Fastfood und die Kultur der Beschleunigung

Schon die unbewusste Wahrnehmung der Logos von Fastfood-Ketten lässt nach einer Studie Menschen ungeduldiger werden

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Fastfood, das weiß man, ist schlecht für die Gesundheit und kann einen Beitrag zur Fettleibigkeit leisten. Die räumliche Dichte von Fastfood-Restaurants in einem Stadtviertel ist nach Untersuchungen verbunden mit einem erhöhten durchschnittlichen Gewicht, was dafür spricht, dass diese sich dort ansiedeln, wo das geeignete Zielpublikum ist, das aber wiederum sich vielleicht auch noch mehr als sonst mit Fastfood versorgt.

Aber schon allein, wenn es Fastfood-Restaurants und damit verbundene Symbole in der Wohnortnähe gibt, kann dies nach kanadischen Wissenschaftlern von der Rotman School of Management auch psychische Folgen haben. Die Menschen werden dann angeblich ungeduldiger, verlangen zunehmend nach Zeit sparenden Produkten und geben auch noch mehr Geld aus oder sparen weniger.

Fastfood heißt auch schon so: Man wartet nicht lange, bis man es nach der Bestellung verzehren kann, es soll die Nahrungsaufnahme effizienter machen, man isst im Vorbeigehen oder –fahren. Essen muss sein, aber es soll möglichst schnell gehen. Die Auswahl ist beschränkt, die Welt vertraut, man muss nicht lange überlegen. So sind die Restaurants denn auch nicht auf Bleiben und gemütliches Sitzen eingerichtet, sondern auf prompten Verzehr in einer sterilen, abweisenden Umgebung.

Da aber Fastfood ein Ausdruck der Zeit ist, erstaunt eigentlich nicht, wenn die Menschen, die Fastfood schätzen, auch sonst ein ähnliches Verhalten zeigen. Die kanadischen Wissenschaftler gingen für ihre in der Zeitschrift [http://www3.interscience.wiley.com/journal/118505413/home Psychological Science] veröffentlichten Studie "You Are How You Eat: Fast Food and Impatience" eben davon aus, dass es nicht nur darauf ankommt, was man isst, sondern vor allem auch, wie man dies tut. Und da Fastfood Effizienz und prompte Befriedigung verkörpert, stellten sie die Hypothese auf, dass allein schon die Wahrnehmung von Fastfood zur Auslösung von zeitsparenden Verhaltensweisen führt, es also nicht allein um schnelles Essen geht, sondern um eine Kultur. Effizienzsteigerung oder höhere Geschwindigkeit würden auch dann automatisch von solchen prägenden Signalen ausgelöst werden, wenn sie keinen Sinn machen.

In einem Versuch erhöhten schon die bekannten Logos von McDonald's, KFC, Subway, Taco Bell, Burger King und Wendy's, wenn sie subliminal für 12 Millisekunden auf einem Bildschirm aufleuchten, ohne wirklich bewusst wahrgenommen zu werden, die Lesegeschwindigkeit von Versuchsteilnehmern, obgleich dies keine Auswirkung auf die Lösung der gestellten Aufgabe hatte, nämlich einen kurzen Text zu lesen und abzuschreiben. Und wenn man Versuchsteilnehmer sich an das das letzte Konsumieren von Fastfood in einem Restaurant erinnern ließ, zogen diese anschließend eher als die Mitglieder der Kontrollgruppe Produkte vor, die versprechen, dass man wie mit einem 2-in-1-Shampoo mit ihnen Zeit spart, während andere Kriterien (Umweltfreundlichkeit, Qualität, Ästhetik etc.) keine Rolle spielten.

In einem dritten Experiment hat die Präsenz der Logos von Fastfood-Ketten sogar dazu geführt, gegen die ökonomische Vernunft zu handeln. Die Menschen, die die Logos sahen, zogen viel eher als die Kontrollgruppe, der andere Logos präsentiert wurden, eine unmittelbare Bezahlung einer später erfolgenden, aber höheren vor. Gefragt wurden sie, ob sie lieber gleich 3 Dollar haben wollten oder in einer Woche 3 Dollar plus welchen Betrag. Die Versuchspersonen, die mit den Logos der Fastfood-Konzerne geprägt wurden, wollten deutlich mehr Geld, wenn sie warten sollten.

Eine Fastfood-Kultur sieht möglicherweise alles, so die Wissenschaftler, durch die Brille einer scheinbaren Effizienz, die eigentlich Ungeduld ist. Alles muss möglichst sofort, ohne Verzögerung, kommen. Schlecht ist, was Zeit benötigt. Die Boni müssen sofort kommen.