Noch gibt es weltweit kein Endlager für Atommüll

Die Europäische Kommission ist optimistisch, dass die ersten unterirdischen Endlager 2025 in Betrieb gehen können und hat eine "technologische Plattform" eingerichtet, um die Entwicklung zu beschleunigen

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Schon die jetzt in Betrieb befindlichen Atomkraftwerke erzeugen jedes Jahr 10.500 Tonnen an hochradioaktivem Müll. Ein sicheres Endlager gibt es aber noch in keinem der Atomstaaten. In den USA steckt die US-Regierung zwar Milliarden an Garantien in den Bau neuer Kraftwerke, hat aber gleichzeitig das bislang geplante Endlager in den Yucca Mountains ad acta gelegt. Das Problem wurde wie üblich vertagt. Eine Kommission soll neue Möglichkeiten für die sichere Entsorgung vorschlagen. Auch in ganz Europa ist noch kein Endlager in Betrieb. Weltweit gibt es praktisch keine Vorkehrungen für die langfristige Lagerung, gelagert werden die Atomabfälle bei den Reaktoren oder an zentralen Orten, was allerdings nur in einem zeitlichen Rahmen zwischen 50-100 Jahren "sicher" sein kann, aber nicht für Jahrtausende – für die Politik offenbar eine zeitliche Dimension, die zur Verdrängung einlädt. Auch die Wiederaufbereitung, wie sie Großbritannien und Frankreich machen, ist keine langfristige Strategie und lässt zudem noch mehr Atommüll entstehen.

Wie Allison Macfarlane von der George Mason University in Fairfax auf einer zusammen mit der Europäischen Kommission organisierten Veranstaltung der Jahresversammlung der American Association for the Advancement of Science (AAAS) vor wenigen Tagen lapidar anmerkte, hat noch kein Staat eine Lösung für den Atommüll gefunden, obgleich seit einem halben Jahrhundert Atomenergie erzeugt wird. Eine Alternative zu unterirdischen, tektonisch sicheren Lagerstätten gebe es nicht.

Schweden hat den ersten Schritt zur Bewilligung des Standorts in Forsmark für ein Endlager in kristallinem Wirtsgestein gemacht, das ab 2025 den ersten Müll aufnehmen und 3 Milliarden Euro kosten soll, sagte Claes Thegerström von dem Atommüllunternehmen Svensk Kärnbränslehantering auf der Tagung. Bei der Auswahl der Standorte habe es Proteste gegeben, am Schluss hatte man sich auf die beiden Standorte Forsmark und Oskarshamnin der Nähe von Atomkraftwerken gewählt. 79 Prozent der lokalen Bevölkerung hätte dem Projekt zugestimmt. In Finnland soll 2020 das Endlager in Olkiluoto eröffnet werden. Die Kosten sollen auch mehr als 3 Milliarden Euro betragen. In Frankreich soll bis 2013 über den Standort für ein Endlager entschieden werden.

Das schwedische Konzept sieht drei Sicherheitsstufen vor: die Brennstäbe kommen in einen Kupferzylinder, dieser wird einbetoniert und dann in die Deponie 500-700 Meter unter dem Boden in Schächten im trockenen Gestein eingelagert.

Roland Schenkel vom Joint Research Centre (JRC) hingegen stellte auf der Tagung eine mögliche EU-Strategie vor, die auf dem Konzept "Implementing Geological Disposal Technology Platform" (IGDTP) beruht, der von 8 europäischen Staaten entwickelt wurde (Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Spanien, Schweden und der Schweiz). Der Handlungsbedarf ist groß. In der EU-27 sind 151 Reaktoren in Betrieb, 8 neue werden gebaut, 74 Reaktoren sind bereits stillgelegt und müssen entsorgt werden. Schenkel malt ein positives Bild. In der EU sei die Entsorgung für schwach- und mittelradioaktive Atomabfälle sichergestellt, sagte er, was im Hinblick auf Asse 2 und Morsleben jedenfalls nicht zutrifft, bei Schacht Konrad, seit 2007 als Endlager genehmigt, gehen die Meinungen naturgemäß auseinander.

IGDTP ist eigentlich nur eine gemeinsame Plattform von Gesellschaften oder Unternehmen, die radioaktiven Müll entsorgen bzw. Endlager betreiben und in technischen und wissenschaftlichen Fragen kooperieren wollen. Konsens ist, dass hochradioaktiver Atommüll in einem unterirdischen Endlager, in aller Regel frühere Bergwerke, entsorgt werden soll. Weitere Forschungen seien notwendig, um die Sicherheit der Deponien genau vorhersagen zu können, wie man wissenschaftliche Ergebnisse in Techniken umsetzen kann und wie man Endlager sicher betreiben kann. Dazu kommt natürlich vor allem, wie sich das Vertrauen der Bevölkerung in die Sicherheit von Endlager herstellen lässt. Nach der "Vision" sollen die ersten Endlager bis 2025 fertig gestellt sein.