Blackwater und die Killerkommandos der CIA

Ein CIA-Killerkommando soll auch auf den Deutsch-Syrer Darkazanli angesetzt gewesen sein, was nun deutsche Politiker in Aufregung versetzt

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Die berüchtigte Söldner- oder Sicherheitsfirma Blackwater, die seit einiger Zeit zu Xe-Services umgetauft wurde, kommt nicht aus den Schlagzeilen. Gerade hat ein US-Richter das Verfahren gegen 5 Blackwater-Mitarbeiter eingestellt, die 2007 im Irak wild um sich schießend ein Blutbad mit 17 Toten und 24 Verletzten nach irakischen Angaben angerichtet hatten ("Gebt mir mein Auge zurück!"). Die Frage ist, ob die Anklage möglicherweise schon aufs Scheitern hin angelegt wurde. Ein sechster Mitarbeiter hat sich als schuldig bekannt, der Prozess gegen ihn dürfte den Fall in den USA erneut aufrollen. Den Irakern waren die berüchtigten Söldner und deren Immunität vor dem irakischen Gesetz lange ein Dorn im Auge. Nun will die irakische Regierung erneut in den USA und im Irak Klage einreichen, um die Männer vor Gericht zu bringen.

Blackwater, unter Bush und Cheney groß geworden, wurde mit Milliarden-Aufträgen versorgt. In den USA sind weitere Klagen anhängig. So soll Blackwater einige Aussteiger mundtot gemacht haben und mitsamt Blackwater-Gründer Erik Prince in Waffenschmuggel, Prostitution, Betrug, Steuerhinterziehung und anderen kriminellen Aktionen verwickelt sein. Blackwater wurde auch zu einem Symbol für den schmutzigen Krieg, der unter Bush und Cheney entfesselt wurde. Schon Tage nach dem 11.9. ließ man Killerkommandos wieder aufleben und beantwortete unter Umgehung des Rechtsstaats, internationaler Abkommen und der Menschenrechte Terrorismus mit Terrorismus (Lizenz zum Töten).

Letztes Jahr wurde bekannt, dass das Unternehmen etwa auch von der CIA mit Einsätzen in Afghanistan mit dem Ziel beauftragt worden war, hohe al-Qaida- oder Taliban-Führer zu töten. Angeblich wurde das geheime Killerprogramm aber nicht in die Tat umgesetzt und letztes Jahr ganz eingestellt (Seltsame Enthüllungen über die CIA-Lizenz zum Töten). Obgleich die US-Regierung unter Obama die Zusammenarbeit mit dem privaten Sicherheits- und Söldnerunternehmen eingestellt haben soll, ist es weiterhin in Afghanistan und möglicherweise auch in Pakistan am Werk. So sollen Blackwater-Mitarbeiter Ziele für Drohnen-Angriffe auskundschaften und die Drohnen auf den Stützpunkten mit Raketen versorgen. Zudem soll Blackwater auch weiterhin "gezielten Tötungen" nachgehen. Ganz offiziell versorgt Blackwater amerikanische Stützpunkte in Afghanistan, schult Polizisten und bewacht den US-Botschafter.

Adam Ciralsky berichtet nun in Vanity Fair, dass der reiche Erbe und ehemalige SEAL-Mitarbeiter Erik Prince aus dem Unternehmen aussteigen will und offenbar wegen mangelnder Loyalität der US-Regierung und seinem schlechten Ruf sauer ist. Daher habe er einiges über geheime Missionen ausgepackt, während Ciralsky auch bei anderen Informanten neue Details über die Arbeit der Söldnertruppe aufgespürt hat. Die Zusammenarbeit mit der CIA soll danach sehr eng gewesen sein. Für den Geheimdienst, der nach 11.9. mehr und mehr mit Kampfeinsätzen, gezielten Tötungen, Entführungen und Folter betreut wurde, soll Prince Spione in Bereiche eingeschleust haben, wo die CIA keinen Zugang hatte, er soll Killerkommandos zusammengestellt und überhaupt für den Geheimdienst und das Außenministerium als "Mr. Fix-It" im Krieg gegen den Terror gedient haben.

Ciralsky will von einer verlässlichen Quelle erfahren haben, dass Blackwaters Killerkommandos auch den Auftrag erhalten haben sollen, den in Hamburg lebenden Syrer Mamoun Darkazanli zu überwachen. Der Geschäftsmann mit deutscher Staatsangehörigkeit stand schon vor dem 11.9. unter Beobachtung der CIA und deutscher Geheimdienste. Er kam im Kontext der al-Qaida-Anschläge auf US-Botschaften in Kenia und Tansania 1998 in Verdacht. 1999 soll die CIA sogar versucht haben, ihn anzuwerben, was der Hamburger Verfassungsschutz aber abgelehnt habe. Der deutsche Verfassungsschutz überwachte ihn und andere mindestens seit 1999 aufgrund von Hinweisen auf geplante al-Qaida-Anschläge, die etwas mit Hamburg zu tun haben sollten. Darkazanli soll einige Mitglieder der "Hamburger Zelle" gekannt haben, die den Anschlag vom 11.9. plante und ausführte. Später wurde er von spanischen Ermittlungsbehörden, die 2004 seine Auslieferung beantragten, nachdem er aufgrund des Europäischen Haftbefehls festgenommen worden war, als einer der "Schlüsselfiguren" von al-Qaida in Europa bezeichnet ("Schlüsselfigur" von al-Qaida in Europa). Er kam in Auslieferungshaft, das Hamburger Oberlandesgericht und die Bundesregierung befürworteten die Auslieferung, das Bundesverfassungsgericht unterband sie, Darkazanli wurde aus der Haft entlassen. Nachweisen konnte man ihm nichts, die Ermittlungen wurden eingestellt, nachdem er neun Monate in Haft saß. Daran lässt sich auch ermessen, welche Bedeutung rechtsstaatliches Vorgehen hat, das von der Bush-Regierung im Krieg gegen den Terror ausgesetzt wurde und der Willkür Platz machte.

Darkazanli soll von dem CIA-Team, das von Blackwater trainiert wurde, heimlich – ohne Wissen der CIA in Deutschland und der deutschen Behörden - über Wochen beobachtet worden sein, um die beste Gelegenheit zu finden, um ihn zu verschleppen oder zu töten. Allerdings hätte das Team schließlich doch nicht den Befehl erhalten, die Verschleppung auszuführen. Überdies soll auch der pakistanische Atombombenwissenschaftler A. Q. Khan Ziel des Teams gewesen sein, den es bis nach Dubai verfolgte, aber dann auch nicht die Lizenz zum Töten erhielt.

Das CIA-Team habe keine Fehler gemacht, so der Informant, und sei nicht aufgedeckt worden. Das Programm sei aufgrund des "fehlenden politischen Willens" eingestellt und schließlich 2004 ganz auf Blackwater übertragen worden. Jetzt arbeiteten nicht mehr CIA-Agenten, sondern "Contractors" und Angehörige anderer Staaten für das Team, die angeblich nichts von der CIA-Verbindung wussten. Prince soll dies erst einmal aus eigener Tasche vorfinanziert haben und erst nachträglich von der CIA bezahlt worden sein. Es ging darum, so erklärte Prince dem Journalisten, eine Truppe zu haben, die man nicht der US-Regierung zuordnen konnte. Bei Problemen hätte man sich auch nicht an US-Behörden oder die Regierung wenden können. Aufgrund der "institutionellen Osteoporosis" sei aber auch dieses Killerprogramm wieder eingeschlafen. Einen weiteren Schlag soll das Killerprogramm nach 2006 erhalten haben. Die CIA fand angeblich niemanden mehr, der mitmachen wollte, nachdem der Geheimdienst bereits ins Schlamassel wegen der Geheimgefängnisse, Verschleppungen und Folter geraten war und unsicher würde, ob die CIA-Mitarbeiter noch von der Regierung gedeckt werden konnten (wofür US-Präsident Obama noch nachträglich sorgte).

Nach dem Spiegel sagen Bundesregierung und Bundesinnenministerium, sie wüssten nichts von dem angeblichen CIA-Mordplan auf Darkazanli. CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach und Dieter Wiefelspütz von der SPD finden die Informationen erschütternd und wollen ihnen nachgehen. Der Grüne Hans-Christian Ströbele ist nicht überzeugt, dass man gar nichts wusste: "Fakt ist doch, dass die CIA hierzulande weitgehend machen kann, was sie will. Das haben die geheimen Gefangenentransporte nach dem 11. September gezeigt, da traut sich niemand ran." Ströbele will auch wissen, was die deutschen Geheimdienste wissen, die sich ja schließlich um die Aktivitäten der ausländischen Geheimdienste kümmern sollten. Die Staatsanwaltschaft der Hansestadt, so der Spiegel, prüfe bereits, ob eine "Verabredung zum Verbrechen" vorlag. Erwartbar wird all dies aber keine Folgen haben, wie dies auch bislang im Fall von el-Masri deutlich wurde (Geht es den für Folter Verantwortlichen der Bush-Regierung an den Kragen?), wo die Regierung die Auslieferung der CIA-Agenten nicht verfolgt.

Begleiten konnte Ciralsky den Blackwater-Chef beispielsweise nach Afghanistan, wo seine Mitarbeiter wie Einheimische gekleidet sind und auftreten. Auch er selbst erhielt bei Ankunft afghanische Kleidung und fuhr in einem Fahrzeug, das ganz nach afghanischem Stil drapiert war. Sauer ist Prince, nachdem letztes Jahr die Einsätze in Afghanistan und in Pakistan durch das Pentagon und den Kongress aufgedeckt wurden. Das empfindet er als Verrat, zumal er angeblich auch Aufträge mit eigenem Geld ausgeführt hat, alles im Dienst für die nationale Sicherheit, an der er trotzdem 2008 600 Millionen Dollar verdiente: "I'm painted as this war profiteer by Congress. Meanwhile I’m paying for all sorts of intelligence activities to support American national security, out of my own pocket." Noch vor zwei Monaten sei Prince mit verdeckten Operationen beschäftigt gewesen und habe einen Einsatz in einem der Länder aus der "Achse des Bösen" aus der Ferne geleitet. Dann habe die US-Regierung die Zusammenarbeit eingestellt.