"Erlass gegen Extremisten und Radikale im Bankgewerbe"

Peter Gauweiler fordert eine konsequente Umsetzung der Vorschriften im Kreditwesengesetz

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In einem Beitrag für die Süddeutsche Zeitung fordert der Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler, dass die Aufsichtsbehörden "in den nächsten Wochen und Monaten" alle Inhaber einer Bankerlaubnis daraufhin überprüfen sollten, wie risikobereit sie sich in der Vergangenheit im geschäftlichen Verkehr verhielten.

Solch einer "Regelanfrage" gebieten laut Gauweiler § 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 35 Absatz 2 Nummer 3 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG), in denen gefordert wird, dass Banker und Finanzdienstleister "zuverlässig" sein müssen. Dem führenden KWG-Kommentar von Boos, Fischer und Schulte-Mattler zufolge ergeben sich Zweifel an dieser Zuverlässigkeit unter anderem durch eine "Neigung zu unangemessen riskanten Geschäften - insbesondere Spekulationsgeschäften". Beim "Vergleich dieser Rechtslage mit der Realität" kommt der Abgeordnete zu dem Ergebnis, dass die deutsche Bankenaufsicht ihren Aufgaben in der Vergangenheit nicht nachkam, weshalb es jetzt höchste Zeit sei, dies nachzuholen und die Manager Mann für Mann und Frau für Frau zu durchleuchten.

In seinem Ruf nach einem "Erlass gegen Extremisten und Radikale im Bankgewerbe", der die Bankaufsicht zu solch einer konsequenten Anwendung des KWG zwingen könnte, verweist der erfahrene Jurist auch auf den Eigentumsschutz in Artikel 14 des Grundgesetzes. Denn eine indirekte Enteignung ist auch dadurch möglich, dass Regierung und Behörden auf Phänomene wie "Investmentbanking, Hedgefonds und die Blickverengung auf den Shareholder Value" zu lax gar oder nicht reagieren.

Weiter regt Gauweiler ein nationales Verbot der 2005 durch eine EU-Verordnung erlaubten "virtuellen Bewertungen" an, mit denen Großbanken ihre Bilanzen intransparent machen. Damit folgt er einer Anregung der Bundesbank, die eine HGB-Novelle befürwortet, durch die zumindest das Ausschütten von Boni oder Dividenden aus solchen "irrealen Gewinnen" verboten wäre. Eine dritte notwendige Maßnahme wäre dem CSU-Politiker zufolge, dass endlich die im Koalitionsvertrag beschlossene Regel umgesetzt wird, nach der ein Geldinstitut um so stärker kontrolliert wird, je systemrelevanter es ist. Und viertens will er, dass es Großbanken zukünftig untersagt wird, Bankaufsichtsexperten durch Abwerbung "umzudrehen".

Mehrere andere Meldungen der letzten Tage setzten Gauweilers Forderung in einen Kontext, wie er ihn sich nicht besser erfinden hätte können: So wurde beispielsweise durch eine am Mittwoch bei der Hamburger Staatsanwaltschaft eingegangene Strafanzeige bekannt, dass die Hypo Real Estate (HRE) und HSH Nordbank gemeinsam milliardenhohe Risiken versteckt haben sollen - möglicherweise sogar im Rahmen eines kriminellen Abkommens. Besonders pikant ist der Fall unter anderem deshalb, weil ausgerechnet diese beiden Banken extrem hohe Staatshilfen in Anspruch nahmen.

Daneben gab es neue Enthüllungen dazu, wie drei Führungskräfte der (mittlerweile in VR-Bank Fichtelgebirge umbenannten) VR-Bank Marktredwitz auf eine 419-Masche hereinfielen und mehr als eine Million Euro für angebliche Schmiergeldvorschüsse und Ähnliches in den Wind schossen. Die Details dieses Falles klingen so, dass man kaum an eine Geschäftsfähigkeit der Verantwortlichen glauben möchte: Unter anderem sollen 60.000 Euro für zufällig am afrikanischen Strand feilgebotene Säcke mit Goldstaub geflossen sein.

Zwar erhob die Staatsanwaltschaft Hof jetzt Anklage gegen drei Vorstände, doch für zahlreiche andere Banker scheint die ""Neigung zu unangemessen riskanten Geschäften" zumindest strafrechtlich folgenlos zu bleiben. Diese Lücke, in der das Strafrecht nicht greift, könnte durch Gauweilers Vorschlag tatsächlich teilweise geschlossen werden. Eine persönliche Überprüfung würde zudem das Problem entschärfen, dass juristische Personen ihrer Natur nach zu verantwortungslosem Handeln tendieren.