Gravenreuth soll im Februar seine Haft antreten

Im Oktober wurde dem rechtskräftig verurteilten Anwalt Strafaufschub zur Auflösung seiner Kanzlei gewährt

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Nach Angaben der Berliner Justizbehörden befindet sich der rechtskräftig zu einer unbedingten Haftstrafe verurteilte Rechtsanwalt Freiherr Günter von Gravenreuth weiterhin auf freiem Fuß. Zwar war er bereits im Oktober für einen Haftantritt geladen, allerdings wurde einem Antrag auf Strafaufschub entsprochen, den er nach Auskunft der Vollstreckungsabteilung damit begründete, dass er Zeit brauche, um seine Kanzlei aufzulösen. Jetzt soll er seine Haft endgültig im Februar antreten. Dazu, in welcher Anstalt dies sein wird, schweigt man in Berlin jedoch.

Dafür, dass Gravenreuth sich noch nicht in Haft befindet, sprach ein Telefax, mit dem er sich in der letzten Woche beim Freisinger IT-Fachanwalt Thomas Stadler unter Verweis auf den § 10 des Telemediengesetzes (TMG) über einen Kommentar des Regensburger Rechtsanwalts Markus Baron von Hohenhau beschwerte, in dem Stadler aber "weder eine falsche Tatsachenbehauptung noch eine Schmähkritik" erkennen konnte und ihn deshalb nicht entfernte. Stattdessen entspannen sich dort und anderswo im Netz lebhafte Diskussionen über Internetzugang in Haftanstalten, mögliche Rechtsmittel gegen einen Strafantritt und die berufsrechtlichen Konsequenzen von Gravenreuths Verhalten.

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Ergeht ein Strafurteil gegen einen Rechtsanwalt, dann folgt aufgrund der Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra) auch eine Benachrichtigung der Rechtsanwaltskammer und der Generalstaatsanwaltschaft. Die leitet, wenn das Urteil rechtskräftig ist, ein anwaltsgerichtliches Verfahren ein. Dort wird geprüft, ob ein "disziplinärer Überhang" besteht. Kriterien dafür sind unter anderem, ob ein Bezug zur beruflichen Tätigkeit besteht, ob es sich um eine Vorsatztat handelt, und ob die anwaltliche Wahrheitspflicht betroffen war. Bei einem fahrlässig begangenen Verkehrsdelikt könnte man beispielsweise zu dem Ergebnis kommen, dass die im Strafverfahren ausgesprochenen Sanktionen bereits reichen und es weiterer disziplinarrechtlicher nicht bedarf. In Fällen, in denen es um "Fremdgeld" geht, ist dagegen auch bei einer Bewährungsstrafe der Ausspruch eines Vertretungsverbotes denkbar.

Zumindest bisher scheint solch ein Zulassungsentzug allerdings noch nicht erfolgt zu sein: Im amtlichen Anwaltsverzeichnis ist Gravenreuth weiterhin aufgeführt. Auch der Eintrag im Telefonbuch unter der gleichen Adresse lautet auf "Rechtsanwalt", ebenso ist die Berufsbezeichnung dem Namen auf seiner Website immer noch beigestellt. Bei der Münchner Rechtsanwaltskammer verweist man hinsichtlich einer Auskunft zu berufsrechtlichen Schritten auf die Schweigepflicht nach § 76 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) und darauf, dass die Kammer eine Zulassung lediglich bei "Leistungsverfall" widerrufen kann. Ähnlich verschlossen gibt sich die Generalstaatsanwaltschaft, die sich auf § 135 BRAO beruft, wonach Verfahren vor dem Anwaltsgericht nur dann öffentlich sind, wenn der Betroffene das wünscht.