abgehaltene Wahlen in Honduras, an der sich Kritikern zufolge lediglich 30 Prozent der Stimmberechtigten beteiligten, lobte FNF-Sprecher Harald Klein als "transparent, fair und sauber".